Interview zur Justizinitiative«Vieles läuft über Seilschaften, das ist ebenso eine Lotterie, aber eine gezinkte»
Peter Diggelmann war lange Jahre Oberrichter. Im Interview sagt er, welche Druckversuche von Politikern er erlebte – und warum er sich für ein Losverfahren an den Gerichten einsetzt.

Waren Sie ein unabhängiger Richter?
Ja, weil ich ein eher aufmüpfiger Typ bin. Ich lasse mich nicht einschüchtern. Aber es ist tatsächlich schwierig, im heutigen System unabhängig zu sein.
Wie merkt man das als Richter?
Vieles wird nie ausgesprochen, es entzündet sich selten an einem konkreten Fall. Wobei auch das vorkommt: Ein besonders peinliches Beispiel ist die Affäre um den Bundesrichter Yves Donzallaz, den die SVP abwählen wollte, weil er ein Urteil gefällt hatte, das der Partei nicht passte. Im Kanton Zürich wurde vor einigen Jahren nach einem Urteil in einer Strafsache ein offener Brief herumgereicht. Darin drohten Mitglieder des Kantonsrats, dass die beteiligten Richter bei einem ähnlichen Urteil nicht wiedergewählt würden.