Krise in PeruVersuchte Amtsenthebung, die dritte
Perus Präsident muss sich wieder einmal im Parlament des Vorwurfs der «moralischen Unfähigkeit» erwehren. Und in seinem Kabinett wechselt das Personal fast im Wochenrhythmus.

Wenn Perus Präsident Pedro Castillo am Mittwoch vor das Parlament tritt, geht es wieder um alles: Castillos Macht, sein politisches Überleben und letztlich auch das seiner Regierung. Gleich gegen eine ganze Reihe von Anschuldigungen muss sich der 53-Jährige verteidigen, darunter Korruption und Vetternwirtschaft, vor allem aber steht auch der Vorwurf im Raum, Castillo sei «moralisch unfähig».
Sollten zwei Drittel der Abgeordneten dem zustimmen, könnten sie die Präsidentschaft für «unbesetzt» erklären, was einer Amtsenthebung gleichkäme. Ein drastischer Schritt, der in Peru aber leider auch schon so etwas ist wie traurige Normalität.
Korrupte Präsidenten
Seit Jahren versinkt das südamerikanische Land immer tiefer im politischen Chaos. Das fängt schon damit an, dass so gut wie alle Präsidenten der vergangenen zwei Jahrzehnte wegen Korruption vor Gericht stehen oder schon hinter Gittern sitzen. Immer neue Schmiergeldskandale kommen derweil ans Licht und längst ist klar, dass sich die Vetternwirtschaft durch alle Ebenen des Staates und alle Parteien zieht.
Immer wieder gibt es Massenproteste und im November 2020 gaben sich in nur einem Monat gleich drei Präsidenten die Klinke in die Hand. Immerhin: Im Jahr darauf fanden demokratische Wahlen statt, über ein Dutzend Kandidaten traten an, nur zwei aber schafften es, überhaupt mehr als zehn Prozent der insgesamt abgegebenen Stimmen zu kommen: Keiko Fujimori, Tochter des wegen Menschenrechtsverbrechen inhaftierten peruanischen Ex-Diktators Alberto Fujimori, und Pedro Castillo, ein ehemaliger Dorfschullehrer und linker Gewerkschafter.

Castillo war bei der ersten Wahlrunde so unbekannt, dass einige Nachrichtenagenturen nicht einmal ein Bild von ihm hatten. Wahrscheinlich aber trug genau das zu seinem Erfolg bei: Viele Wähler wollten lieber einen politischen Niemand, als weiterhin die Vertreter der alten Eliten, die das Land seit Jahrzehnten regieren. In der Stichwahl gewann Castillo am Ende mit einem minimalen Vorsprung, kurz feierten seine Anhänger in den Strassen, schnell aber war die Begeisterung wieder verflogen.
Peru ist zwar oberflächlich betrachtet eines der Länder Südamerikas, dessen Wirtschaft am schnellsten wächst. Der Wohlstand aber kommt nicht bei allen an. Es bräuchte Reformen, stattdessen gab es in der aktuellen Regierung vor allem Wechsel beim Personal: In den rund eineinhalb Jahren, die Castillo nun schon im Amt ist, wechselte im Schnitt jede Woche ein Minister oder eine Ministerin.
Präsidentschaft als Lernprozess
Zunächst rechtfertigte der Staatschef dies mit seiner Unerfahrenheit: «Die Präsidentschaft ist für mich bis jetzt ein Lernprozess», sagte Castillo in einem Fernsehinterview im Januar. Fast ein Jahr ist seitdem aber vergangen und gerade erst musste Castillo wieder ein neues Kabinett vereidigen, es ist sein bisher fünftes.
Zu all der Instabilität in den eigenen Reihen kommen gleichzeitig noch Angriffe aus der Opposition und Probleme mit der Justiz. Ein halbes Dutzend Ermittlungsverfahren laufen mittlerweile gegen den Staatschef, wegen Bestechung, Beteiligung am organisierten Verbrechen und Behinderung der Justiz. Bewiesen ist davon nichts und solange Castillo Präsident ist, geniesst er Immunität. Die Frage ist aber, wie lange er es noch schafft, im Amt zu bleiben.
Schon im Dezember vergangenen Jahres ebenso wie in diesem März musste er sich im Parlament dem Vorwurf der «moralischen Unfähigkeit» stellen. Beide Male scheiterten die Verfahren, weil nicht genug Stimmen zusammenkamen. Gut möglich, dass auch dieses Mal wieder der Antrag abgelehnt wird, sicher aber ist nichts. Als vergangene Woche darüber abgestimmt wurde, ob die Abgeordneten es zulassen, über eine moralische Unfähigkeit Castillos zu beraten, stimmten sogar Mitglieder von Peru Libre mit «ja», der Partei also, mit der Castillo zum Präsidenten geworden ist.
Noch am Mittwoch soll feststehen, ob der Staatschef weiter im Amt bleiben darf, oder nicht. Pedro Castillo zeigte sich um Vorfeld demonstrativ siegessicher: «Nichts wird uns daran hindern, an der Spitze des Landes zu bleiben bis zum letzten Tag unserer Regierung.» Diese endet im Juli 2026, dreieinhalb Jahre also noch, die ganz sicher keine leichten werden, weder für Pedro Castillo, noch für Peru.
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