Pensionskassen sorgen für Unmut Versicherte zahlen Millionen für Broker
Im Kampf um neue Kunden setzen Versicherungen auf Makler. Die Kosten wälzen sie auf Erwerbstätige ab. Damit soll nun Schluss sein, fordert selbst der Pensionskassenverband.

Es geht um viel Geld. Rund 180 Millionen Franken geben Pensionskassen jährlich für Versicherungsvermittler aus, sogenannte Broker. Dies gemäss einer Schätzung des St. Galler Beratungsunternehmens C-Alm. Die Broker suchen im Auftrag von Arbeitgebern eine Pensionskasse. Denn viele Unternehmen, vor allem kleine und mittelgrosse Firmen, versichern ihre Angestellten vermehrt bei einer Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtung und haben keine betriebseigene Pensionskasse mehr. Mittlerweile gehören über 70 Prozent der erwerbstätigen Versicherten solchen Vorsorgeeinrichtungen an.
Die Kosten für die einzelnen Versicherten für die Broker reichen von einigen Franken bis zu mehreren 100 Franken pro Jahr. Die Brokerentschädigungen werden von den Pensionskassen in der Regel den Verwaltungskosten zugeschlagen, die die Angestellten und ihre Arbeitgeber mit Lohnbeiträgen bezahlen. Laut der C-Alm-Studie machen Brokerkosten bei den Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtungen rund ein Viertel der Verwaltungskosten aus.
«Zweckwidrige Verwendung der Vorsorgegelder»
Die Entschädigungen der Pensionskassen in Form sogenannter Courtagen an die Broker sind stark umstritten. Sowohl der Pensionskassenverband Asip als auch das PK-Netz fordern eine Abkehr vom heutigen Entschädigungsmodell, bei dem die Pensionskassen die Brokerkosten zum Teil auf die Versicherten abwälzen. Ein Rechtsgutachten des Asip kommt gar zum Schluss, dass die Zahlung von Entschädigungen an Broker durch die Pensionskassen gegen das Gesetz verstösst. Es handle sich um «eine zweckwidrige Verwendung von Vorsorgevermögen», heisst es im Gutachten von Laurence Uttinger und Raphael Zellweger.
Auch der Bundesrat hält die Zahlungen der Pensionskassen an Broker für «problematisch» und schlägt eine Gesetzesänderung vor, die diese Woche in der Sozialkommission des Ständerats diskutiert wird. Entschädigungen an den Versicherungsvermittler, die aus dem Vorsorgevermögen bezahlt werden, seien nicht im Interesse der Versicherten und mit dem Vorsorgeziel nicht vereinbar, hält der Bundesrat in seiner Botschaft fest. Der Ausgang der Debatte in der 13-köpfigen Ständeratskommission ist offen. Die vier Vertreter von SP und Grünen sind für eine gesetzliche Regelung, mit der der Brokeraufwand künftig durch den Arbeitgeber bezahlt werden muss.
Unter vielen Sammeleinrichtungen herrsche ein harter Wettbewerb um die guten Risiken, also um Firmen mit möglichst vielen jungen Arbeitnehmenden, sagt Eliane Albisser vom gewerkschaftsnahen PK-Netz. Für die Broker sei die Vermittlungstätigkeit lukrativ, und einzelne Sammelstiftungen wiesen eine hohe Fluktuation auf. «Es ist eine Beschleunigung der Wechsel zu beobachten, Versichertenbestände werden teils von A nach B und nach C verschoben.»
Dass das Geschäft der Broker blüht, zeigen die Zahlen der Interessengemeinschaft Inter-Pension, der 46 Pensionskassen mit insgesamt 1,6 Millionen Versicherten angehören. Inter-Pension weist für das Jahr 2019 Brokeraufwendungen von rund 104 Millionen Franken aus, im Vorjahr waren es noch 78 Millionen gewesen.
Die Broker kassieren für ihre Vermittlungs- und Beratungstätigkeit häufig Courtagen von der Pensionskasse, die sich häufig am vermittelten Prämienvolumen oder Vorsorgekapital bemessen und über Jahre hinweg entrichtet werden. Der Broker habe den Anreiz, den Arbeitgebern jene Pensionskassen zu empfehlen, «bei denen er selbst am meisten profitiert», schreibt Roger Baumann von C-Alm in seiner Studie zum «Wettbewerb in der beruflichen Vorsorge». Baumann hält deshalb «einen regulatorischen Eingriff für nötig».
Brokerverband wehrt sich
Der Verband der Schweizerischen Versicherungsbroker (Siba) hat mit einem Gegengutachten reagiert, gemäss dem die Vermittlertätigkeit der Broker hauptsächlich den Versicherten diene. Zudem seien die gesetzlichen Vorgaben zur Transparenz, Ausbildung und Haftung erst kürzlich verschärft worden. Der Siba wehrt sich deshalb gegen die neue gesetzliche Kompetenz für den Bundesrat, die Brokerentschädigungen zu regeln. Der Vorwurf, Broker würden den Arbeitgebern jene Vorsorgeeinrichtung empfehlen, die die höchsten Courtagen zahle, entbehre jeder Grundlage, sagt Siba-Präsident Markus Lehmann.
«Der Konkurrenzkampf unter Brokern ist mittlerweile so ausgeprägt, dass man sich mit so einer Arbeitsweise langfristig nicht im Markt behaupten kann.» Bei der Diskussion über die Brokerentschädigung sei man zu stark auf die Kosten fixiert. Dabei würden die wichtigen Dienstleistungen des Brokers komplett ausgeblendet. Die Arbeit des Brokers besteht laut Lehmann nicht nur darin, Anschlusslösungen für KMU zu finden, sondern auch Personalorientierungen durchzuführen, Fragen der Versicherten zu beantworten und Schulungen anzubieten.
Allerdings kritisiert Pensionskassenexperte Baumann in seiner Studie die teilweise mangelhaften Kenntnisse der Broker zur beruflichen Vorsorge. «Viele Broker sind mit ihrer Ausbildung nicht in der Lage, sich die Komplexität der Angebote zu erschliessen, was angesichts der Bedeutung der Vermittler und ihrer treuhänderischen Verantwortung gegenüber den Versicherten problematisch ist.»
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