Verkehrte Welt beim Dollar
Der Greenback ist so schwach wie seit zwei Jahren nicht mehr. Und das, obwohl die Geldschwemme eher früher als später gestoppt wird. Warum das so ist.

Mit einem Preis von 1,379 Dollar pro Euro ist die Gemeinschaftswährung nur noch wenig vom Mehrjahreshöchststand entfernt, den sie am 25. Oktober bei einem Wert von 1,383 Dollar erreicht hat. Gleich gegenüber beiden Währungen – dem Dollar und dem Euro – legt auch der Schweizer Franken zu. Der Preis des Euro ist mit 1.222 Franken so tief, wie seit Anfang Mai nicht mehr und jener des Dollars mit 0.888 Franken so tief wie nicht mehr seit November 2011.
Die deutliche Abschwächung des Dollars könnte auf den ersten Blick überraschen, da sich die Einschätzung zur weiteren Politik der US-Notenbank (Fed) geändert hat: Noch bis vor kurzem hat die Ansicht überwogen, das Fed werde bis zum März 2014 kein sogenanntes Tapering ankündigen. Damit ist gemeint, dass die Notenbank ihre monatlichen Anleihenkäufe im Umfang von 85 Milliarden Dollar langsam zurückfahren will. Seit dem überraschend positiven Bericht vom US-Arbeitsmarkt und entsprechenden Aussagen von führenden Mitgliedern des Fed gehen nun immer mehr Marktbeobachter davon aus, dass das Fed das Tapering schon früher, möglicherweise sogar schon am nächsten Mittwoch, einleiten könnte.
Auch mit einem Tapering bleiben die Geldschleusen offen
Eine weniger grosszügige Geldversorgung der Wirtschaft ist gewöhnlich mit einer Aufwertung der Währung verbunden. Dass der Dollar sich trotz der veränderten Wahrnehmung zur Fed-Politik weiter abschwächt, liegt an veränderten Erwartungen. Ein Tapering wird anders als noch im Sommer diesmal weit weniger als Ende der grosszügigen Geldpolitik durch die US-Notenbank eingeschätzt. Nachdem bei der ersten Ankündigung von reduzierten Anleihenkäufen die Zinsen weltweit deutlich angestiegen sind, haben sich Fed-Chef Ben Bernanke und die anderen Fed-Verantwortlichen alle Mühe gegeben, die Bedeutung des Tapering zu relativieren.
So haben sie – wie schon im letzten Dezember – noch einmal betont, dass die Leitzinsen mindestens bis zum Erreichen einer Arbeitslosenquote von 6,5 Prozent bei null Prozent bleiben. Ausserdem diskutiert man beim Fed die Ankündigung eines Tapering, mit einer noch weitergehenden Zusicherung für lang anhaltende Zinsen zu verknüpfen: einer tieferen Arbeitslosenquote als Mindestvoraussetzung für Zinserhöhungen, einer erst zu erreichenden minimalen Inflationsrate und einem tieferen Zinssatz für Bankeinlagen beim Fed, damit weniger Geld aus der Wirtschaft abfliesst.
Die Botschaft ist offenbar an den Märkten angekommen, was sich an der Reaktion der Langfristzinsen zeigt. Die Renditen auf US-Staatspapieren (dem üblichen Massstab für Langfristzinsen) sind trotz der gestiegenen Erwartungen eines Tapering deutlich weniger angestiegen, als das Anfang September der Fall war, als ebenfalls mit einem Beginn des Tapering gerechnet wurde. Der Zehnjahressatz liegt aktuell bei 2,8 Prozent verglichen mit 3 Prozent damals, der Fünfjahressatz bei 1,46 Prozent verglichen mit 1,85 Prozent Anfang September.
Die EZB ist restriktiver
Der Euro-Dollar-Wechselkurs wird aber auch vom Handeln in Europa beeinflusst. Die Europäische Zentralbank EZB hat an ihrer letzten Sitzung keine Massnahmen zur weiteren Stimulierung der Eurokonjunktur angekündigt oder nur schon durchblicken lassen. Damit wird die Geldpolitik Europas an den Märkten als restriktiver interpretiert als jene der USA, was den Euro stützt und den Dollar schwächt. Der teure Euro könnte allerdings die EZB veranlassen, bald doch weitere Massnahmen anzukündigen. Dass sie im November ihren Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent gesenkt hat, war auch eine Folge der damaligen Euroaufwertung. Wie sich jetzt zeigt, war die darauf folgende Euroabschwächung nur von kurzer Dauer.
Dass der Franken gleich gegenüber dem Dollar und dem Euro zugelegt hat, liegt laut Devisenspezialisten am Verhalten von Grossinvestoren, besonders von Hedgefonds. Sie haben mit Verkäufen von geliehenen Franken (Leerverkäufe bzw. «Shorts») auf eine Schwächung des Frankens gesetzt und damit Dollars gekauft. Die Dollarschwäche hat diese Investoren gezwungen, ihre Positionen aufzulösen, das heisst, den Franken zurückzukaufen. Das hat zur merklichen Aufwertung des Frankens geführt.
Für die Frankenaufwertung spricht nach wie vor auch der makroökonomische Hintergrund, wie etwa das stabile Wachstum in der Schweiz und die verbleibende Unsicherheit im Umfeld. Die Wahrscheinlichkeit einer automatischen Schwächung des Frankens auf den Märkten ist gesunken und damit auch eine baldige Auflösung der Untergrenze durch die Nationalbank.
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