Van Rompuy warnt Briten vor EU-Austritt
Herman Van Rompuy sieht keine Chance für eine Änderung der EU-Verträge. Bei seinem Treffen mit dem irischen Regierungschef in Dublin forderte er Grossbritannien auf, aktives Mitglied der EU zu bleiben.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat Grossbritannien vor einem Austritt aus der EU gewarnt. Nach einem Treffen mit dem irischen Regierungschef Enda Kenny sagte Van Rompuy heute in Dublin auch, er sehe keine Chancen für eine Änderung der EU-Verträge.
«Über die Ideen, die eine Veränderung der EU-Verträge erfordern würden, gibt es keinen Konsens», sagte Van Rompuy. Kenny, dessen Land zum Jahreswechsel die turnusmässige EU-Ratspräsidentschaft für sechs Monate übernommen hatte, warnte ebenfalls vor einer neuen Vertragsdiskussion und bezeichnete einen britischen Austritt aus der EU als «verheerend».
Der britische Premierminister David Cameron hatte in den vergangenen Monaten erklärt, die Eurokrise könne eine Möglichkeit bieten, die Integration innerhalb der EU weniger eng als bisher zu gestalten. London wolle Kompetenzen, die derzeit bei der EU liegen, wieder zurückgewinnen.
Engere Kooperation ohne Vertragsänderung möglich
«Ich hoffe, Grossbritannien bleibt ein aktives Mitglied», sagte Van Rompuy. Die einzige Möglichkeit für Vertragsänderungen sei nach den EU-Wahlen Mitte 2014 denkbar. «Es gibt eine Möglichkeit, aber sie ist nicht sehr gross.»
Eine engere Kooperation innerhalb der Eurozone von 17 Staaten und zur Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion sei auch ohne Vertragsänderungen möglich.
«Wir brauchen nicht so viele Vertragsänderungen wie die meisten Leute denken. Wir können das auch innerhalb der bestehenden Verträge tun.» Kenny warnte davor, mit einer neuen Diskussion über den EU-Vertrag die «Schleusen für alle möglichen Vertragsänderungswünsche zu öffnen».
Van Rompuy verwies darauf, dass Cameron erst im Dezember erklärt habe, er wolle keinen britischen Austritt aus der EU. «Grossbritannien ist ein sehr geschätztes und wichtiges Mitglied der EU. Und ich glaube, dass es im britischen Interesse ist, nicht nur ein Mitglied, sondern ein aktives Vollmitglied der EU zu bleiben.»
Kenny sagte: «Es wäre verheerend, wenn ein Land wie Grossbritannien aus der EU austreten würde.»
«Das Schlimmste liegt hinter uns»
Zur Lage der EU sagte Van Rompuy: «Das Schlimmste liegt hinter uns, vor allem die existenzielle Bedrohung des Euro.» Der Wirtschaftsaufschwung sei aber erst «mit Zeitverzögerung» zu erwarten. Und mehr Arbeitsplätze wiederum werde es «mit Zeitverzögerung zum Wirtschaftsaufschwung» geben.
«Die Lage wird besser, aber wir haben noch viel zu tun», fügte der EU-Ratspräsident hinzu. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Staats- und Regierungschefs der EU noch im ersten Halbjahr 2013 die im November gescheiterte Finanzplanung für die Jahre 2014 bis 2020 beschliessen könnten.
Chance nutzen
Derweil will die irische Regierung die Anfang Januar übernommene EU-Ratspräsidentschaft für Neuverhandlungen über die eigene Schuldenlast nutzen. Seine Regierung erkenne ihre Verantwortung für die Prioritäten der EU an, sagte Regierungschef Enda Kenny.
Zugleich werde aber seine Regierung «unsere unmittelbaren Bedürfnisse nicht aus den Augen verlieren». Das betreffe das «Ausmass unserer Bankschulden». Dieses sei für die irische Ratspräsidentschaft eine Priorität, sagte Kenny am Mittwoch bei einem Besuch von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in Dublin.
Zu Beginn der Bankenkrise pumpte Irland 64 Milliarden Euro in den eigenen Bankensektor. Ein Grossteil der Bankenrettung wurde mit Schuldverschreibungen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) finanziert.
Harte Arbeit
Derzeit setzt sich Kennys Regierung für eine Umschuldung ein, um die Zinslast zu reduzieren. Der irische Regierungschef strebt eine Lösung bis zum nächsten Fälligkeitsdatum im März an. Dann müsste eine Zahlung von 3,1 Milliarden Euro erfolgen.
Van Rompuy stellte klar, dass er mit der Lösung der Schuldenproblematik direkt nichts zu tun habe. Er gehe jedoch davon aus, dass die EZB und die Regierung in Dublin «hart daran arbeiten, eine wechselseitig akzeptable Einigung» zu finden, sagte der EU-Ratspräsident.
Dublin ist daran interessiert, Zugang zu Mitteln aus dem europäischen Stabilitätsfonds ESM zu erhalten. Es ist aber umstritten, ob dies auch rückwirkend ermöglicht werden könnte.
SDA/wid
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