USA schicken Kriegsschiffe nach Libyen
Waren die Proteste vor dem US-Konsulat in Benghazi nur Kulisse für al-Qaida, um die tödlichen Angriffe zu starten? Washington geht dieser Vermutung nach – und wird aktiv.
Nach dem Angriff auf das US-Konsulat in der libyschen Stadt Benghazi gehen die US-Geheimdienste Hinweisen auf einen gezielten Terroranschlag nach. Der Angriff sei «geplant, koordiniert, organisiert ausgeführt» worden, erklärte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rogers.
Gemäss «BBC» beschuldigen mehrere hochrangige libysche Funktionäre die Organisation Ansar al-Sharia als Urheber des Anschlags. Die islamistische Organisation hat ihren Hauptableger im Jemen gilt als Splittergruppe des Terrornetzwerks al-Qaida.
Aktuelle Bilder zeigen Mitglieder der Organisation, wie sie in Polizeiautos durch die Strassen von Benghazi fahren und anschliessend auf ihren Kampfeinsatz vor der US-Botschaft warten.
Laut Rogers deutet viel auf einen Terroranschlag hin. «Seit Monaten haben wir beobachtet, wie al-Qaida nach westlichen Zielen Ausschau gehalten hat», sagte er. «Das fand überall in Nordafrika statt. Wir haben bestimmte Aktivitäten beobachtet, die einen glauben lassen können, dass es eine mit al-Qaida verbündete Gruppe war.»
Ein Sprecher des Weissen Hauses sagte dagegen, es sei noch zu früh für ein klares Urteil. Bei dem Angriff war der Botschafter der USA in Libyen, Chris Stevens, getötet worden.
Keine spontane Tat
Rogers erklärte weiter, die US-Geheimdienste hätten noch nicht ermittelt, wer hinter der Tat stecke, aber «unsere Liste wird kürzer». Sicher habe es sich nicht um eine spontane Tat gehandelt. Das FBI schickte nach Angaben aus Behördenkreisen Teams nach Libyen, die die Ermittlungen unterstützen sollen.
Das Pentagon verlegte unterdessen zwei Kriegsschiffe vor die libysche Küste. Aus US-Regierungskreisen verlautete, der Zerstörer USS Laboon habe seine Position bereits erreicht. Die USS McFaul sei auf dem Weg und werde innerhalb weniger Tage ihr Ziel erreichen. Weiter hiess es, die Schiffe hätten keine konkrete Aufgabe. Sie gäben den Kommandeuren jedoch die Möglichkeit, flexibel auf jeden Einsatz zu reagieren, die der US-Präsident anordne.
Proteste als Ablenkung
Der Fernsehsender CNN berichtete unter Berufung auf US-Quellen, die Angreifer hätten die Proteste vor dem Konsulat als Ablenkungsmanöver genutzt. Ob die Angreifer die Proteste initiiert oder nur für ihr Vorhaben ausgenutzt hätten, sei allerdings unklar. Die Gewährsleute schlossen jedoch aus, dass der Angriff Botschafter Stevens galt, wie CNN auf seiner Website berichtete.
Ein weiterer ranghoher US-Vertreter sagte CNN demzufolge, dass das Weisse Haus voraussichtlich Drohnen nach Libyen schicken werde, um Extremisten aufzuspüren, die womöglich mit dem Angriff zu tun hätten. Die Informationen sollten dann den libyschen Behörden ausgehändigt werden, hiess es.
Obama telefoniert mit Staatschefs
US-Präsident Barack Obama hat nach den Angriffen mit den Präsidenten von Ägypten und Libyen telefoniert, und diese zur weiteren Zusammenarbeit beim Schutz des diplomatischen Personals aufgefordert. Obama habe dem libyschen Präsidenten Mohamed Magariaf für dessen Anteilnahme gedankt, teilte das Weisse Haus mit. Beide Politiker wollten zusammenarbeiten, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Bei einem weiteren Anruf habe Obama dann dem ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi zugesichert, dass man seine Bemühungen um die Sicherheit der US-Mitarbeiter zu schätzen wisse, teilte das Weisse Haus mit.
Proteste gehen weiter
Bei dem Angriff auf das US-Konsulat in Benghazi waren vier Amerikaner ums Leben gekommen. Auch in Kairo waren wütende Demonstranten aus Protest gegen einen angeblich in den USA produzierten, von Muslimen als islamfeindlich empfundenen Film über den Propheten Mohammed vor die US-Botschaft gezogen. Am Mittwoch versammelten sich etwa 200 Islamisten erneut vor der US-Botschaft in Kairo.
Unweit der tunesischen Hauptstadt Tunis setzte die Polizei Tränengas gegen rund 300 Demonstranten ein, die auf das Gelände der US-Botschaft vordringen wollten. Offiziellen Angaben zufolge wurden fünf Menschen festgenommen, mindestens zwei Polizisten wurden verletzt.
Auch in Casablanca in Marokko gingen bis zu 400 Menschen auf die Strassen. Einige Dutzend Menschen protestierten zudem im palästinensischen Gazastreifen gegen die USA und zündeten vor dem Sitz der UNO US-Fahnen an.
Flaggen auf Halbmast
US-Präsident Barack Obama verurteilte den Angriff auf die Botschaft und kündigte an, die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen. Er ordnete verstärkte Sicherheitsmassnahmen für die diplomatischen US-Vertretungen im Ausland an, besonders in Libyen. Aus US-Quellen verlautete, es würden auch 50 US-Marineinfanteristen nach Libyen geschickt.
Die Flaggen an Regierungsgebäuden und militärischen US-Einrichtungen in der ganzen Welt wurden auf Halbmast gesetzt. US-Aussenministerin Hillary Clinton zeigte sich schockiert. Sie betonte, der Angriff sei von einer kleinen Gruppe und nicht von Vertretern des libyschen Volks begangen worden.
Täter wird zu Rechenschaft gezogen
Der stellvertretende libysche UNO-Botschafter Ibrahimi Dabbashi machte «eine extremistische Gruppe» für den Angriff verantwortlich. Er bekräftigte vor dem Weltsicherheitsrat in New York die Zusicherung seiner Regierung, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden würden.
«Dieser Angriff dient nicht den Interessen des Volkes oder der libyschen Behörden und kann auch nicht als Verteidigung des Islams betrachtet werden», sagte Dabbashi. «Dieser Angriff beschädigt das Ansehen des Islams beträchtlich.» Der Sicherheitsrat und UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilten den Angriff aufs Schärfste.
dapd/sda/wid
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