US-Immobilienmarkt: Milliardenverluste wegen Buchhaltungschaos?
US-Banken haben ohne genaue Überprüfung notwendiger Dokumente Tausende Zwangsvollstreckungen von Häusern abgewickelt. Den Finanzinstituten droht erneut ein Milliardenverlust.

Versäumnisse bei der Überprüfung fehlerhafter Dokumente für die Zwangsvollstreckung von Häusern könnten US-Banken Verluste in Milliardenhöhe bescheren. Zu diesem Ergebnis kommt ein am Dienstag veröffentlichter Bericht des für die Überwachung des Bankenrettungsprogramms der US-Regierung (TARP) verantwortlichen Kongressausschusses. Zuvor war ans Licht gekommen, dass mehrere Tausend Zwangsvollstreckungen von Häusern abgewickelt worden waren, ohne dass die verantwortlichen Kreditgeber die dazu nötigen Dokumente genau überprüft hatten.
Wenn die Verstösse beim Umgang mit den Unterlagen grössere Ausmasse angenommen haben, könnten die Folgen laut dem Bericht verheerend sein. Angestellte oder Beauftragte mehrerer wichtiger Banken hätten bereits vor Gericht ausgesagt, Tausende Unterlagen für die Beschlagnahmung von Häusern unterzeichnet und in manchen Fällen zurückdatiert zu haben. Betroffen seien Finanzunternehmen, die für die Vergabe von Hypothekenkrediten in Höhe von insgesamt 6,4 Billionen Dollar (4,9 Billionen Euro) verantwortlich seien.
Die fehlerhaften Dokumente haben grosse Banken wie die Bank of America und JPMorgan Chase dazu veranlasst, Zwangsvollstreckungen von Häusern vorerst auf Eis zu legen. Bundes- und Staatsbehörden sowie die Generalstaatsanwälte in allen 50 Staaten der USA haben die Ermittlungen aufgenommen. Sie untersuchen, ob die Kreditinstitute bei der Abwicklung von Zwangsvollstreckungen besonders schnell vorgehen wollten und damit fahrlässig gehandelt haben.
Bericht legt Schreckensszenarien aus
Klare und unangefochtene Eigentumsrechte sind das Fundament des Häusermarkts, heisst es in dem Bericht des Kongressausschusses. Wenn diese Rechte infrage gestellt werden, könnte das Fundament einstürzen. Der Bericht hält mehrere Szenarien für möglich. Zum einen könnten sich Kreditnehmer möglicherweise nicht versichern, dass sie ihre Hypothekenraten an die richtige Stelle überweisen. Es sei auch möglich, dass Richter sämtliche Zwangsvollstreckungen blockieren. Mögliche Käufer oder Verkäufer von Häusern könnten in der Schwebe gelassen werden, so der Bericht.
Ein anderes Schreckensszenario ist dem Bericht zufolge dies: Grosse Banken könnten herausfinden, dass sie noch immer im Besitz von Millionen fauler Hypothekenkredite sind, von denen sie annahmen, sie seien verkauft worden. Die entstehenden Verluste könnten sich auf Beträge in Milliardenhöhe belaufen, heisst es in dem Bericht.
Ernsthafte Bedrohungen
Es bleiben ernsthafte Bedrohungen bestehen, die das Potenzial haben, der finanziellen Stabilität zu schaden, sagte der demokratische US-Senator und Vorsitzende des für die TARP-Überwachung zuständigen Kongressausschusses, Ted Kaufman, am Montag zu Journalisten. Dies ist ein unglaublich komplexes Problem. Es könnte sich herausstellen, dass es nichts ist, sagte der Senator. Aber es könne sich auch als grosse Sache herausstellen.
Ungeachtet der ans Licht getretenen Probleme sieht die Regierung von US-Präsident Obama weiterhin keinen Grund für einen Stopp der Zwangsvollstreckungen in allen 50 Staaten. Das Finanzministerium erklärte, die Vorgänge bei der Zertifizierung von Dokumenten für die Zwangsvollstreckungen würden untersucht. Von der Untersuchung betroffen seien die zehn wichtigsten Hypothekeninstitute, die sich an dem TARP-Programm beteiligten.
Finanzministerium ging von keiner Gefahr aus
Während der TARP-Kontrollausschuss in seinem Bericht vor schweren Folgen des Dokumenten-Skandals warnt, hatte Phyllis Caldwell, die innerhalb des Finanzministeriums für den Schutz von Wohneigentümern verantwortlich ist, vergangenen Monat keine Bedrohung für das Finanzsystem der USA gesehen. Bislang gebe es keine Beweise für eine mögliche Gefahr, sagte sie.
Die Aussage Caldwells hatte Proteste unter einigen Mitgliedern des Kontrollgremiums ausgelöst. In dem nun veröffentlichten Bericht heisst es, das Finanzministerium solle erklären, warum es keine Gefahr erkenne. Ausserdem sollten die Banken an der Wallstreet einem neuen Stresstest unterzogen werden. Dadurch solle überprüft werden, ob sie einer möglichen Krise standhalten könnten.
dapd/jak
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