Heimlich eine Gefangene fotografiertUrteil bringt grobes Fehlverhalten eines Basler Polizisten zum Vorschein
Ein ehemaliger Kaderbeamte hat eine kranke Gefangene fotografiert und das Foto mit dem Satz «Lueg emal, die gseht scho huere wüescht us» kommentiert. Dafür wurde er laut Bundesgericht zu Recht degradiert.

Ein Bundesgerichtsurteil bringt das grobe Fehlverhalten eines langjährigen Basler Polizisten zum Vorschein. «20 Minuten» berichtete am Dienstag über besagtes Urteil, das im Juni erging und dieser Zeitung vorliegt. Das Bundesgericht geht darin der Frage nach, ob ein ehemaliger Kaderbeamter der Basler Polizei zu Recht degradiert wurde oder nicht.
Es geht um einen Vorfall vom April 2017. Zu dieser Zeit bewachte der Beamte zusammen mit einem Kollegen eine Untersuchungsgefangene im Basler Unispital. Die Gefangene hatte sich mit einem Virus infiziert und stand unter Quarantäne. Die beiden Polizisten sassen vor dem Patientenzimmer und konnten die erkrankte Frau offenbar nicht sehen.
Im Verlauf des Morgens kamen zwei Pflegerinnen vorbei. Die eine betrat das Zimmer, um sich um die Erkrankte zu kümmern. Die andere blieb beim Stationswagen stehen. Sie beobachtete, wie sich der Kaderbeamte «aus dem Nichts heraus» nach rechts lehnte, um am Stationswagen vorbei ins Zimmer hinein zu fotografieren.
Als die Pflegerinnen weg waren, zeigte er das Foto – eine Zoomaufnahme – seinem Kollegen. Darauf sei der Kopf der Frau mit geschwollenen Augen zu sehen gewesen. «Lueg emal, die gseht scho huere wüescht us», habe er das Bild gegenüber seines Kollegen kommentiert.
Die Pflegerinnen indes kamen etwas später in Begleitung des Abteilungsleiters zurück und konfrontierten den Polizisten mit seinem Verhalten. Daraufhin habe er bestritten, die Gefangene fotografiert zu haben. Er habe gegenüber der Pflegerin behauptet, dass er auf dem Mobiltelefon gejasst habe und beim Jassen auf dem Handy «immer so komisch» dasitze.
Irritierender Umgang mit Aufnahmen von Frauen
Der ehemalige Kaderbeamte bestreitet diese Aussagen, wie aus dem Urteil hervorgeht. Er habe die Gefangene mit seinem Diensthandy fotografiert, damit er sie im Fall eines Fluchtversuchs hätte identifizieren könnten. Auch, was die genauen Worte zum Aussehen der Frau betrifft, ist er sich mit seinem Kollegen uneinig. So habe er nicht gesagt, dass die Gefangene «huere wüescht» ausgesehen habe, sondern, dass sie «scheisse» ausgesehen habe. Damit habe er nicht das Level an Attraktivität der Frau, sondern ihren Gesundheitszustand gemeint.
Das Gericht beurteilt diese Erklärung als «realitätsfremd». Wer eine Untersuchungsgefangene heimlich fotografiere und dann sage, sie sehe «scheisse» aus, drücke wohl kaum seine Besorgnis über deren Gesundheitszustand aus. Vielmehr äusserte er sich bewusst derb und abschätzig über sie, befand das Bundesgericht. Wenn ein Polizist es überdies für nötig erachte, von einer bewachten Person ein Foto zu machen, brauche er dies gewiss nicht heimlich zu tun.
Auch abgesehen von diesem Vorfall pflegte der Polizist zu dieser Zeit einen irritierenden Umgang mit Handyaufnahmen von Frauen. Während der Spitalbewachung hat er seinem Kollegen gemäss Urteilsschrift etwa auch Nacktfotos seiner Frau sowie einer ehemaligen Partnerin gezeigt.
Polizeigelübde verletzt
Seine Vorgesetzten wurden offensichtlich über das Fehlverhalten des ehemaligen Kaderbeamten informiert. Im Nachgang zur Spitalbewachung eröffnete die Kantonspolizei ein personalrechtliches Verfahren gegen ihn. Er wurde zunächst freigestellt, dann versetzt und degradiert. Dagegen setzte er sich zur Wehr und zog seinen Fall vor verschiedene Instanzen, bis er zuletzt auf dem Tisch des Bundesgerichts landete.
Doch auch die höchste juristische Instanz der Schweiz kommt zum Urteil, dass der Basler Polizist zu Recht degradiert wurde. Nicht nur habe er das Polizeigelübde verletzt, das einem den Schwur abverlange, die Pflichten seines Amtes «getreu und gewissenhaft zu erfüllen». Auch habe er das Recht der Untersuchungsgefangenen an ihrem eigenen Bild und damit in ihrer Persönlichkeit verletzt. Überdies habe er mit seinem Handeln das gute Ansehen der Kantonspolizei Basel-Stadt gefährdet und somit gegen seine Treuepflicht verstossen.
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