Unterirdische Tempel retten Tokio vor den Fluten
Der Taifun Roke ist mit Spitzengeschwindigkeiten über Japan hinweggezogen. Für Bedrohungen wie diese hat Tokio vorgesorgt: 65 Meter hohe Hallen unterhalb der Stadt schlucken die Wasserfluten.
Die ganz grosse Katastrophe blieb aus. Der Taifun Roke, der über Japan hinweggefegt ist, hat weniger Schäden angerichtet als befürchtet. Mit bis zu 16 Toten rechnen die Behörden zwar gemäss jüngsten Informationen, aber es hätte weitaus schlimmer kommen können. Zum Beispiel, wenn Roke, als er mit 160 km/h über das havarierte Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi hinweggezog, die Reaktorruinen zusätzlich in Mitleidenschaft gezogen hätte. Die Betreiberfirma Tepco ergriff eigenen Angaben zufolge «alle erdenklichen Massnahmen», um zu verhindern, dass radioaktive Strahlung durch den Sturm aufgewirbelt werde oder Regenwasser in die zerstörten Reaktoren eindringen könnte.
In Tokio unterbrachen der Sturm und der starke Regen den Zugverkehr und die U-Bahnlinien, mehrere Autobahnen mussten gesperrt werden, Bäume stürzten um, die Stromversorgung kam zum Erliegen. Zur grossen Überflutung kam es aber nicht, und das ist wohl auch einem ausgeklügelten System in Tokios Untergrund zu verdanken: 65 Meter hohe und 32 Meter breite Hallen unterhalb der Stadt sammeln das Regenwasser und leiten es sofort in den Ozean.
Bau des Systems dauerte 15 Jahre
Gemäss dem deutschen Magazin «Spiegel» handelt es sich um das grösste Drainagesystem der Welt. In trockenen Zeiten sind die unterirdischen Kathedralen eine Touristenattraktion, die von Besuchern besichtigt werden können. In regenreichen Zeiten sind sie so etwas wie eine Lebensversicherung für die Bevölkerung. Denn bei starkem Regen kann die Stadt zu einer tödlichen Falle werden: Die Fluten ergiessen sich in die U-Bahn-Stationen, Parkhäuser und Treppenschächte. Allein zwischen 1999 und 2001 kam es in Tokio zu siebzehn Überschwemmungen, bei denen es mehrere Tote gab.
Damals war das unterirdische Tunnelsystem noch in Bau. 15 Jahre lang dauerten die Arbeiten, 1992 hatten sie begonnen. Über 2,5 Milliarden Franken kostete die unterirdische Stadt. Von 59 Säulen werden die Kathedralen im Erdinnern getragen, 60 Kilometer Tunnel verbinden sie miteinander. Mächtige Pumpen leiten das Wasser in den Fluss Edogawa, der in den Pazifik mündet. 200 Tonnen Wasser pro Sekunde vermögen sie aus der Stadt zu schaffen. Nach einer ähnlichen Logik funktionieren unterirdische Becken, die zu demselben Zweck in der Schweiz gebaut wurden – wenn auch in bescheidenerem Ausmass: Die rund 300 Rückhaltebecken im Kanton Zürich etwa haben lediglich die Grösse eines geräumigen Wohnzimmers.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch