Unsere Sportbücher für unter den Weihnachtsbaum
Bücher über einzigartige Sportler-Wege, einen Autor, der Federer nacheifert, und Statistiken: Lese-Tipps für die Festtage.

Die sieben Buchempfehlungen im Überblick
» Fussball: Die Biografie von Miroslav Klose» Handball: Ein Bilderbuch von Andy Schmid» Boxen: Ein wahre Geschichte in einem Comic» Boxen: Ein Roman wie Sparring» Basketball: Wie Daten den Sport revolutionieren» Weder ein Fussball- noch ein Selbsthilfebuch: Wolfpack» Tennis: Ein Selbstversuch
Eine Karriere, wie es sie nie mehr geben wird
Er landete als polnischer Flüchtlingsjunge mit neun Jahren ohne ein Wort Deutsch in der deutschen Provinz, er arbeitete mit 20 noch als Zimmermann auf den Dächern und spielte mit seinen Freunden in der drittuntersten Amateurklasse. Vier Jahre später stand Miroslav Klose bei der WM in Japan im Final, er wurde mit den Deutschen 2014 Weltmeister, mit 16 Toren bisher der beste Torschütze aller Weltmeisterschaften und der erfolgreichste deutsche Stürmer.
«So eine Karriere wird es nie mehr geben», sagt Ronald Reng, der über Klose eine Biografie geschrieben hat. Er sei der letzte Weltstar, der Fussball seine ganze Jugend hindurch beim Spiel auf der Wiese hinter dem Haus lernte und nicht in einem Leistungszentrum wie Lionel Messi, wie Cristiano Ronaldo, wie alle anderen heute.
Biografien sind dann lesenswert, wenn jemand eine echte Lebensgeschichte hat. «Miro», das dicke Buch von Reng, ist ein Lesegenuss. (fw.)
Ronald Reng – Miro.
Piper, 448 Seiten, ca. 32 Franken
Es lebe der Handballsport
Leo steht ein aufregendes Wochenende bevor: Der Sechsjährige besucht mit seinem Bruder Tim und seiner Mutter das Bundesliga-Handball-Spiel seines Vaters und bestreitet tags darauf sein erstes Handballturnier mit der eigenen Mannschaft.
In «Mein Sprungwurf» beschreibt Handballprofi Andy Schmid in einfacher, kindlicher Sprache und wunderbar unaufgeregt, was Leo auf und neben dem Sportplatz erlebt. Dabei geht es um mehr als um Sieg und Niederlage - um Teamgeist, Respekt vor dem Gegner, um Fairness und um den Traum, irgendwann einmal den grossen Pokal zu gewinnen. Genau so stellt man sich ein Wochenende bei der Familie Schmid im richtigen Leben vor.
Das Buch ist von Elaine Schauer herzig illustriert und eignet sich zum Vorlesen genauso wie für Leseanfänger. Eine Autogrammkarte vom Autor, dem erfolgreichsten Schweizer Handballer und mehrfach ausgezeichneten wertvollsten Spieler der Bundesliga, liegt bei. (at)
Andy Schmid – Mein Sprungwurf.
3S-Verlag, 68 Seiten, ca. 26 Franken
Schwarz, schwul und ein Totschlag
Emile Griffith ist Boxer, schwarz und schwul. Eine toxische Kombination für einen Menschen im Amerika der 60er-Jahre. Der Zeichner Reinhard Kleist hat seine wahre Geschichte in einem Comic aufgezeichnet, in Schwarz und Weiss, in kräftigen Bildern und mit harten Punchlines.
Griffith wird von seinem Arbeitgeber, einem Hutmacher, wegen seines kräftigen Körperbaus entdeckt und in den Boxring geschickt. Baseball wäre auch möglich gewesen, doch das ist den Weissen vorbehalten. Darum Boxer. Darum bald auch Weltmeister. Eine Karriere lang wird er als «Schwuchtel» verhöhnt, weil die Boxszene weiss, dass er auf Männer steht, weil er Hutkollektionen entwirft. In einem Kampf schlägt er seinen Konkurrenten Benny Paret so heftig, dass dieser noch im Ring ins Koma fällt und zehn Tage später stirbt. So handelt dieses schwere und zugleich ästhetische Buch auch von den Dämonen, die einen ein Leben lang begleiten und nicht loslassen. (czu)
Reinhard Kleist – Knock Out.
Carlsen, 160 Seiten, ca. 28 Franken
Wie Sparring: Mal atemlos, dann lauernd
Ein Vergnügen ist es nicht. Dieses Buch tut weh, es geht an die Nieren, obwohl das eigentlich verboten ist. Ja, auch dieser Roman dreht sich ums Boxen, und nein, neu ist das nicht. Aber Robert Prossers Sprache ist wie eine Runde Sparring: mal ziemlich atemlos, dann wieder lauernd, mal ohne Punkt und Komma, dann wieder abwartend.
In dieser wellenhaften Sprache erzählt der Autor die Geschichte von Lorenz, dem Protagonisten, der auf einer langen Reise 2011 ein Syrien noch ohne Kriegswirren erlebt und nach seiner Rückkehr ins winterliche Wien zu boxen beginnt, bevor sich diese beiden Welten auf verschlungenen Wegen immer näher kommen.
Ausgehend vom egalitären Kosmos Boxgym, diesem «Labor des Schmerzes», wie es Lorenz nennt, lässt der Autor Sport und Politik fast beiläufig aufeinanderprallen, er sieht in den kleinen Episoden des Boxens einen Teil der grossen Weltgeschichte. «Gemma Habibi», ein Vergnügen? Nein, ein Muss! (mrm)
Robert Prosser – Gemma Habibi.
Ullstein, 224 Seiten, ca. 27 Franken
Basketball-Experte in 256 Seiten
Das Thema klingt erst einmal trocken: Kirk Goldsberry zeigt in «Sprawlball» anhand von Zahlen, Statistiken und Infografiken auf, wie sich die Basketball-Liga NBA in den letzten Jahrzehnten verändert hat.
Der Autor hat einen Doktor titel in Kartografie, lehrt an der Universität Texas als Professor, beriet NBA-Teams, schreibt für «ESPN». Mit diesem prall gefüllten Werkzeugkasten schafft er es, anhand von Illustrationen und Texten, aufgemacht an Grössen wie Michael Jordan und Lebron James, einfach und einleuchtend, flüssig und fesselnd, intelligent und interessant zu erklären, warum etwa Centers, lange die Stars der Liga, heutzutage Mühe haben, einen Job zu finden. Und warum mittlerweile fast die Hälfte aller Wurfversuche hinter der Dreierlinie getätigt werden.
Ja, das Buch handelt von Basketball, es zeigt aber auch, wie Daten den Sport revolutionieren. Es liefert Denkanstösse und Aha-Momente. Und ist überhaupt nicht trocken. (dwu)
Kirk Goldsberry – SprawlBall.
Houghton Mifflin Harcourt, 256 Seiten Englisch ca. 18 Franken
Seid keine Rotkäppchen, seid Wölfe!
Abby Wambach hat in 255 Fussball-Länderspielen 184 Tore erzielt. Das hat vor ihr noch keine Frau geschafft. Und auch kein Mann. 2015 trat sie vom Profisport zurück, vor einem Jahr wurde sie eingeladen, die Abschlussrede vor den Absolventen des Barnard College zu halten. Ihre 25-minütige Ansprache wurde zum viralen Hit und ist die Grundlage von «Wolfpack», das weder ein Fussball- noch ein Selbsthilfebuch ist.
Wambach präsentiert ihre Rede in einer für das heutige Häppchen-Zeitalter zugeschnittenen Form: in 10 prägnanten Regeln. Diese sind eigentlich ganz einfach und doch nicht selbstverständlich. Seit je werden Mädchen dazu erzogen, den Regeln zu folgen, keine Fragen zu stellen, nicht zu viel zu erwarten. Wambachs Forderung: Hört auf mit diesen alten Regeln und stellt neue auf. Sonst ändert sich nie etwas. Traut euch, auch mal vom vorgezeichneten Weg abzukommen. Seid keine Rotkäppchen, seid Wölfe! (abb)
Abby Wambach – Wolfpack.
Macmillan USA, 112 Seiten Englisch ca. 25 Franken
Mit fast 40 durch Federer inspiriert
Felix Hutt ist in den Ferien in Südafrika, und im TV läuft der Australian-Open-Final 2017. Ein unfassbares Spiel, das Roger Federer nach fünf Sätzen gegen Rafael Nadal gewinnt, in seinem ersten Turnier nach sechs Monaten Pause. Hutt fiebert mit Federer mit, vor allem aber weckt die Partie Sehnsüchte nach den Zeiten, als er zu den besten Junioren Bayerns zählte und selber von einer Profikarriere träumte. Lange ists her, heute ist er fast 40 und etablierter Journalist.
«Wenn Federer so zurückkommen kann, kann ich das auch», denkt er sich und beschliesst, noch einmal jenen ATP-Punkt zu jagen, der für so viele Spieler das Mass aller Dinge bedeutet. Am Tag nach dem Final macht er erste Sprints, bald krempelt er sein Leben um und spielt Turniere der untersten Profistufe. Auf unterhaltsame Weise nimmt uns Hutt auf seine Reisen unter teils widrigen Bedingungen nach Pakistan, Kambodscha und Israel mit. Und vor allem auf die Reise zu sich selbst. (mke)
Felix Hutt – Lucky Loser.
Ullstein, 240 Seiten. ca. 19 Franken
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch