«Unsere Polizisten wurden aus dem Nichts angegriffen»
16 FCB-Chaoten stehen nach den Krawallen von 2016 vor Gericht. Nun schildert die Polizei, wie brutal sie den Mob erlebte.

Die Polizisten, die am Dienstag vor Gericht als Zeugen aussagten, waren nicht zu beneiden. Geladen hatte sie Gerichtspräsidentin Felicitas Lenzinger, um ihre Version zur Auseinandersetzung zwischen Fans und Polizei vom 10. April 2016 zu hören. Damals kam es nach dem Spiel vom FC Basel gegen den FC Zürich zu Angriffen durch FCB-Chaoten gegen Polizisten.
Die Verteidigerinnen und Verteidiger der 16 Beschuldigten löcherten die Polizisten mit redundanten Fragen zu Einsatz, Befehlsgebung, Positionierung von Fahrzeugen, Polizeikommunikation, Überwachungskameras – und vor allem zum Einsatz von Gummischrot.
Der Grund: Ein Polizist hatte aufgrund eines Angriffes durch Chaoten eine Gummischrot-Salve abgefeuert, was im Polizeijargon Mitteleinsatz heisst. Bei diesem wurde eine Person am Auge verletzt. Die Verteidiger versuchten die Situation so zu drehen, dass die Polizei durch das unnötige Erscheinen und durch den Gummischrot die Situation zum Eskalieren gebracht habe.
Streitpunkt Gummischrot
Die befragten Polizisten hingegen, unter ihnen auch Peter Kötter, Abteilungsleiter Sicherheitspolizei und Spezialformationen, sprachen alle von einem Schuss, der aus Nothilfe abgegeben wurde. Wenn ein Polizist bedroht wird und sich in einer Notlage befindet, darf er sich bei solchen Einsätzen mit Gummischrot zur Wehr setzen. «Unsere Leute wurden aus dem Nichts angegriffen», sagte Kötter. Ein Befehl, Gummischrot einzusetzen, hingegen gab es nicht.
Eine Polizistin, die im Ordnungsdienst stand und als eine der ersten auf die Eventplattform beim Tor sechs kam, schilderte ihre Erlebnisse so: «Kaum hatten wir die Plattform erreicht, wurden wir angeschrien und ausgebuht. Es war sehr laut.» Auch sehr aggressiv. Dann wurde sie in den Rücken getreten und verletzt. Ein Kollege stürzte aufgrund eines Angriffs die Treppe hinunter. Die Frau zog mehrere Hämatome am Rücken davon, zudem Schnittwunden an der Hand.
Eine Vorstellung davon, wie der Mob gewütet hat, gab ein anderer Polizist, der in einem der Mannschafts-Einsatzfahrzeuge sass. Er beschrieb die Angst, die ihn gepackt hatte, als der eine Gruppe von Vermummten auf den Kastenwagen zustürmte und auf das Auto einhieb. Mehrere versuchten die Türe aufzureissen und rüttelten heftig am Auto, in der Absicht, es zu kippen; der Polizist konnte sich nur retten, indem er davonfuhr.
Plattform ist tabu
Der Auslöser für die Eskalation ist für Aussenstehende nur schwer nachvollziehbar, da es um eine ungeschriebene Verhaltensregeln geht, wonach die Polizei die Plattform nicht betreten darf, da sie sich im «Eigentum» der FCB-Anhänger befindet.
Die mit Helmen und Panzerungen versehenen Polizisten des Ordnungsdienstes jedoch kamen nicht auf die Plattform, um zu provozieren, sondern weil die Einsatzleitung sie zur Sicherheit dort hingeschickt hatte. Denn nach dem Abpfiff des Fussballspieles kam von der SBB-Polizei der Hinweis, dass FCZ-Hooligans versuchen könnten, vom Bahndamm her auf die Eventplattform zu gelangen, um sich mit den FCB-Fans zu prügeln.
Dass die Polizei dort Präsenz markieren sollte, sei «ein rein präventiver Akt» gewesen, sagte der Einsatzleiter. «Es kam schon vor, dass Zürcher dort durchgebrochen sind.» Es gab auch Verteidiger, die hinterfragten, ob diese Angabe der SBB-Polizei falsch war.
Einer der Verteidiger wollte von der Polizistin wissen, ob sie die emotionale Bedeutung der Plattform für die FCB-Fans kenne. Andere Verteidiger fragten, warum die Polizei gerade die grosse Treppe habe nehmen müssen und nicht einen Aufgang näher bei der Eisenbahnbrücke. «Hätte man nicht erkennen können, dass man über diese Treppe nicht zum Tor sechs kommt?», fragte etwa Verteidiger Nicolas Roulet, und fügte fast belustigend hinzu. «Hat es auf der Plattform wirklich eine Gefahr gegeben?»
Die Urteile werden kommende Woche erwartet
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