Unheimlich – so durchfuhren die seismischen Wellen Mittelitalien
Im infografischen Video wird ersichtlich, wie sich die Wucht des Erdbebens durch Mittelitalien pflügte.
Das Beben vom Sonntag – das schwerste in dem Land seit 36 Jahren – ereignete sich gegen 7.40 Uhr und hatte nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS eine Stärke von 6,6. Das Epizentrum lag demnach 6 Kilometer nördlich von Norcia. Die Erschütterungen waren noch in Rom, Venedig und Florenz zu spüren.
Die italienische Halbinsel liegt tektonisch betrachtet auf einem Pulverfass. Hier stossen verschiedene Platten der zergliederten Erdkruste aufeinander. Im Süden Italiens schiebt sich die Afrikanische Platte unter die Europäische. Der Adriatische Sporn drückt im Osten gegen Norden. Es waren diese gewaltigen Kräfte, die vor Jahrmillionen den Apennin auffalteten, der sich von Apulien bis zum Becken des Po in Norditalien erstreckt.
Schuld ist das Becken des Thyrrhenischen Meeres
Die Konsequenz dieser tektonischen Prozesse: Es entstand ein kompliziertes Bruchsystem im Untergrund, das bis heute in Bewegung ist. Entlang der verkeilten Nähte staut sich jeweils eine enorme Energie auf, die sich plötzlich ruckartig in einem Erdbeben wie gestern südöstlich von Norcia in einer Tiefe von 10 Kilometern entlädt.
Im Bild – wieder trifft ein schweres Beben Mittelitalien:
Das ist für dieses Gebiet ein normaler Vorgang, der sich aber von anderen Erdbebenzonen unterscheidet. Schuld ist das Becken des Thyrrhenischen Meeres, das sich in Richtung Südwesten bewegt und quasi Brüche in der Erdkruste unterhalb des Apennin-Gürtels auseinanderzieht. Diese Drift dominiert gegenwärtig die Bewegungen unter dem Gebirge und ist schneller als die Kompression zwischen den beiden kontinentalen Platten. Die Europäische Platte bewegt sich derzeit laut dem amerikanischen geologischen Dienst USGS etwa 24 Millimeter pro Jahr nach Nordwesten.
Kein nationales Messnetz
Der Untergrund in Erdbebenzonen reagiert chaotisch. Es überrascht deshalb wenig, dass die Seismologen die Beben noch nicht voraussagen können. Auch Radonmessungen helfen nicht. Das Edelgas tritt während und auch nach einem Erdbeben verstärkt aus dem Erdinneren. Trotzdem nützt diese Methode wenig. «Wir können sie verwenden, um physikalische Prozesse besser zu verstehen, sonst ist sie unzuverlässig», sagt GFZ-Erdbebenforscher Stefano Parolai. Vorstellbar seien Frühwarnsysteme, die einen Alarm aussenden, sobald die erste seismische Welle eine Messstation erreicht. In Japan ist eine solche Einrichtung operativ in Betrieb. In Italien gibt es jedoch laut Parolai kein nationales Messnetz, sondern nur einzelne Forschungsstationen.
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