Paralympics in PekingUnd plötzlich gewinnen die Chinesen Medaille um Medaille
China war bei Winter-Paralympics bisher kaum erfolgreich. Bei den Heimspielen räumt der Gastgeber nun derart ab, dass es Fragen aufwirft.

Was musste der Walliser Théo Gmür am letzten Samstag zittern, bis sein Gewinn der Bronzemedaille in der Abfahrtskategorie Stehend Tatsache war. Mit Startnummer 40 ging Liang Jingyi ins Rennen. Der 19-jährige Chinese zeigte zwar gute Trainings, galt im Vorfeld der Spiele aber nicht als Medaillenkandidat. Schliesslich verpasste er Bronze um 19 Hundertstel.
Nur einen Tag später konnte Liang doch jubeln. Über Gold im Super-G, wo die Schweizer leer ausgingen. Es ist eine von 27 Medaillen, die China an den Heimspielen nach vier von neun Wettkampftagen bereits gewonnen hat. Das sind 26 mehr als an allen vorherigen Winter-Paralympics. Einziges Edelmetall war bisher Gold im Curling an den Spielen 2018 in Pyeongchang.
Dass die Chinesen zu Hause nun derart Medaillen hamstern, überrascht den Schweizer Missionschef Roger Getzmann nicht. Aber das Ausmass. «Man konnte damit rechnen. Dass es nun so massiv ist, erstaunt jedoch schon», sagt er. Und: «Wegen Corona konnten die Athletinnen und Athleten das Land in den letzten zwei Jahren kaum verlassen. Daher wussten wir nicht, wo sie genau stehen.» Getzmann geht davon aus, dass die Chinesen in dieser langen Zeit auf den Anlagen trainiert und sich an die Bedingungen angepasst haben. Genau weiss er es nicht.
Kritik an der Klasseneinteilung
Wegen der langen Absenz werden auch die Klassifizierungen der chinesischen Athletinnen und Athleten hinterfragt. Im Wintersport erhalten alle Startenden einen Zeitfaktor, der aus dem Grad ihrer Beeinträchtigung resultiert. Dieser setzt sich aus Erfahrungswerten und Leistungen zusammen. Gemäss Getzmann lohnt es sich aber nicht, gegen die Klassifizierungen zu protestieren. Das Verfahren sei viel zu aufwendig.
Was den Chinesen sicher geholfen hat, ist westliches Know-how. Im Hinblick auf die Heimspiele wurden im Ski alpin ein italienischer und ein kroatischer Trainer verpflichtet, die zum Erfolg beitrugen. Das Gastgeberland verblüfft mittlerweile auch im Langlauf. Yang Hongqiong, eine ehemalige Rollstuhl-Basketballerin, gewann bei den Frauen das Rennen über 12 km sitzend. Mit einem Vorsprung von 32 Sekunden.

Man kann davon ausgehen, dass China bei den Heim-Paralympics weiter fleissig Edelmetall sammelt und die Spitzenposition im Medaillenspiegel zementiert. Auch bei den Olympischen Winterspielen im Februar machten die Gastgeber einen gewaltigen Schritt vorwärts. War es in Pyeongchang 2018 in der Nationenwertung noch Platz 16 mit 9 Medaillen, schloss China die Heimspiele auf dem 3. Rang mit 15 Medaillen ab.
Aber auch die Schweiz darf bei den Paralympics auf weitere Medaillen hoffen. Im Riesenslalom zählt Gmür zum engeren Favoritenkreis. Im Slalom Thomas Pfyl und Robin Cuche. Und im sogenannten Banked Slalom der Snowboarderinnen Romy Tschopp.
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