Spontandemo gegen sexualisierte GewaltFür einen Moment das Messe-Glück getrübt
Rund 100 Personen sind am Sonntagabend vom Theaterplatz ins Kleinbasel marschiert. Grund war die Vergewaltigung an der Heuwaage vom vergangenen Freitag.

Ein junges Mädchen am Strassenrand, um die zehn Jahre alt, den rechten Zeigefinger zwischen den Zähnen, den anderen auf eine Gruppe Protestierender gerichtet: «Was machen die da?», fragt sie ihre Begleiterin. «Sie demonstrieren gegen Gewalt an Frauen.»
Schätzungsweise 100 Personen haben sich am Sonntag um 18 Uhr beim Theaterplatz versammelt, bevor sie in Richtung Barfüsserplatz und schliesslich über die Mittlere Brücke ins Kleinbasel marschierten. Manch einem, der sich den Freuden der Herbstmesse hingab, dürfte die gute Laune beim Anblick der verschiedenen Banner kurzzeitig vergangen sein. So stand da etwa: «Wieder wurde eine Person in Basel vergewaltigt». Ein Sexualdelikt am frühen Freitagmorgen in einer Unterführung bei der Heuwaage war der Grund für die spontane Kundgebung.

Die betroffene junge Frau sei in einem Nachtclub in der Nähe der Heuwaage von einem jungen Mann angesprochen worden, teilte die Polizei mit. Sie habe ihn abgewiesen. Als sie den Club verlassen habe, sei er ihr nachgegangen. In der Fussgängerunterführung beim Lohweg habe er sie vergewaltigt, obwohl sie sich gewehrt habe.
Die Meldung ist kein Einzelfall. In diesem Sommer fand der Prozess zur Vergewaltigung an der Elsässerstrasse in Basel statt. Er sorgte schweizweit für Aufmerksamkeit. Ende August wurde erneut ein Sexualdelikt an der Elsässerstrasse begangen. Etwas früher im Jahr, im Mai, wurde eine Frau bei den WC-Anlagen an der Freiburgerstrasse sexuell genötigt.
«Zeichen gegen das Patriarchat»
Mit der Demonstration wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer «ein Zeichen gegen das Patriarchat» setzen. Eine Sprecherin sagte auf dem Theaterplatz, es sei eine Frechheit, dass Vergewaltigungsopfer für ihr Leid teilweise noch mitverantwortlich gemacht würden, etwa wegen ihrer Kleidung oder ihres Verhaltens.
In den Sprechchören dominierten die Stimmen von jungen Frauen. Aber auch ältere Frauen liefen mit und hielten Transparente. Zuhinterst waren Männer anzutreffen, die sich mit einem Banner solidarisch zeigten: «Pro-feministische Praxis heisst auch, eigene Verhaltensmuster, Männlichkeit, Handlungen, auch die deiner Mitmenschen, zu hinterfragen.»

Von der Polizei war zumindest auf Grossbasler Seite niemand zu sehen. Vor dem Demonstrationszug ging ein Mitarbeiter der Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) und koordinierte den Tramverkehr. Derweil wuchsen an den Haltestellen die Trauben an wartenden Fahrgästen. Kurz nach 19 Uhr meldeten die BVB via Durchsage, dass die Demonstration nun beendet sei und die Trams wieder normal verkehrten.
Wer die Kundgebung organisiert hat, ist unklar. Aufgeschaltet wurde der Aufruf unter anderem auf der Facebook-Seite des Feministischen Streiks Basel. Der Verein stellt jedoch ausdrücklich klar, dass er die Spontandemo nicht organisiert habe.
Die Polizei sagte im Vorfeld gegenüber dieser Zeitung, dass sie über die spontane Kundgebung informiert sei. Ein Bewilligungsgesuch sei dafür nicht eingegangen – «wohl nicht zuletzt, weil sie auf ein sehr aktuelles Ereignis Bezug nimmt». Gemäss Sicherheitsdepartement sind Kundgebungen mit tagesaktuellem Bezug auch ohne Bewilligung möglich, sofern sie friedlich bleiben. Nach der Demonstration hiess es, aus polizeilicher Sicht sei die Demo ruhig verlaufen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.