Üben mit Elisabeth Ackermann
Die Grünen bemängeln die «unsouveränen» Auftritte ihrer Regierungspräsidentin.

Kaum im Amt, standen die neu gewählte Regierungsratspräsidentin Elisabeth Ackermann (GB) und ihr Präsidialdepartement schon in den Schlagzeilen. Ob türkische Rechtsextremisten bei Anti-Rassimus-Gesprächen, Integrationskurse, von denen niemand wusste, wie sie genau finanziert werden, oder die schludrige Arbeit ihrer ehemaligen Religionsbeauftragten Lilo Roost-Vischer: Ackermann hielt sich an die selbstauferlegte 100-Tage-Schweigepflicht und sagte nichts.
Danach lud sie zu einem «Point de Presse», um sich erstmals den Fragen der Basler Journalistinnen und Journalisten zu stellen. Die regionalen Medien zerrissen ihren Auftritt nach allen Regeln der Kunst. «Fahrig» und «verschüchtert» sei sie gewesen. Auftritt, Rhetorik, Inhalt – alles verbesserungswürdig, kommentierte ein Basler Journalist. Dieser Auftritt im Vorzimmer des Rathauses gefiel auch den Grünen überhaupt nicht.
Bereits die Parteiversammlung am 14. März dieses Jahres war eine Krisensitzung. Wie die BaZ weiss, wurde an diesem Tag im Unternehmen Mitte heftig über Ackermanns Auftritt und ihre Fähigkeit, ein Departement zu führen, diskutiert. Am Ende war es Ackermanns Vorgänger Guy Morin, der zur Ruhe aufrief. Er wies darauf hin, dass auch er es am Anfang seiner Amtszeit schwer hatte.
Misstrauen in der Partei
Letztlich hat Morin die Partei dazu aufgerufen, ihre Regierungspräsidentin zu unterstützen – sie also zu «coachen», wenn auch längst nicht alle Grünen damit einverstanden waren. «Es kann doch nicht sein, dass man einer gewählten Magistratin beibringen muss, wie sie sich bei öffentlichen Auftritten verhalten muss», machen Parteimitglieder gegenüber der BaZ ihrem Unmut Luft. Aus parteipolitischen Gründen möchten sie ihre Namen nicht in der Zeitung lesen. Sie sind überzeugt: «Ackermann hat grosses Glück, dass sie über sehr erfahrene Chefbeamte verfügt. Ansonsten wäre das Departement schon in sich zusammengebrochen.»
Offenbar haben mehrere Mitglieder von Fraktion, Präsidium und Geschäftsleitung die Regierungspräsidentin zu einem Tête-à-tête getroffen, um ihr Tipps zur Amtsführung zu geben. Etwa zu Auftritten in der Öffentlichkeit oder dazu, wie man als Regierungsrätin politische Akzente zu setzten hat. Meist trafen die Grünen Ackermann jeweils am Mittwoch im Grossrat oder suchten sie in ihrem Büro persönlich auf. «Momentan läuft alles subtil ab, aber die Parteileitung hat auf Wunsch der Grünen bereits das Gespräch mit ihr aufgenommen», erzählt ein Mitglied der Grünen.
Am Mittwoch ist selbst die ehemalige Grünen-Präsidentin und Grossrätin Mirjam Ballmer aus ihrer Wahlheimat Fribourg an die Grossratssitzung gekommen und hat sich mit Ackermann unterhalten. Hier geht es um weit mehr als um eine innerparteiliche Aussprache oder Rüge. Es ist ein Misstrauensvotum ihrer eigenen Partei. Um die Unzufriedenheit der Grünen mit ihrer Magistratin zu verstehen, muss man auf die Zeit vor der Regierungsratswahl zurückblicken. Die Partei hatte ihren Kandidaten für den Regierungssitz noch nicht offiziell nominiert. Ackermann hatte aber im Februar 2016 bereits Interesse an einer Kandidatur geäussert. Genauso die beiden Grossräte Michael Wüthrich und Thomas Grossenbacher. Die beiden Herren wurden aber von der Mehrheit des Vorstands und dem Präsidium unter Mirjam Ballmer und Elisabeth Ackermann selbst wegen der Genderquote aus dem Rennen geworfen.
Ackermanns Schutzengel
Am 14. März 2016 kam es dann an der Parteisitzung zum Eklat: Die Mehrheit der Basis wollte Grossenbacher oder Wüthrich aufstellen. Das Präsidium jedoch wollte Ackermann. Die beiden Herren verzichten trotz Rückhalt der Basis auf eine interne Kampfwahl, um die Grünen nicht so kurz vor dem Wahlkampf zu spalten. Die Basis war geschlagen, machte aber weiterhin die Faust im Sack.
Vier Monate nach Ackermanns Amtsantritt kommt der Groll nun wieder zum Vorschein: Ihre «unsouveränen» Auftritte seien besorgniserregend, heisst es aus der Partei. Die Regierungspräsidentin erhält aber aus der Parteispitze weiterhin Unterstützung. Zu ihrer Entourage gehören dieselben Personen, die sie auch damals als Kandidatin portiert haben: Der jetzige Präsident Harald Friedl, Urgestein Jürg Stöcklin, Guy Morin und Mirjam Ballmer versuchen offenbar die Wogen in der Basis zu glätten.
Ackermann bestreitet die Vorwürfe. «Ich habe keine Kenntnisse von diesen angeblichen Vorwürfen, und auf Gerüchte gehe ich nicht ein», schreibt die Regierungspräsidentin auf Anfrage. Auch Parteipräsident Harald Friedl will nichts von Uneinigkeiten in seiner Partei und der Kritik an Ackermann wissen: «Die Parteileitung stand und steht jeweils in einem engen und offenen Austausch mit der jeweiligen Regierungsrätin oder dem jeweiligen Regierungsrat. Elisabeth Ackermann nimmt auch, sofern es ihr Terminkalender erlaubt, an den Sitzungen des Vorstands, der Fraktion oder den Parteiversammlungen teil, wie dies Guy Morin auch schon tat.» Dabei seien Themen wie «Dossier-Festigkeit» oder «fehlende Fähigkeit, politische Akzente zu setzen» kein Thema gewesen. Mitglieder der Parteibasis sowie der Fraktion, sehen dies jedoch anders. Wie lange sich die Partei hinhalten lässt, bis ihre Regierungspräsidentin eine passable Performance an den Tag legt, bleibt offen. Den Rückhalt in der Basis scheint sie aber nach und nach zu verlieren.
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