Türkei schliesst Bodentruppen in Syrien aus
Nach Militärschlägen gegen die kurdische Arbeiterpartei und einem Bombenanschlag auf Soldaten ist die Situation in der Türkei äusserst angespannt.
Die Türkei hat nach den Worten von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu keine Pläne für den Einsatz von Bodentruppen in Syrien. Allerdings sollten dort moderate Rebellen, die gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) kämpfen, aus der Luft geschützt werden.
Darin sei sich die Türkei mit den USA einig, sagte Davutoglu der heimischen Zeitung «Hürriyet» zufolge. Er wurde ferner mit den Worten zitiert, die syrische Kurdenpartei PYD könnte einen Platz im «neuen Syrien» haben.
Voraussetzung sei allerdings, dass sie sich nicht gegen die Türkei richte, alle Verbindungen zur Verwaltung von Syriens Staatschef Bashar al-Assad kappe und mit Oppositionstruppen zusammenarbeite. Davutoglus Äusserungen fielen der Zeitung zufolge vor Journalisten türkischer Medien.
Erneut PKK-Ziele angegriffen
Die türkische Luftwaffe hat türkischen Medienberichten zufolge erneut Stellungen der Rebellen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak angegriffen. Kurz nach 20 Uhr Ortszeit seien mehrere Kampfjets von ihrer Basis in Diyarbakir gestartet und in Richtung der Kandil-Berge geflogen, wo die kurdischen Rebellen mehrere Stellungen unterhalten, berichteten übereinstimmend die Sender CNN-Türk und NTV.
Am Freitag waren Kampfjets der türkischen Luftwaffe erstmals aufgestiegen, um zunächst grenznahe Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien anzugreifen. Anschliessend bombardierten türkische Jets PKK-Lager im benachbarten Irak.
Waffenruhe gebrochen
Nach den Luftangriffen der türkischen Armee gegen die Terrormiliz IS und Stellungen der kurdischen Arbeiterpartei PKK ist die Situation in der Türkei äusserst angespannt. Die PKK erklärte, die vor zwei Jahren ausgerufene Waffenruhe sei nicht mehr von Bedeutung.
Am Wochenende kam es erneut zu Anschlägen auf Sicherheitskräfte und gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die PKK bekannte sich zu einem Autobombenanschlag, bei dem in der Provinz Diyarbakir zwei Soldaten getötet und vier weitere verletzt wurden.
Kurden kämpfen gegen IS
Mit den ersten Angriffen auf IS-Stellungen in Syrien hatte die Türkei eine Wende vollzogen und ihre Zurückhaltung gegenüber der IS-Miliz aufgegeben. Der IS kontrolliert Teile Nordsyriens an der Grenze zur Türkei. Das grösste Gebiet wird jedoch inzwischen von kurdischen Milizen (YPG) kontrolliert, die gegen den IS kämpfen und der PKK nahe stehen.
Auslöser der türkischen Luftangriffe waren ein Anschlag in der südlichen Stadt Suruc mit mehr als 30 Toten am vergangenen Montag, für den die IS-Miliz verantwortlich gemacht wird, und Gefechte mit IS-Kämpfern an der syrisch-türkischen Grenze.
Die PKK hatte am Mittwoch nach eigenen Angaben zwei Polizisten im Bezirk Ceylanpinar erschossen. Die Organisation nannte die Tat eine Vergeltung für den Suruc-Anschlag, sie warf den Beamten Kollaboration mit der IS-Miliz vor.
Die Militäraktionen der Türkei in Syrien und Irak werden auch Thema für die Nato. Auf Antrag der Türkei kommen am Dienstag die Botschafter der 28 Nato-Mitgliedstaaten zu Beratungen zusammen.
«Die Operationen gehen so lange weiter, so lange die Türkei bedroht wird», sagte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu nach den Luftschlägen. Auch am Sonntag beschoss die türkische Artillerie Stellungen der PKK im Nordirak, wie türkische Medien berichteten.
Zahlreiche Festnahmen
Zeitgleich mit den Angriffen gingen türkische Sicherheitskräfte bei Razzien in Istanbul und anderen Städten gegen mutmassliche Anhänger des IS sowie der PKK und andere linke Gruppierungen vor. Dabei wurden nach türkischen Angaben fast 600 Menschen festgenommen. Laut der Nachrichtenagentur Anatolia wurde in Istanbul ein Polizist getötet.
Unklar blieb, wie viele der Festgenommenen mutmasslich der IS-Miliz und wie viele der PKK angehören. Die Festnahmen gingen am Sonntag weiter.
Der Istanbuler Gouverneur verbot einen Gedenkmarsch der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP für die Opfer von Suruc. Die Organisatoren sagten die Veranstaltung daraufhin ab. Die HDP warf Staatspräsident und AKP-Mitbegründer Recep Tayyip Erdogan zudem vor, die chaotische Situation ausnutzen zu wollen, um seine Macht zu erhalten.
Rückendeckung aus den USA
Die USA stärkten der Türkei den Rücken. Ankara habe das «Recht», gegen «terroristische Ziele» vorzugehen, sagte der Vize-Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, Ben Rhodes, in der kenianischen Hauptstadt Nairobi. Zugleich begrüsste Rhodes das «entschlossenere» Vorgehen Ankaras gegen die IS-Miliz.
Die EU ermahnte die Türkei ihrerseits, den Friedensprozess mit den Kurden fortzuführen. «Jede Handlung sollte das Risiko vermeiden, die Waffenruhe und den kurdischen Friedensprozess zu gefährden», schrieb die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini in einer am Samstagabend in Brüssel verbreiteten Erklärung. Zuvor hatte sie mit dem türkischen Aussenminister Mevlut Cavusoglu telefoniert.
Die 2012 initiierten Friedensgespräche mit den Kurden waren immer wieder ins Stocken geraten. Der auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan hatte zuletzt im März zum Frieden mit der türkischen Regierung ausgerufen.
sda/AFP/chk
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