Tschutten setzt sich gegen Schiessen durch
Der FC Ellikon/Marthalen feiert sein 75-Jahr-Jubiläum mit 15 Junioren- und 4 Mädchenteams. Und das im konservativen Weinland, wo man traditionell turnt oder schiesst.
Marthalen. - Pajtim Kasami ist derzeit das heisseste Gewächs aus der Junioren-Zucht des FC Ellikon/Marthalen. Der heute 17-Jährige wurde 2006 U-15-Nationalspieler für die Schweiz sowie Stammspieler im U-16-Team der Grasshoppers. 2008 holte ihn Rafael Benitez in die Fussballakademie des FC Liverpool. Und seit diesem Jahr steht der defensive Mittelfeldspieler im Kader von Lazio Rom. Von Karrieren wie dieser träumen die anderen Junioren im Club - und manche Juniorin wohl auch. 15 Jungenmannschaften und vier Mädchenteams treten in den Farben des FC Ellikon/Marthalen an - die meisten in Blau und Weiss. Dazu kommen zwei Männermannschaften und je ein Frauen- und Seniorenteam. Der Dorfclub ist damit grösser als mancher Stadtverein - auch wenn die erste Mannschaft «nur» in der dritten Liga spielt und hofft, diesmal den Abstiegskampf vermeiden zu können. Attraktiv wurde der Verein für Mädchen und junge Frauen durch «Mundpropaganda», sagt Heiner Hertli. «Unsere Juniorinnen zogen Kolleginnen mit, und wir machen gute Arbeit.» Hertli hatte die Junioren trainiert und ist nun seit zwei Saisons fürs Damenteam zuständig. Abwehrhaltung vieler Einheimischer «Wir sind der grösste Sportverein im Weinland», sagt Christoph Ammann, ehemaliger Präsident und Autor einer schmucken Festschrift zum 75-Jahr-Jubiläum des FCEM. In den früheren Bauerndörfern des Weinlands habe es der Fussball lange Jahre schwer gehabt - entsprechend wenig Vereine gibt es. «Man schickte die Jungen eher in den Turn- oder in den Schiessverein», sagt Ammann, «und selbst die Feuerwehr war oft beliebter als Tschutten.» Noch heute gebe es Einheimische, die so denken, und entsprechend schwer habe es der Fussballverein oft noch bei Behörden. 50 000 Franken erhielt der FC von der Gemeinde fürs neue 650 000 Franken teure Clubhaus - rückzahlbar. Weitere 100 000 steuerten sieben Nachbargemeinden bei. Denn der FC Ellikon/Marthalen ist eigentlich ein FC Weinland. Von den gut 400 Spielerinnen, Spielern und Funktionären wohnen nur 77 in Marthalen (oder Ellikon, das zur Gemeinde gehört und wo der Club vor 75 Jahren als FC Ellikon gegründet wurde). Der grosse Rest kommt aus Andelfingen und Kleinandelfingen, Trüllikon und Dachsen, aus Rheinau, Benken, Henggart und den anderen Dörfern und Gemeinden. «Wir haben schon früh die ganze Region als Einzugsgebiet bearbeitet», erklärt der Ex-Präsident Ammann. Weil in der Region Weinland bedeutend weniger ausländische Familien wohnen als anderswo im Kanton, sind etwa Namen aus dem Balkan - im Gegensatz zu städtischen Fussballclubs - im Register des FCEM nach wie vor in der Minderzahl. Die Freis, Kellers und Nägelis dominieren. Im ganzen Kanton sind 23 Prozent Ausländer registriert, im Weinland 10 Prozent. Im Kerngebiet der Region sind es nochmals weniger: 7,6 Prozent in Marthalen, 5 in Trüllikon und gar nur 4 in Truttikon. Der Prozentanteil im Club ist dennoch höher als das. Ein Indiz dafür, dass Kinder einheimischer Familien sich noch immer gerne traditionellen Dorfvereinen anschliessen. Fussballplatz im Rückhaltebecken Bezeichnend für den mageren Stellenwert, den der grosse Fussballclub geniesst, ist die lange Geschichte des neuen Spielfelds. «Jahrzehntelang litt der FC unter misslichen Platzverhältnissen», erinnert sich Ammann. 15 Jahre habe man warten und weibeln müssen, bis vor fünf Jahren der neue Platz Wirklichkeit wurde. «Wyland-Arena» heisst er und ist gleichzeitig ein Rückhaltebecken. Bisher wurden die Fuss- aber noch nie zu Wasserballern. 75 Jahre FC Ellikon/Marthalen, 21.-23. August, Wyland-Arena. Superzehnkampf am Freitag ab 19h, Schtärneföifi-Gratiskonzert am Samstag um 17h, Papierflieger-Wettbewerb mit «Guinness-Buch»-Rekordversuch am Sonntagnachmittag.
76 Mädchen und Frauen kicken beim grössten Sportverein im Weinland, der mit der Wyland-Arena über ein eigenes kleines Stadion verfügt.
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