Trumps Schwiegersohn verdient am Zerfall in Baltimore
Der US-Präsident nennt die Hafenstadt einen «verseuchten Saustall». Jared Kushner hat Anteil an den von Trump scharf kritisierten Zuständen.

Der US-Präsident scheint Gefallen daran gefunden zu haben, seine Gegner mit rassistischen Kommentaren gegen sich aufzustacheln. Kaum zwei Wochen ist es her, dass er vier jungen schwarzen Kongressabgeordneten der Demokraten empfahl, das Land zu verlassen, wenn es ihnen in den USA nicht gefalle. Besonders der Abgeordneten Ilhan Omar legte er nahe, lieber in ihrem «von Kriminalität und Korruption verseuchten» Geburtsland Somalia für Ordnung zu sorgen, als ihn und die US-Regierung zu kritisieren. Die Empörung dauerte eine gute Woche an.
Am Wochenende nahm sich Trump den Kongressabgeordneten Elijah Cummings vor. Cummings ist auch Demokrat, vor allem aber ein angesehener schwarzer Bürgerrechtler, der seit 1996 im Repräsentantenhaus sitzt. Und natürlich kritisiert er Trump regelmässig, unter anderem für seine Grenzpolitik. Was ja als Oppositionspolitiker auch seine Aufgabe ist.
Trump erklärte nun auf Twitter, Cummings sei ein «brutaler Schikanierer», der die grossartigen Männer und Frauen der Grenzschutzbehörden beschimpfe, während es doch in dessen Wahlkreis in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland viel schlimmer und viel gefährlicher zugehe als an der südlichen Grenze. Cummings Wahlkreis sei ein «ekelerregender, von Ratten und anderen Nagern verseuchter Saustall». Wenn Cummings dort mehr Zeit verbringen würde, könnte er vielleicht helfen, diesen «gefährlichen und dreckigen Ort aufzuräumen», in dem kein Mensch leben wollen würde.
«Verseucht», sagt der Moderator, «das klingt wie Ungeziefer, unmenschlich»
Wieder hat Trump das Wort «infested», verseucht, benutzt. Selbst auf seinem Lieblingssender Fox News hat Moderator Chris Wallace erkannt, dass dahinter ein Muster steckt. Kurz vor der Amtseinführung habe Trump den Wahlkreis des schwarzen Bürgerrechtlers John Lewis als «kriminalitätsverseucht» bezeichnet, kürzlich dann das Herkunftsland von Ilhan Omar, jetzt den Wahlkreis von Cummings. «Verseucht», wiederholt Wallace das Wort – «das klingt wie Ungeziefer, unmenschlich.» Sein Gegenüber in der Show ist Trumps Stabschef im Weissen Haus, Mick Mulvaney, der entgegnet, Wallace verbringe zu viel Zeit damit, zwischen den Zeilen zu lesen. Wallace widerspricht, er lese nicht zwischen den Zeilen. Er lese die Zeilen.
Video: Emotional bewegter CNN-Moderator hält Trump entgegen
CNN-Moderator Victor Blackwell verteidigt unter Tränen seine Heimatstadt Baltimore. (Video: Youtube/CNN)
Die Empörung ist gross. Trump wird nicht nur von der demokratischen Sprecherin des Repräsentantenhauses Rassismus vorgeworfen. Doch Trump dreht erneut den Spiess um und erklärt Cummings zum Rassisten. Es sei ja immer so, dass die Demokraten die «Rassismus-Karte» zögen, wenn er berechtigte Kritik äussere.
Ob die Kritik so berechtigt ist, ist allerdings die Frage. Teile von Baltimore gehören sicher nicht zu den Gegenden, in denen reiche Leute wie Trump sich wohlfühlen würden. Dennoch gibt es eben dort offenbar viele Menschen, denen es gut geht. Auf Twitter haben sich Tausende von ihnen unter den Hashtags #WeAreBaltimore und #WhitePeopleAgainstRacism gemeldet, die Trumps Kritik zurückweisen. Und um ein paar Dinge dort zu ändern, die nicht gut laufen, müsste Trump im Weissen Haus nur ein paar Türen weiter an die Bürotür seines Schwiegersohns Jared Kushner klopfen, der dort einer seiner wichtigsten Berater ist.
Mäuse, Maden und Schimmelpilze
Am Sonntag bemerkte John Olszewski Jr., ein führender Lokalpolitiker in Baltimore, dass es nicht einer gewissen Ironie entbehre, wenn ausgerechnet Trump auf manche Zustände in Baltimore verweise, da doch sein Schwiegersohn einen gewissen Beitrag zu diesen Zuständen leiste, über die der Präsident so besorgt sei.
Kushners Immobilienfirma Kushner Companies gehören in Baltimore mehr als 6000 Wohnungen in 17 Wohnkomplexen. Häuser, in denen vor allem arme und meist schwarze Menschen leben. Seit 2013 ist die Firma in Maryland aktiv. Jährliche Einnahmen: etwa 90 Millionen Dollar. 2017 haben Vertreter des Baltimore County Daten veröffentlicht, wonach Kushners Firma verantwortlich sei für mehr als 200 Regelverletzungen innerhalb eines Jahres. Reparaturen seien wenn überhaupt erst angegangen worden, nachdem das County mit Bussgeld gedroht habe. In einigen Fällen habe die Firma lieber das Verwarngeld bezahlt, als Handwerker zu schicken.

Die «New York Times» berichtete, dass sich Kushners Mieter vergeblich über Mäuse, Schimmelpilz und Maden beschwert hätten. Ein privater Ermittler, der sich Kushners Hausverwaltung in Baltimore näher angesehen hatte, kam zu dem Schluss, dass dort «Slumlords» am Werk seien, mit anderen Worten: Ausbeuter.
Shannon Darrow von der Mieterschutzorganisation Fair Housing Action Center of Maryland sagte, Kushner habe im Kern dazu beigetragen, ein «Rennen nach unten» zu organisieren, wenn es darum gehe, Häuser und Wohnungen instand zu halten. Kushner sei in dieses Rennen «sehr, sehr stark verwickelt».
Für die demokratischen Präsidentschaftsbewerber könnte das eine Vorlage sein für die Fernsehdebatten an diesem Dienstag und Mittwoch. Das gibt ihnen Gelegenheit, Trumps Rassismus und Bigotterie blosszustellen. Trump wird das wenig stören. Er will die Agenda setzen, um jeden Preis. Es ist ihm erneut gelungen.
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