Trump zündelt im Nahen Osten
Der Streit um die Verlegung der US-Botschaft in Israel nach Jerusalem eskaliert.

Lange wurde gerätselt, ob US-Präsident Donald Trump die amerikanische Botschaft nach Jerusalem verlegen werde, wie er es im Wahlkampf versprochen hatte. Nun zeichnet sich ab: Trump will nicht nur die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, sondern hat auch die Absicht, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. So zumindest fasst das Büro des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas das Telefonat zusammen, das er gestern Abend mit dem amerikanischen Präsidenten geführt hat.
Wann Trump die Botschaft nach Jerusalem verlegen will, wurde nicht bekannt. Das eröffnet Trump die Option, dies erst zu einem späteren Zeitpunkt zu tun. Damit würde er dem massiven diplomatischen Druck nachgeben, der in Europa und im Mittleren Osten gegen die Verlegung der Botschaft aufgebaut wurde, ohne das Gesicht zu verlieren.
Abbas will inzwischen in einem Telefonmarathon mit Russlands Präsident Putin, dem Papst sowie europäischen Politikern darauf drängen, dass Trump die Botschaft nicht nach Jerusalem verlegt. Israelische Sicherheitskräfte wurden in Erwartung von Unruhen in einer höhere Bereitschaft versetzt.
Friedensprozess gefährdet
Experten wollen aber nicht ausschliessen, dass die Botschaft bis auf Weiteres in Tel Aviv bleibt. Laut Beobachtern in Ramallah könnte Trump den «Entscheid über den Entscheid» verschieben. Seinen Jerusalem-Fahrplan will der US-Präsident heute in einer mit Spannung erwarteten Rede verkünden. Trump informierte auch den jordanischen König Abdallah, den ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi und den israelischen Premier Benjamin Netanyahu über seine Pläne.
Sollte die US-Regierung Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen, könnte das weitreichende Konsequenzen für den Nahen Osten haben, heisst es bei Palästinensern. Ein Staat Palästina ohne Ost-Jerusalem als Hauptstadt sei für ihn undenkbar, soll Abbas laut der offiziellen palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa zu Trump gesagt haben. Abbas habe den US-Präsidenten zudem gewarnt, dass mit dem Ende der Zwei-Staaten-Lösung in der ganzen Region mit Gewalt und einem Erstarken radikaler Strömungen zu rechnen sei.
Damit würden die Palästinenser den Preis für die Machtverschiebungen in der Region zahlen. Standen sie einst im Zentrum des Nahostkonflikts, sind es jetzt in erster Linie die Regionalmächte Iran und Saudiarabien, die den Ton angeben und die Lösung der Palästinafrage in den Hintergrund drängen.
In Israel wird die angekündigte Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt mit Genugtuung registriert. Auf Wunsch der USA verzichten Regierungsmitglieder aber auf offizielle Stellungnahmen, die das Klima unnötig anheizen würden. Die israelischen Sicherheitskräfte stellen sich auf neue Auseinandersetzungen mit Palästinensern ein. Reaktionen werden vor allem von radikalen Gruppen im Gazastreifen erwartet. Abbas werde hingegen in erster Linie auf diplomatische und politische Mittel setzen, um den Entscheid Trumps umzustossen, meint Jackie Hugie, der Arabienspezialist des israelischen Armeesenders.
Immer wieder Zoff um Jerusalem
Der Status der Stadt ist seit Jahrzehnten umstritten und sorgt immer wieder für Zoff. So hat die Unesco vor einem Jahr die jüdischen Wurzeln zum Tempelberg in Jerusalem nicht anerkannt. Von den 160 Staaten, die mit Israel diplomatische Beziehungen unterhalten, respektiert keiner Jerusalem als israelische Hauptstadt. Sie haben ihre Botschaften in Tel Aviv. Mehr als symbolische Bedeutung hat das allerdings nicht. Indem Botschafter ihre Beglaubigungsschreiben in der Residenz des Staatspräsidenten in Jerusalem abgeben, anerkennen sie implizit Jerusalem als Hauptstadt Israels.
Der Streitfall Jerusalem wurde bei der Staatsgründung vor 70 Jahren gelöst, indem er «corpus separatum» wurde, eine international verwaltete Stadt in einem separaten Territorium. Der Verlust Jerusalems sei der Preis, den Israel für seine Unabhängigkeit zahlen müsse, sagte der damalige Premier David Ben-Gurion. Diese Lösung wurde aber kurz darauf hinfällig, als arabische Armeen im jungen Staat einfielen. Im Laufe des Unabhängigkeitskriegs von 1948 konnte die Armee den westlichen Teil der Stadt, 1967 auch den palästinensischen Ost-Teil erobern.
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