Toxische Männlichkeit
Männlichkeit gilt offenbar als hochproblematisch und muss abgeschafft werden – Universitäten arbeiten mit Hochdruck daran.
Man muss ziemlich entrückt sein von der Realität, wenn man, wie ich, den offensichtlich naheliegenden Zusammenhang von traditionell maskulinen Charakterzügen und Gewalt nicht sofort erkennt. Ich verband Männlichkeit bislang mit selbstsicheren, durchsetzungsfähigen Männern, die mit sich und der Welt im Reinen sind, ihr mit Respekt entgegentreten. Fürsorgliche und rechtschaffene Gentlemen eben.
Da lag ich wohl falsch. Männlichkeit ist giftig. Findige Akademiker aus dem Dunstkreis des Genderismus haben dafür einen Begriff erschaffen: Toxic Masculinity. Der US-Psychologieprofessor Terry Kupers beschreibt sie als «die Konstellation von sozial-destruktiven männlichen Wesenszügen, die Dominanz und Abwertung gegenüber Frauen, Homophobie und mutwillige Gewalt begünstigen».
Die Website «Geekfeminism» nennt als Form der toxischen Männlichkeit das «schädliche Patriarchat» und bringt das «sozial-konstruierte Verhalten» ins Spiel, das die männliche Genderrolle als gewalttätig, unemotional und sexuell aggressiv beschreibt. Die New York Times titelte im Februar im Zusammenhang mit Feuerwaffen: «Ehemänner sind tödlicher als Terroristen».
Männlichkeit gilt offenbar als hochproblematisch und muss abgeschafft werden – Universitäten arbeiten mit Hochdruck daran. Wie das US-Internetportal «Campusreform» berichtet, können Studenten der Oregon State University an einer «Männlichkeits-Konferenz» eine neue Männlichkeit besprechen, «die nicht durch Macht, Privilegien und Unterdrückung beschränkt ist».
Das New Yorker Ithaca College bietet den Workshop «Männlichkeit und Gewalt» an, hier studiert die künftige Elite die vorherrschende Männlichkeit («hegemonic masculinity») mit dem Ziel, «Individuen zu helfen, die Giftigkeit der Männlichkeit zu verstehen und anzuerkennen, um Gewalt zu beenden». Das psychologisch wertvollste Angebot hält die kanadische Regina-Universität bereit: Laut der Washington Times stellte sie im März «Männlichkeits-Beichtstühle» auf, wo Studenten für ihre Sünden der Männlichkeit Absolution holen konnten (es geht hier, wohlgemerkt, nicht um Sexualstraftäter oder Ähnliches). Die Quintessenz: Mann sein ist grundsätzlich etwas Negatives, eine Art böses Geschwür, wer aber ganz fest an sich arbeitet, vermag sich vielleicht zu rehabilitieren.
Dass die Bestrebungen zur Neudefinition vom Mann in Genderkreisen dringlicher scheinen als der Fokus auf tatsächliche Gewalttäter und reale soziale Nachteile, ist nicht verwunderlich angesichts ihrer These vom weissen Mann und seinen Privilegien (und der daran gekoppelten systematischen Unterdrückung der Frau), die eben nach permanenter Untermauerung verlangt. Weil sie von Akademikern stammt, hat die Idee von der toxischen Männlichkeit zwar den Anstrich von Wissenschaft.
Nur ist nirgends belegt, dass Männer mit eher männlichen Wesenszügen wie kompetitivem oder dominantem Verhalten mehr Gewalttaten verüben als die anderen, oder dass sie sich Frauen gegenüber überlegen fühlen. Auch existiert in den Augen der Professoren «toxische Weiblichkeit» anscheinend nicht – obwohl gemäss diversen Statistiken die Anzahl männlicher Opfer bei häuslicher Gewalt steigt.
Simone de Beauvoir, Feministin in einer Zeit, als die Frau als methodisches Opfer männlicher Unterdrückung tatsächlich Realität war, sagte einst: «Niemand ist den Frauen gegenüber aggressiver oder herablassender als ein Mann, der sich seiner Männlichkeit nicht ganz sicher ist.» Noch Fragen?
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