Tötungswerkzeug, Krawattennadel, Wasserpfeife
Rebellen kämpften damit für die Freiheit, Künstler ironisieren sie: die AK-47. Doch manchmal geht das popkulturelle Spiel mit dem meistverbreiteten Sturmgewehr schief.
In Moskau wurde kürzlich eine Statue für den Waffenkonstrukteur Michail Kalaschnikow enthüllt. Die 7,5 Meter hohe Bronzestandbild zeigt den 2013 Verstorbenen mit gewohnt finsterem Blick, Freizeitjacke und einer AK-47. Letztere ist Kalaschnikows bekannteste Erfindung, das weltweit meistproduzierte Sturmgewehr. Die Statue soll ihn nun als «Verkörperer der besten Eigenschaften des russischen Menschen» zelebrieren, wie Kulturminister Wladimir Medinski vor den Medien sagte.
Beobachter deuten das Ganze eher als PR-Strategie. Neben Medinski stand gestern auch Sergei Tschemesow, der Chef des Rüstungskonzerns Rostec, dem die Kalaschnikow-Fabrik gehört. Dem Konzern ging es in den letzten Jahren nicht besonders gut. Man versucht nun, aus Kalaschnikow Profit zu schlagen, indem man mit dem Namen Merchandising-Artikel und Outdoor-Ausrüstung verkauft. Dabei dürfte Rostec darauf aufbauen, dass die AK-47 nicht nur eine Jahrhundertwaffe ist, sondern längst auch fester Bestandteil der Popkultur. «New York Times»-Reporter C. J. Chivers beschrieb das Gewehr in einem Buch als eines der am schnellsten erkennbaren Objekte überhaupt. Wer kennt es nicht, das Magazin mit der Bananenkrümmung?
Saddams goldene Kalaschnikow
Geschätzte 100 Millionen Kalaschnikows soll es weltweit geben. Genaue Zahlen zu ermitteln, ist fast unmöglich – in den letzten sechs Jahrzehnten sind schlicht zu viele Lizenzprodukte und Fälschungen auf den Markt gespült worden. Die Menge allein dürfte auch nicht Hauptgrund für den popkulturellen Appeal der Waffe sein. Schlüssel ist vielmehr die Frage, wie und wo das Gewehr eingesetzt wurde.
Die AK-47 tauchte in so ziemlich jedem Volksaufstand, Unabhängigkeits-, Banden- und Drogenkrieg auf. So wurde das charakteristische Gewehr über die Jahre zum Zeichen für jegliche Form von Idealismus, Rebellion und Individualismus. Die AK-47 ziert als Erinnerung an die Freiheitsbewegung die Flagge von Moçambique und als Symbol des Widerstands jene der libanesischen Hizbollah-Miliz. Der irakische Diktator Saddam Hussein, Südamerikas Drogenbarone und die saudischen Scheichs liessen und lassen sich ihre persönlichen Kalaschnikows vergolden.
Verharmlosung, die schiefgeht
In der Populärkultur werden diese Konnotationen reproduziert. NWA rappen in «Straight Outta Compton» über die AK-47, Samuel L. Jackson lobt sie in «Jackie Brown». Designer Philippe Starck macht sie zur Tischlampe, der findige Autohändler Mark Muller als angebliches Kundengeschenk zum vielbeachteten Werbegag. Die AK-47 gibt es zudem als: Feuerzeug, Wasserpfeife, Schlüsselanhänger, Krawattennadel, Briefbeschwerer und Hussein-Replika in Gold. Die Waffe steht nun für Möchtegernrebellentum oder einen ironischen Umgang mit Diktatoren und Banditen.
Dass dies auch schiefgehen kann, zeigt das Beispiel des Modelabels Defend Paris. Basierend auf der Anti-Gentrifizierungs-Bewegung Defend Brooklyn, brachte die Marke ab 2013 T-Shirts und Pullover mit ihrem Schriftzug und einer AK-47 heraus. Die Botschaft der Label-Gründer: Die Kleidungsstücke sollten für Koexistenz und Menschenrechte werben. Doch nach den islamistischen Anschlägen von Paris im Januar 2015 wurde schnell Kritik an der verharmlosenden und ironisierenden Symbolik laut: Die Angreifer hatten an zwei Tagen siebzehn Menschen getötet. Auch mit AK-47-Gewehren.
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