Tödlicher Hass in Stadtteil PK-12
Frankreich will die militärische Verantwortung in der Zentralafrikanischen Republik so schnell wie möglich an UN-Blauhelmsoldaten abgeben. Doch die Situation ist höchst instabil.

Im Stadtteil PK-12 trennen Panzerfahrzeuge mit 90-Millimeter-Geschützen, Sandsäcke und schwer bewaffnete französische Soldaten die verfeindeten Bevölkerungsgruppen. «Momentan riskiert es keine Muslim hier vorbeizugehen, und auch kein Christ», sagt ein Offizier an dem Checkpoint in Bangui. «Wir passen auf die Leute auf, damit sie geschützt sind - jeder auf seiner Seite.» Knapp drei Monate nach Beginn des französischen Militäreinsatzes ist die Lage in der zentralafrikanischen Hauptstadt weiter explosiv. Frankreich wollte den Einsatz verlängern, will die Verantwortung aber möglichst schnell loswerden.
Nördlich des Checkpoints in PK-12 leben rund tausend Muslime in ständiger Angst vor Angriffen christlicher Milizen. Eine «muslimische Enklave», die geschützt werden muss, wie es der französische Offizier ausdrückt, das Sturmgewehr in seinen Händen. Im Süden leben tausende Christen, die die Muslime so schnell wie möglich vertreiben wollen. 80 französische Soldaten wechseln sich an dem Checkpoint rund um die Uhr ab, um blutige Zusammenstösse zu verhindern.
«Es läuft schlecht, wir können nicht einmal mehr unseren Stadtteil verlassen», sagt Gambo Liman im muslimischen Bereich nördlich des Checkpoints. Der 41-jährige Familienvater sagt, drei seiner vier Kinder seien in dem Konflikt getötet worden. Neben Liman hat ein Mann einen Holzbogen und angeblich «giftige» Pfeile bei sich, «das sind die einzigen Waffen, die wir hier haben», versichert er. Andere Männer haben griffbereit neben sich Macheten liegen.
Das mehrheitlich muslimische, inzwischen offiziell aufgelöste Rebellenbündnis Séléka hatten vor knapp einem Jahr in Zentralafrika die Macht an sich gerissen, es folgten Gräueltaten gegen Christen. Als Anti-Balaka bekannte christliche Milizen schlugen zurück, in Bangui machen sie Jagd auf muslimische Zivilisten, die sie als Unterstützer von Séléka sehen. Zehntausende Muslime flohen aus Bangui in den Norden des Landes. Vor zwei Wochen prangerte Amnesty International sogar «ethnische Säuberungen» gegen Muslime vor allem im Westen des Landes an.
Der Chef der französischen Operation Sangaris, General Francisco Soriano, weist das zurück. Er spricht vielmehr davon, dass die Gewalt seit Beginn des französischen Militäreinsatzes Anfang Dezember «radikal zurückgegangen» sei. Aussenminister Laurent Fabius gab sich überzeugt, dass Frankreichs Militäreinsatz einen «Völkermord» verhindert habe.
Doch von Stabilität kann keine Rede sein: In den vergangenen Tagen wurden in Bangui mehrere Muslime auf offener Strasse gelyncht. Bei Gefechten in der Hauptstadt wurden am Wochenende zwei Soldaten aus dem Tschad, Angehörige der 6000 Mann starken afrikanischen MISCA-Mission, getötet.
Das Parlament in Paris wollte am Abend einer Verlängerung des französischen Militäreinsatzes mit rund 2000 Soldaten zustimmen. Auch wenn die Mehrheit sicher war: Die konservative Opposition kritisiert, die Regierung habe die Brisanz der Lage «unterschätzt» und den Einsatz schlecht vorbereitet. Klar ist auch, dass es sich nicht um einen «raschen» Militäreinsatz mit baldigem Ende handelt, wie ihn Staatschef François Hollande anfangs in Aussicht gestellt hatte.
Inzwischen konnte Frankreich militärische Unterstützung mobilisieren, die EU will bald 1000 Soldaten schicken. Doch Regierungschef Jean-Marc Ayrault machte deutlich, dass Frankreich die Verantwortung so schnell wie möglich an UN-Blauhelmsoldaten abgeben will: «Die UNO muss schnell übernehmen.» Bis Blauhelmsoldaten in Zentralafrika eingreifen, dürften aber Monate vergehen - wenn der UN-Sicherheitsrat grünes Licht gibt.
Derweil stehen sich in Bangui Christen und Muslime unversöhnlich gegenüber. Im christlichen Bereich südlich des Checkpoints im Stadtteil PK-12 macht Hermann Labé keinen Hehl daraus, was er von Muslimen hält: «Das hier ist nicht ihr Land, sie müssen weggehen», sagt er. «Wir wollen in Zentralafrika kein 'Allah ist der Grösste' mehr hören.»
AFP/kle
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