Ticker zum Ukraine-KriegÜberschwemmungen erstrecken sich laut Kiew über 600 Quadratkilometer Selenski besucht Flutgebiete
Hier lesen Sie über die jüngsten Entwicklungen zum Angriff Russlands gegen die Ukraine und zur geopolitischen Grosslage, die sich verändert hat.
Mehr zur Explosion am Kachowka-Staudamm
Analyse: Welche Motive könnten hinter einer Sprengung stecken?
Ein Kriegsverbrechen? Schweizer Jurist ordnet ein
Mehr zum Krieg in der Ukraine
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Infolge des verheerenden Hochwassers nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms sind im russisch besetzten Teil des südukrainischen Gebiets Cherson mehrere Menschen ums Leben gekommen.
Der Besatzungschef der besonders betroffenen Stadt Nowa Kachowka, Wladimir Leontjew, sprach am Donnerstagvormittag im russischen Staatsfernsehen von fünf Toten. Ausserdem seien mehr als 40 Menschen verletzt worden. Unabhängig liessen sich diese Zahlen nicht überprüfen. Die Ukrainer warnen seit Tagen vor hohen Opferzahlen auf der besetzten Seite des Flusses Dnipro und werfen den Russen vor, sich nicht ausreichend um die Evakuierung der Zivilisten zu kümmern. (SDA)
Wolodimir Selenski ist in die Hochwasserregion gereist. Im Gebiet Cherson habe er sich unter anderem ein Bild von den laufenden Evakuierungen gemacht, teilte der ukrainische Präsident am Donnerstag über seinen offiziellen Telegram-Kanal und auf Twitter mit.
Er lobte die Einsatzkräfte und Freiwilligen für ihre Arbeit. Er habe in Cherson einen Ort besucht, «an dem Menschen aus überfluteten Gebieten evakuiert werden», sagte Selenski. «Unsere Aufgabe ist es, Leben zu schützen und so vielen Menschen wie möglich zu helfen.»
Er danke den Rettungskräften, den Freiwilligen und allen, die an der Arbeit beteiligt seien, sagte er weiter. Der ukrainische Präsident veröffentlichte Videos, die ihn unter anderem sichtlich bewegt zusammen mit örtlichen Beamten zeigen. (AFP)

Die Überschwemmungen durch die teilweise Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine erstrecken sich nach ukrainischen Angaben auf eine Fläche von mehreren hundert Quadratkilometern. «600 Quadratkilometer der Region Cherson stehen unter Wasser, davon 32 Prozent am rechten Ufer und 68 Prozent am linken», von Russland kontrollierten Ufer des Dnipro, erklärte der Gouverneur der Region Cherson, Oleksandr Prokudin, am Donnerstag in Onlinemedien.
Die Lage in den von den Überschwemmungen betroffenen Gebieten bezeichnete Prokudin als «extrem schwierig». Trotz der Gefahr durch die Wassermassen und schweren russischen Beschusses gingen die Evakuierungen aus dem überfluteten Gebiet weiter.

Nach Angaben des ukrainischen Katastrophenschutzes wurden bislang 1995 Menschen aus den überfluteten Gebieten in Sicherheit gebracht, darunter 103 Kinder. Auf der von der Ukraine kontrollierten Seite des Flusses wurden demnach «insgesamt 20 Ortschaften und 2629 Häuser» überflutet. Die Fluten haben zudem Teile der Regionalhauptstadt Cherson überschwemmt.
Der in russisch besetztem Gebiet liegende Kachowka-Staudamm am Dnipro war durch eine Explosion in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört worden. Grosse Mengen Wasser traten aus und überfluteten weite Gebiete der Südukraine. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für die Explosion verantwortlich, die den zu Sowjetzeiten errichteten Staudamm teilweise zerstörte. (AFP)
Am Unterlauf des Flusses Dnjepr sind zahlreiche Menschen wegen der Überschwemmungen in ihren Häusern gefangen. Die ukrainische Armee hat Videos veröffentlicht, die zeigen, wie sie per Drohnen Wasser verteilt.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die internationalen Hilfsorganisationen wegen ihrer angeblichen Passivität nach der durch eine Staudammexplosion hervorgerufenen Flutkatastrophe kritisiert. «Jeder tote Mensch ist ein Urteil für die bestehende internationale Architektur, für internationale Organisationen, die vergessen haben, wie man Leben rettet», sagte er am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache. Er machte keine Angaben, wie viele Ukrainer durch das Hochwasser ums Leben kamen.
Stattdessen sprach er von 2000 Menschen, die im ukrainischen Teil des vom Hochwasser besonders betroffenen Gebiets Cherson gerettet worden seien. Schwer sei die Lage allerdings im russisch besetzten Teil des Gebiets. Selenski warf den russischen Truppen vor, die Menschen dort im Stich zu lassen – und ukrainische Rettungsversuche zu torpedieren. In dem Zusammenhang kritisierte er internationale Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz, das seiner Ansicht nach in dieser Region aktiver sein müsste.
Die Kritik hatte der ukrainische Präsident zuvor schon im Interview von «Welt», «Bild» und «Politico» in Kiew geäussert. Den russischen Truppen auf dem von ihnen eroberten Südufer des Dnjepr-Stroms machte er schwere Vorwürfe: «Wenn unsere Kräfte versuchen, die Menschen rauszuholen, dann werden sie von den Besatzern aus der Entfernung beschossen.»
Selenski spricht mit Macron und Erdogan
Er bedankte sich aber für bilaterale Hilfszusagen aus dem Ausland. Er habe mit Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan telefoniert und konkrete Hilfsangebote besprochen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schlug eine Untersuchungskommission zur Dammexplosion vor. Erdogan habe dies am Mittwoch in separaten Telefonaten mit Kremlchef Wladimir Putin und Selenski angesprochen, teilte das Präsidialamt in Ankara mit.
Putin äussert sich erstmals nach dem Dammbruch
Putin meldete sich nach der Explosion erstmals zu Wort. Er beschuldigte die ukrainische Führung, hinter der Staudammexplosion zu stecken. Dies sei ein Beispiel dafür, dass Kiew und die Hintermänner im Westen auf eine «weitere Eskalation der Kampfhandlungen setzen, Kriegsverbrechen begehen, offen terroristische Methoden anwenden und Sabotageakte auf russischem Gebiet organisieren», hiess es in der Pressemitteilung des Kremls.
Macron verurteilte den Angriff auf den Damm und sicherte der Ukraine schnelle Hilfe zu. «Wir werden in den allernächsten Stunden Hilfe schicken, um den unmittelbaren Bedarf zu decken», sagte Macron am Mittwochabend nach dem Telefonat mit Selenski.
Wie der Élyséepalast mitteilte, werde das Krisen- und Unterstützungszentrum des Aussenministeriums schnell einen ersten Konvoi mit etwa zehn Tonnen der von den Ukrainern angeforderten Produkte im Bereich Gesundheit, Hygiene, Wasseraufbereitung und tragbare Tanks auf den Weg bringen. Auch Deutschland schickt Hilfsgüter wie Trinkwasserfilter und Stromgeneratoren sowie Unterkunftsmaterial, wie Zelte, Decken, Feldbetten.
Selenski bestreitet Beteiligung an Nordstream-Sprenung

Selenski bestreitet eine Beteiligung seiner Regierung an den Sabotage-Aktionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2. «Ich bin Präsident und ich gebe entsprechende Befehle. Nichts dergleichen hat die Ukraine getan. Ich würde nie so handeln», sagte Selenski in einem Interview von «Bild», «Welt» und «Politico». Angesprochen auf einen entsprechenden Artikel der «Washington Post» forderte er Beweise für eine ukrainische Beteiligung. In dem am Dienstag veröffentlichten Artikel hiess es, dass die US-Regierung drei Monate vor den Explosionen im September 2022 von einem europäischen Geheimdienst von einem Plan des ukrainischen Militärs erfahren habe. Ende September 2022 waren nach Explosionen nahe der dänischen Ostseeinsel Bornholm insgesamt vier Lecks an den beiden Pipelines entdeckt worden.
Russland droht mit Ende des Getreidedeals
Russland warf der Ukraine einen Anschlag auf eine Ammoniakleitung vor und drohte deswegen mit dem Ende des Getreidedeals. «Am 5. Juni um 21 Uhr hat in der Ortschaft Masjutiwka im Gebiet Charkiw ein ukrainischer Aufklärungs- und Sabotagetrupp die Ammoniak-Pipeline «Togliatti – Odessa» gesprengt», sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Mittwoch. Das russische Aussenministerium bezeichnete die Sprengung als «Schlag gegen den Getreidedeal». International gibt es Sorgen, dass mit dem Scheitern des Abkommens die Lebensmittelpreise steigen.
Gegenangriffe der Ukraine bei Bachmut
Das ukrainische Militär startete eigenen Angaben zufolge bei der kürzlich von Russland eroberten Stadt Bachmut wieder Gegenangriffe. «In Richtung Bachmut sind unsere Truppen von der Verteidigung in die Offensive übergegangen», schrieb die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Mittwoch auf Telegram. Seit Dienstag seien die eigenen Truppen in der ostukrainischen Region Donezk an verschiedenen Stellen zwischen 200 und 1100 Metern vorgerückt. Das russische Verteidigungsministerium bestätigte zwar acht ukrainische Angriffsversuche bei Bachmut, erklärte aber, alle abgewehrt zu haben. Die Angaben beider Kriegsparteien lassen sich oft nicht unabhängig überprüfen.
Was am Donnerstag wichtig wird
Die Rettungsarbeiten nach der Flutkatastrophe laufen auf Hochtouren. Es wird erwartet, dass der Wasserspiegel im Flutgebiet sich stabilisiert. Zugleich hat sich die Lage an den Frontabschnitten vielerorts verschärft. Die erwartete Grossoffensive der Ukrainer steht Experten zufolge unmittelbar bevor. Gefechte gibt es sowohl im Süden der Ukraine als auch in der Region um Bachmut. (SDA)
Nach der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms in der Südukraine sind nach Angaben russischer und ukrainischer Behörden knapp 6000 Menschen auf beiden Seiten des Flusses Dnjepr in Sicherheit gebracht worden. «Unsere Rettungskräfte, Polizisten und Freiwilligen haben bereits 1894 Bürger evakuiert», sagte der ukrainische Innenminister Igor Klymenko am Mittwochabend im Fernsehen. Der von Moskau eingesetzte Regionalgouverneur Wladimir Saldo berichtete im Onlinedienst Telegram von «mehr als 4000» evakuierten Menschen in dem von Russland besetzten Teil der Region Cherson.
Die Evakuierungen auf der von der Ukraine gehaltenen Seite des Flusses gehen laut Klymenko weiter. Insgesamt seien 30 Ortschaften überflutet, darunter zehn unter russischer Kontrolle. Es sei zu früh, über eine Rückkehr in die überschwemmten Gebiete zu sprechen, gab Saldo an. Er riet den Betroffenen, in Zentren für die vor den Fluten Geflüchteten zu warten.

In der von der Ukraine kontrollierten Stadt Cherson sahen Reporter der Nachrichtenagentur AFP, wie Rettungskräfte in kleinen Booten und mit wassertauglichen Amphibienfahrzeugen Bewohner in Sicherheit brachten. Auf russischer Seite besonders betroffen ist die Stadt Nowa Kachowka. Russische Behörden kündigten an, dort am Donnerstag mit dem Abpumpen des Wassers beginnen zu wollen. (AFP)
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Russland hat der Ukraine einen Anschlag auf eine Ammoniakleitung vorgeworfen und deswegen mit dem Ende des Getreidedeals gedroht. «Am 5. Juni um 21 Uhr hat in der Ortschaft Masjutiwka im Gebiet Charkiw ein ukrainischer Aufklärungs- und Sabotagetrupp die Ammoniak-Pipeline «Togliatti – Odessa» gesprengt», sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Mittwoch. Das russische Aussenministerium bezeichnete die Sprengung als «Schlag gegen den Getreidedeal». International gibt es Sorgen, dass mit dem Scheitern des Abkommens die Lebensmittelpreise steigen.
Ammoniak ist ein giftiges Gas, das zu Düngemitteln verarbeitet wird. Russland ist einer der grössten Ammoniak-Produzenten und -Exporteure. Eine schon zu Sowjetzeiten gebaute Leitung von Togliatti an der Wolga in die südukrainische Hafenstadt Odessa wurde nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine stillgelegt. Russland hat in den vergangenen Monaten mehrfach darauf gedrungen, die Wiederinbetriebnahme der Leitung zum Teil des Abkommens zu machen.
«Das Kiewer Regime hat nicht nur einfach physisch die Möglichkeit für Ammoniaklieferungen beseitigt, der Schlag wurde auch gegen die gemeinsamen Anstrengungen bei der Hilfe notleidender Länder und im Kampf gegen Hungersnöte geführt», kritisierte die Sprecherin des Aussenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa. Auch die Bemühungen von UNO-Generalsekretär António Guterres, der Ammoniaklieferungen in den Getreidedeal integrieren wollte, seien sabotiert worden. Insgesamt werde das Abkommen dadurch entwertet. (SDA)
Die Flutkatastrophe in Folge der Staudamm-Zerstörung am Dienstag hat mehr als 20 Museen und Kulturstätten der südukrainischen Region Cherson getroffen. Das ukrainische Kulturministerium veröffentlichte am Mittwoch eine Liste der Kulturobjekte, die durch die Flutwellen beschädigt oder gänzlich ruiniert sein sollen. Die meisten davon befinden sich demnach auf der südlichen, von Russland besetzten, Seite des Dnjepr-Flusses. Die ukrainische Staatsagentur für Tourismusentwicklung veröffentlichte am Mittwoch zudem eine Karte mit Sehenswürdigkeiten und Naturerholungsgebieten, die als Folge der Flutkatastrophe nun bedroht sind.
Den Angaben des Ministeriums zufolge gehören zu den gefährdeten Objekten unter anderem die im 14. Jahrhundert gegründete Festung Tjahyn oder die sogenannte Ponjatiwske-Siedlung der Eisenzeit (4. Jahrhundert v. Chr.). Über Schäden in den Museen in Cherson sei nichts bekannt.
Das Kunstmuseum von Cherson wurde im vergangenen Jahr Opfer von Plünderungen durch russische Soldaten. Das Museum berichtete im November auf seiner Facebook-Seite über den Abtransport von mehreren Lastwagen voller Kunstgegenstände durch fliehende russische Besatzer. (SDA)
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms hat das Hochwasser laut ukrainischen Behörden Minen vom Ufer des Dnjepr weggeschwemmt. Das führe zu erhöhter Lebensgefahr für die Zivilbevölkerung, sagte der stellvertretende Leiter der Regionalverwaltung von Cherson, Juri Sobolewski, der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform am Mittwoch. Andere Regionen der Ukraine hätten bereits Sprengstoffexperten in die Gegend entsandt, um bei der Beseitigung der Minen zu helfen.
Auf die Frage nach konkreten Folgen der Flut-Katastrophe antwortete Sobolewski, dass es derzeit noch keine vollständige Übersicht über das Ausmass der Zerstörung gebe. Die Auswirkungen der Katastrophe auf die Umwelt seien jedoch «kolossal». Seinen Aussagen zufolge wird der Wasserspiegel im Kachowka-Stausee langfristig sinken, was das Ökosystem der gesamten Südukraine negativ beeinflussen würde. Schon jetzt stelle die Versorgung der lokalen Bevölkerung mit Trinkwasser ein zunehmendes Problem dar, so Sobolewski.

Nach der Zerstörung des Damms am Dienstag soll der Wasserspiegel stellenweise um mehrere Meter gestiegen sein. Nun gab der ukrainische Beamte an, dass der Pegel an einigen Orten bereits geringfügig gesunken sei. Jedoch sollen laut seinen Aussagen viele Ortschaften nach dem Rückgang des Wassers nur noch beschränkt oder gar nicht nutzbar sein. (SDA)
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Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Ukraine für die Explosion am Kachowka-Staudamm verantwortlich gemacht. In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme zum Bruch des Damms in der Südukraine sprach Putin am Mittwoch von einer «barbarischen Tat» Kiews. Dadurch sei «eine ökologische und humanitäre Katastrophe grossen Ausmasses» verursacht worden, sagte Putin nach Angaben des Kreml in einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Der am Fluss Dnjepr in russisch kontrolliertem Gebiet gelegene Staudamm war bei der Explosion in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört worden, grosse Mengen Wasser traten aus. Auf beiden Seiten des Flusses wurde die Evakuierung zehntausender Menschen eingeleitet. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für den Angriff verantwortlich. (AFP)
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Russland hat der Ukraine vorgeworfen, eine wichtige Ammoniak-Pipeline gesprengt zu haben. Eine «ukrainische Sabotage- und Aufklärungsgruppe» habe die seit derzeit nicht genutzte Ammoniak-Pipeline Togliatti-Odessa «gesprengt», erklärte das Verteidigungsministerium am Mittwoch in Moskau. Es habe sich um einen «Terrorakt» gehandelt, mehrere Zivilisten seien verletzt worden.
Den russischen Angaben zufolge ereignete sich der Vorfall am Montagabend nahe eines Dorfes in der nordöstlichen Region Charkiw in der Ukraine, welche die ukrainischen Truppen im vergangenen Herbst grösstenteils zurückerobert hatte.
Die Amoniak-Pipeline misst insgesamt rund 2500 Kilometer. Sie verbindet die russische Stadt Togliatti an der Wolga mit dem Hafen der ukrainischen Stadt Odessa am Schwarzen Meer. Mit Beginn der russischen Militäroffensive in der Ukraine wurde ihr Betrieb suspendiert.
Russland nutzte die Pipeline bis dahin zum Export von Ammoniak. Mit ihrer Hilfe wurden jährlich mehr als 2,5 Millionen Tonnen Ammoniak transportiert, das ein wichtiger Bestandteil von Düngemitteln ist. (AFP)
Der russische Besatzungschef im südukrainischen Gebiet Cherson, Wladimir Saldo, sieht nach der Zerstörung des Staudamms einen militärischen Vorteil für die eigene Armee.
«Aus militärischer Sicht hat sich die operativ-taktische Situation zugunsten der Streitkräfte der Russischen Föderation entwickelt», sagte Saldo am Mittwoch im russischen Staatsfernsehen angesichts des verheerenden Hochwassers, das der Dammbruch in der Region ausgelöst hat. «Sie können nichts machen», so seine Sicht auf die ukrainischen Truppen, die eine Gegenoffensive zur Befreiung der besetzten Gebiete planen.

Angesichts des um ein Vielfaches seiner eigentlichen Grösse angeschwollenen Flusses Dnjepr sagte Saldo: «Für unsere Streitkräfte hingegen öffnet sich jetzt ein Fenster: Wir werden sehen, wer und wie versuchen wird, die Wasseroberfläche zu überqueren.»
Mehr als 15 Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine war am frühen Dienstagmorgen in der Stadt Nowa Kachowka der grosse Damm zerstört worden. Die Ukraine zeigte sich überzeugt, dass Russland die Anlage, die es bereits seit Monaten besetzt hält, gezielt gesprengt habe – und zwar um die ukrainische Gegenoffensive auszubremsen. Zugleich betonte Kiew, dass die eigenen militärischen Pläne trotzdem umgesetzt werden könnten. Moskau wiederum wies die Vorwürfe zurück und schob die Schuld für die Staudamm-Katastrophe der Ukraine zu. (SDA)
Nach der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms hat der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal Russland einen «Ökozid» und «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» vorgeworfen. Russland habe «eine der schlimmsten Umweltkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte ausgelöst», sagte Schmyhal am Mittwoch per Videoschalte aus der Ukraine bei einem Ministertreffen der OECD in Paris.
In Dutzenden Dörfern und Städten seien Probleme mit der Trinkwasserversorgung und bei der Bewässerung der Felder zu befürchten, sagte er. «Dies bedroht die globale Ernährungssicherheit.»
Der in russisch besetztem Gebiet liegende Kachowka-Staudamm am Dnjepr in der Ukraine war bei einer Explosion in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört worden, grosse Mengen Wasser traten aus. Auf beiden Seiten des Flusses wurde die Evakuierung zehntausender Menschen eingeleitet. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für den Angriff verantwortlich. (AFP)
Die Welternährungsorganisation (WFP) warnt nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine vor verheerenden Konsequenzen für hungernde Menschen weltweit. Denn wegen der Überflutung dürften tausende Hektar Getreide vernichtet werden.
«Die massiven Überflutungen vernichten neu angepflanztes Getreide und damit auch die Hoffnung für 345 Millionen Hungerleidende auf der ganzen Welt, für die das Getreide aus der Ukraine lebensrettend ist», sagte der Leiter des Berliner WFP-Büros Martin Frick der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.
Nach der Zerstörung des Staudamms im Süden der Ukraine rechnet das ukrainische Agrarministerium ersten Schätzungen zufolge mit der Überschwemmung von etwa 10'000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche am nördlichen Ufer des Dnjepr in der Region Cherson. Am südlichen Ufer, im russisch besetzten Gebiet werde ein Vielfaches dieser Fläche überflutet, teilte das Ministerium am Dienstagabend auf seiner Webseite mit.
Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld an der Zerstörung des Stausees, beide Seiten sprechen von einem «Terroranschlag» und einer beispiellosen Katastrophe für die Umwelt.

Frick betonte: «Die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel befinden sich nach wie vor auf einem 10-Jahreshoch.» Die Zerstörung des Staudamms dürfe keine weiteren Preisexplosionen nach sich ziehen. «Noch mehr Leid können wir uns nicht leisten.» (SDA)
UNO-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hat vor den Folgen der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine für die Menschen im Land gewarnt. «Die heutige Nachricht bedeutet, dass sich die Notlage der Menschen in der Ukraine noch verschlimmern wird», sagte Griffiths am Dienstag auf einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates.
Die Teilzerstörung werde «schwerwiegende und weitreichende Folgen für tausende Menschen auf beiden Seiten der Front in der Südukraine durch den Verlust von Häusern, Lebensmitteln, sauberem Wasser und Lebensgrundlagen haben», fuhr der UN-Nothilfekoordinator fort. Sie sei zudem ein «massiver Schlag» für die Nahrungsmittelproduktion in der Region und berge erhebliche Risiken, dass Minen und Sprengstoffe durch das Wasser in Gebiete gelangten, die vorher als sicher galten.
Bei der Sitzung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen beschuldigten Vertreter Russlands und der Ukraine die jeweils andere Seite, für die Zerstörung verantwortlich zu sein.
Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensja sagte, die Explosion am Staudamm sei auf eine «vorsätzliche Sabotage durch Kiew» zurückzuführen. Es seien «das kriminelle Kiewer Regime» und der Westen, die die «volle Verantwortung für die sich entwickelnde Tragödie tragen».
Der ukrainische Gesandte Serhij Kyslyzja sagte wiederum, Moskau gebe «dem Opfer die Schuld für seine eigenen Verbrechen». Die Explosion am Staudamm sei ein «Akt des ökologischen und technologischen Terrorismus», sagte er vor dem UN-Sicherheitsrat.
Der in russisch besetztem Gebiet liegende Kachowka-Staudamm am Dnjepr in der Ukraine war bei einer Explosion in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört worden, grosse Mengen Wasser traten aus. Auf beiden Seiten des Flusses wurde die Evakuierung zehntausender Menschen eingeleitet. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für den Angriff verantwortlich. (AFP)
Ukrainischen Angaben zufolge sollen nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms rund 42'000 Menschen von Überschwemmungen bedroht sein.

Nach der Teilzerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine ist am Mittwoch der Wasserstand in den flussabwärts des Damms gelegenen Flutgebieten am Ufer des Dnjepr weiter angestiegen. Am schwierigsten sei die Lage im Viertel Korabel in der Grossstadt Cherson, erklärte der stellvertretende Kabinettschef des ukrainischen Präsidenten, Oleksij Kuleba. Das Wasser habe dort einen Stand von 3,5 Metern erreicht, mehr als 1000 Häuser seien überflutet. USA und Grossbritannien erklärten unterdessen, sie hätten noch keine Beweise dafür, wer für die Zerstörung des Staudamms verantwortlich sei. (AFP)

Die Ukraine wird sich laut Präsident Wolodimir Selenski auch durch die Explosion des Staudamms am Dnjepr im Süden des Landes nicht an der Rückeroberung besetzter Gebiete hindern lassen. «Die von russischen Terroristen verursachte Katastrophe im Wasserkraftwerk Kachowska wird die Ukraine und die Ukrainer nicht aufhalten», sagte Selenski am Dienstag in seiner abendlichen Videobotschaft.
Nach Darstellung Selenskis diente die Sprengung des Staudamms dazu, die ukrainische Gegenoffensive auszubremsen. «Wir werden trotzdem unser gesamtes Land befreien», kündigte er an. Solche Attacken könnten Russlands Niederlage nicht verhindern, sondern führten nur dazu, dass Moskau am Ende einen höheren Schadenersatz zahlen müsse. Der ukrainische Generalstaatsanwalt habe sich bereits an den Internationalen Strafgerichtshof mit der Bitte um eine Untersuchung der Explosion gewandt.
Den Menschen in der Region sagte Selenski derweil Hilfe zu. Die Regierung tue alles, um Hochwasseropfer zu retten und die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen. Der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, warf Russland ein «beispielloses Kriegsverbrechen» vor.
Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat in New York
Vor dem UN-Sicherheitsrat in New York wiesen sich Kiew und Moskau gegenseitig die Schuld für die Zerstörung des Kachowka-Staudamms zu. Der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kislizia sprach am Dienstag bei einer kurzfristig einberufenen Dringlichkeitssitzung von einem «Akt des ökologischen und technologischen Terrorismus». Die Sprengung sei «ein weiteres Beispiel für den Völkermord Russlands an den Ukrainern.» Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte dagegen, dass der Vorfall auf «vorsätzliche Sabotage Kiews» zurückzuführen und wie ein Kriegsverbrechen einzuordnen sei. Der Staudamm sei für ein «unvorstellbares Verbrechen» benutzt worden.
Kurz vor der Sitzung des UN-Sicherheitsrates hatte bereits das russische Aussenministerium die Ukraine beschuldigt, den Kachowka-Staudamm zerstört zu haben und seinerseits von Terrorismus gesprochen. «Der Vorfall ist ein Terroranschlag, der sich gegen zutiefst zivile Infrastruktur richtet», heisst es in einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung der Behörde. Russland habe die Sitzung des UN-Sicherheitsrats initiiert, um die von Kiew ausgelöste grosse «humanitäre und ökologische Katastrophe» zu verurteilen.

Kiew habe den Staudamm nicht nur beschossen, sondern den Wasserstand durch die vorherige Öffnung einer Schleuse am Oberlauf des Dnjepr auf ein kritisches Niveau angehoben. Durch den Dammbruch würden die Landwirtschaft und das Ökosystem der Region Cherson geschädigt und die Wasserversorgung der Krim beeinträchtigt.
Die 2014 von Russland annektierte Krim erhält Wasser aus dem Dnjepr über einen Kanal. Wurde dieser nach 2014 zwischenzeitlich trockengelegt, so hat Russland nach der Besetzung des Kachowka-Staudamms auch den Kanal Richtung Krim für die Bewässerung der Halbinsel wieder geöffnet.
Überschwemmungen auch in russisch besetztem Gebiet
Selenski wiederum präsentierte in seiner Videobotschaft eine Begründung dafür, warum Russland die von ihr kontrollierte Halbinsel Krim mit solch einer Sprengung von der Wasserversorgung abschneide.

Nach der Explosion des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine rechnet das ukrainische Agrarministerium ersten Schätzungen zufolge mit der Überschwemmung von etwa 10'000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche am nördlichen Ufer des Dnjepr in der Region Cherson. Am südlichen Ufer, im russisch besetzten Gebiet werde ein Vielfaches dieser Fläche überflutet, teilte das Ministerium am Dienstagabend auf seiner Webseite mit. Detaillierte Informationen sollen demnach in den kommenden Tagen bekannt gegeben werden, wenn sich das Ministerium ein genaues Bild von der Lage gemacht habe.
Zudem werde «die von Menschen verursachte Katastrophe die Wasserversorgung von 31 Feldbewässerungssystemen in den Regionen Dnipropetrowsk, Cherson und Saporischschja zum Erliegen bringen», so das Ministerium. «Die Zerstörung des Wasserkraftwerks Kachowka wird dazu führen, dass sich die Felder im Süden der Ukraine bereits im nächsten Jahr in Wüsten verwandeln könnten», hiess es weiter.
Hilfe aus Frankreich und Deutschland
Frankreich hat der Ukraine nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms Unterstützung angeboten. «Frankreich hält sich bereit, den ukrainischen Behörden Hilfe zu leisten, um auf die Folgen der teilweisen Zerstörung des Damms zu reagieren», hiess es in einem Schreiben des französischen Aussenministeriums vom Dienstagabend. Man sei wegen der humanitären und ökologischen Auswirkungen sowie der Folgen für die Sicherheit des Atomkraftwerks Saporischschja sehr besorgt. Die Zerstörung bezeichnete Frankreich als «besonders schwere Tat». «Sie illustriert erneut die tragischen Konsequenzen eines Überfalls, für den Russland die alleinige Verantwortung trägt.»
Auch die deutsche Bundesregierung hat der Ukraine Hilfe angekündigt. Deutschland werde der Ukraine zur Seite stehen, um diese Katastrophe inmitten des von Russlands Präsidenten Wladimir Putin geführten Angriffskrieges zu bewältigen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser am Dienstag. Man wolle vor allem dabei helfen, evakuierte Menschen versorgen zu können.
Die russische Führung will derweil nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms UN-Hilfskräfte nur dann auf das von Moskau kontrollierte Gebiet lassen, wenn sie über Russland dorthin reisen.

Zugang sei den Hilfskräften «erlaubt, sofern sie aus dem richtigen Gebiet einreisen.» Nebensja liess zudem durchblicken, dass er eine unabhängige Untersuchung zu den Hintergründen der Zerstörung befürworten würde.
Was am Mittwoch wichtig wird
Das Hochwasser nach dem Dammbruch in Kachowka wird flussabwärts grosse Überschwemmungen hervorrufen. Rettungskräfte müssen Dutzende Ortschaften evakuieren, um die Menschen in der Region zu retten.
Die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine für Umwelt und Klima interessieren auch die Wissenschaft. Erkenntnisse zu den direkten und indirekten Emissionen des Krieges wollen Forscher bei den UN-Klimaverhandlungen in Bonn vorstellen. (SDA)
Die Schweiz hat sich tief besorgt über den Angriff auf den Kachowka-Staudamm im Süden der Ukraine geäussert. Systematische militärische Angriffe auf zivile Infrastruktur seien inakzeptabel, heisst es in einer per Twitter veröffentlichten Reaktion des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA).
Die Angriffe auf zivile Infrastruktur stellten eine schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts dar. Sie müssten sofort eingestellt werden.
Neben den kurzfristigen Schäden sei die Schweiz über die Konsequenzen für die Umwelt, die Nahrung- und Energiesicherheit besorgt, hiess es in einem in der Nacht auf Mittwoch veröffentlichtem Redetext der Schweizer Vertretung im Uno-Sicherheitsrat. Die Verantwortlichen müssten ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Der Uno-Sicherheitsrat hatte kurzfristig eine Dringlichkeitssitzung in New York einberufen. (SDA)
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine haben sich Kiew und Moskau vor dem UN-Sicherheitsrat gegenseitig die Schuld zugewiesen.

Serhij Kislizia sprach am Dienstag bei einer kurzfristig einberufenen Dringlichkeitssitzung in New York von einem «Akt des ökologischen und technologischen Terrorismus». Die Sprengung sei «ein weiteres Beispiel für den Völkermord Russlands an den Ukrainern.»
Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja sagte dagegen, dass der Vorfall auf «vorsätzliche Sabotage Kiews» zurückzuführen und wie ein Kriegsverbrechen einzuordnen sei. Der Staudamm sei für ein «unvorstellbares Verbrechen» benutzt worden. (SDA)
SDA/AFP/Redaktion Tamedia
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