Thailändische Regierung ruft Notstand aus
In den letzten zwei Jahren unter Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra war es in Thailand relativ ruhig. Jetzt bricht der Konflikt zwischen den Gegnern und Anhängern ihres ins Exil geflüchteten Bruders offen aus.
Sie tragen nicht mehr gelbe Hemden, doch ihr Eifer ist geblieben: Tausende Demonstranten wollen die Regierung der thailändischen Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra zum Rücktritt zwingen. Sie legten den Verkehr in Bangkok lahm und drangen ins Machtzentrum vor.
Hunderte Gegner des regierenden Shinawatra-Clans stürmten das Finanzministerium und besetzten das Gelände des Aussenministeriums. Zudem wurden mehr als ein Dutzend weitere Regierungsgebäude sowie Fernsehsender, Kasernen und Polizeiwachen belagert.
Nach Angaben eines Aussenministeriumssprechers rissen die Demonstranten das Tor zum Ministeriumskomplex nieder, drangen aber in keines der Gebäude ein. Mitarbeiter des Ministeriums wurden demnach von den Eindringlingen zum Verlassen der Anlage aufgerufen und angewiesen, auch am Folgetag nicht zum Dienst zu erscheinen.
Notstandsrecht ausgedehnt
Auf dem Gelände des Finanzministeriums schwenkten derweil hunderte Demonstranten Fahnen und tanzten. Nach Regierungsangaben wurden in der Protestzone zudem Waffen und Munitionsvorräte gefunden. «Morgen werden wir alle Ministerien stürmen», drohte der Anführer der Proteste, Suthep Thaugsuban. «Das System Thaksin kann nicht länger funktionieren.»
Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra dehnte das in Teilen Bangkoks geltende Notstandsrecht daraufhin auf das gesamte Metropolgebiet aus. Damit können die Behörden nun Strassen absperren, Ausgangssperren verhängen und die Nutzung elektronischer Geräte in bestimmten Gegenden verbieten.
In drei Bezirken Bangkoks gilt bereits seit August, als es dort zu Unruhen kam, das Notstandsgesetz. Das Notstandsgesetz gilt auch für die Flughäfen der Stadt. 2008 hatten Gegner Thaksin zunächst das Büro des Ministerpräsidenten für drei Monate und schliesslich auch die zwei Flughäfen der Stadt eine Woche lang besetzt.
Rücktritt abgelehnt
Nach Einschätzung des Politikexperten Thitinan Pongsudhirak von der Chulalongkorn-Universität in Bangkok wird es angesichts der von zehntausenden Demonstranten getragenen Proteste «für Yingluck sehr schwierig, im Amt zu bleiben» oder auch nur politische Vorhaben durchzusetzen.
Einen Rücktritt lehnte die Ministerpräsidentin indes ebenso ab wie die Auflösung des Parlaments. «Die Regierung wird geltendes Recht durchsetzen, aber keine Gewalt gegen das Volk anwenden», versprach die 46-jährige Ex-Unternehmerin. Sie bat das Volk darum, «sich den illegalen Protesten nicht anzuschliessen und das Gesetz zu respektieren».
Die Demonstranten werfen der Regierung Korruption vor und verlangen ihren Rücktritt. Am Sonntag brachte die Opposition 100'000 Menschen auf die Strasse. Tags darauf korrigierten die Behörden die Zahl der Teilnehmer gar auf 180'000 nach oben. Es waren die grössten Strassenproteste seit 2010, als 92 Menschen ums Leben kamen. Regierungsanhänger versammelten 40'000 Anhänger in einem Stadion.
Für oder gegen Thaksin
Die beiden Lager spalten sich an dem 2006 gestürzten Regierungschef Thaksin Shinawatra. Seine Anhänger tragen rote T-Shirts («Rothemden»). Dazu gehören weite Teile der ländlichen Bevölkerung, die Thaksin mit populistischen Massnahmen für sich gewann. Thaksin und ihm nahestehende Regierungen haben seit zehn Jahren alle Wahlen gewonnen.
Zur Zeit regiert seine Schwester Yingluck, die Rothemden sind also heute Regierungsanhänger. Bei den blutigen Demonstrationen 2010 waren sie Regierungsgegner, weil damals die Opposition nach Machtspielen in Parlament vorübergehend regierte.
US-Regierung ruft zu Zurückhaltung auf
Die Thaksin-Gegner waren früher Gelbhemden. Die Bewegung hat sich aufgelöst. Die heutigen Regierungsgegner schmücken sich mit Halsbändern in den Farben der thailändischen Flagge: blau, weiss und rot. Sie sind Anhänger der alten Ordnung. Ein vor allem in Bangkok mächtiger Elitekreis bestimmte vor Thaksin Jahrzehnte die Geschicke des Landes. Die Opposition befürchtet, dass ein umstrittener Amnestieplan der Regierung auch Thaksin zu Gute kommen könnte, der in Dubai im Exil lebt. Zwar wurde das Gesetz vom Senat kürzlich abgewiesen, doch dauern die Proteste an.
Die US-Regierung rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. «Gewalt und die Besetzung öffentlichen oder privaten Besitzes sind keine akzeptablen Mittel zur Beilegung politischer Differenzen», sagte Aussenamtssprecherin Jen Psaki.
SDA/kpn/ajk
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