Teures Vergnügen im Ausland
Telefonieren und surfen in den Ferien wird günstiger – das Schweizer Preisniveau steht aber immer noch in der Kritik

Exakt ein Jahr und ein Tag nach dem Ende der Roaminggebühren in der EU gehören die Zusatzkosten fürs Telefonieren und Surfen im Ausland in der Schweiz weiterhin zum Alltag. Für Kunden der Schweizer Anbieter wird das auch auf absehbare Zeit weiterhin so bleiben, sagt der Telekomexperte des Online-Vergleichsdienstes Moneyland, Ralf Beyeler, im Gespräch mit der BaZ. «In den kommenden fünf bis zehn Jahren wäre es eine extrem grosse Überraschung, wenn die Roaminggebühren abgeschafft würden», sagt Beyeler. Telefonieren und Surfen mit dem Handy im Ausland ist trotz der Tarifsenkungen in den vergangenen Jahren auch heute in vielen Fällen immer noch teuer, wie Beyeler betont. Er rät Kunden dazu, sich bereits vor Antritt einer Reise zu informieren und die preisgünstigeren Roaming-Optionen zu buchen.
«Mit exorbitanten Standardtarifen zocken die Telekom-Firmen ihre Kunden ab», kritisiert Beyeler die etablierten Unternehmen. Allerdings räumt er auch ein, dass sich heute preissensible Kunden vorab gegen die hohen Kosten wappnen können. Fallen dennoch hohe Kosten an, liegt das auch am Kunden: «Diese Kunden wollen sich oft nicht im Vorhinein um das Thema kümmern und Preislisten wälzen.»
Regulierung gefordert
Beyeler kritisiert dennoch, dass es weiterhin möglich sei, mehrere Hundert Franken Preisdifferenzen zu riskieren, wenn man unwissentlich im falschen Tarif im Ausland telefoniere. In vielen Fällen lassen sich die Kosten demnach mit einer Roaming-Sprachoption oder einem entsprechenden Datenpaket gegenüber den Standardtarifen um mehr als 90 Prozent reduzieren.
«Warum dürfen Anbieter solche Wege der Gewinnmaximierung nutzen?», fragt Beyeler an die Adresse der Politik. Dort wird über die Abschaffung der Gebühren immer wieder diskutiert, nicht erst seit die Bündner Regierung im vergangenen August dies aus touristischen Erwägungen forderte – und eine Anbindung an das Europäische Abkommen favorisierte. Aktuell liegt der Ball beim Bundesrat, nachdem die Kommission für Fernmeldewesen (NR) einer Parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP) im Februar überraschend zugestimmt hatte. Die Initiative fordert eine Regulierung der Roaming-Tarife durch die Landesregierung. Derzeit werde das Thema im Zusammenhang mit der Revision des Fernmeldegesetzes geprüft, sagte Schneider-Schneiter der BaZ.
Für Kunden bleibt vorerst nur der Weg, sich auf Reisen vorzubereiten: Allerdings ist es mit der Wahl eines Roamingpakets manchmal nicht getan. Schweizer Telekom-Anbieter stellen ihren Kunden unangenehme Kostenfallen, wie Moneyland festhält. Fast alle Anbieter beschränken demnach die Gültigkeit von Roaming-Datenpaketen. Viele Pakete seien nur bis zu 30 Tage nach deren Aktivierung verfügbar. «Die Branche sollte dieses Problem endlich angehen und Roaming-Pakete ohne Verfallsdatum offerieren», fordert Ralf Beyeler. Bislang bietet einzig der kleine Anbieter SimplyMobile Datenpakete an, die nicht verfallen, lobt Beyeler die Marke vom Branchenprimus Swisscom.
Eine «weitere Kostenfalle» hat Beyeler im Blick, wenn er moniert, dass sich viele Roaming-Optionen beispielsweise für Telefonate verlängern, wenn die Kunden nicht rechtzeitig kündigen. Wer das nicht tut, bezahlt Monat für Monat eine Extra-Grundgebühr, natürlich auch, wenn die Kunden längst wieder in der Schweiz sind. «Die automatische Verlängerung ist eine Strategie, mit der man die Handhabung der Optionen unnötig mühsam macht», sagt Beyeler.
Allerdings sind Swisscom, Salt und Sunrise inzwischen mit Angeboten am Markt, die sich nicht automatisch verlängern. Swisscom biete die Option beispielsweise in zwei Varianten an, in der Regel kaufen Privatkunden die Version, die sich nicht automatisch verlängert, so Beyeler.
Wer auf seine Kosten achtet und als typischer Ferienreisender lediglich ein- oder zweimal im Jahr im Ausland weilt, den warnt Beyeler vor dem so genannten Inklusiv-Roaming: «Diese Angebote sind häufig nicht für den Privatkunden geeignet, sondern eher für Geschäftskunden.» Ein kritischer Punkt: Die eingeschlossene Telefonie und Datenmengen sind längst nicht in allen Ländern nutzbar. Meist würden nur die Leistungen in europäischen Ländern abgedeckt. Die Datenmenge für das Surfen im Ausland sei meist limitiert – das bei vergleichsweise höheren Kosten als bei Abos ohne Inklusiv-Roaming.
Vorsicht geboten
Prüfen sollten solche Tarife jedoch Kunden, die in Grenzlagen wohnen: Wenn sich das Smartphone in ausländische Netze einwählt und beispielsweise das Roaming nicht deaktiviert ist, können unbeabsichtigt hohe Kosten anfallen.
Eine genaue Prüfung, welcher Tarif oder welche Option geeignet ist, empfiehlt Beyeler grundsätzlich allen Reisenden: Zwar blockieren alle Anbieter Telefonate und den Datenzugriff im Ausland, doch Kontrolle ist besser, rät Beyeler, der einen eigenen Roaming-Rechner Moneyland.ch empfiehlt. Auch Dschungelkompass.ch bietet diesen Service an.
Vor hohen Rechnungen schützen auch einige Verhaltensweisen: Vorsicht ist beispielsweise beim Streaming von Youtube, TV oder Musikdiensten wie Spotify angesagt und auch bei Navigation-Apps. Reisende sollten, wenn möglich, im Wlan eines Hotels oder eines Cafés surfen.
Die Combox sollte für die Ferienzeit ebenfalls deaktiviert werden. Telefonate oder Videoanrufe lassen sich mit den meisten gängigen Messenger-Apps tätigen – so bleibt die Freude über den Kontakt in die Heimat auch dann ungetrübt, wenn nach den Ferien die Rechnung vom Mobilfunkanbieter ins Haus flattert.
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