Tempo 80 auf Autobahnen gegen Stau
Der Bundesrat will Pannenstreifen freigeben, statt die Autobahnen auszubauen.
Verkehr Von Markus Brotschi, Bern Während 16 000 Stunden staute sich 2010 auf Schweizer Autobahnen der Verkehr. Für 2011 werde die Bilanz ähnlich ausfallen, sagte Verkehrsministerin Doris Leuthard gestern. In zwanzig Jahren werden laut Prognosen 30 Prozent des 1900 Kilometer langen Nationalstrassennetzes überlastet sein. Nun will der Bundesrat vor allem auf der Hauptachse A 1 zwischen Winterthur und Genf sowie rund um die Agglomerationen den Verkehrsfluss erhöhen. Eigentliche Ausbauten sind jedoch nur punktuell geplant, hingegen werden Pannenstreifen für den Verkehr freigegeben. «Das spart Land», sagte Leuthard. Bis 2020 sollen auf 125 Kilometer Autobahn zusätzliche Fahrspuren zur Verfügung stehen, die nach Bedarf geöffnet werden. Gleichzeitig wird auf diesen Abschnitten die Höchstgeschwindigkeit von 120 auf 100 oder 80 km/h reduziert. Begründet wird dies einerseits mit der Verkehrssicherheit, weil der Pannenstreifen fehlt. Wissenschaftliche Studien haben andererseits ergeben, dass Autobahnen die maximale Kapazität bei einer Geschwindigkeit von 85 km/h erreichen. In einem Pilotversuch in der Agglomeration Lausanne hat sich die Staubekämpfung mit Temporeduktion und befahrbarem Pannenstreifen bewährt. Tempo 80 für Bern–Zürich? Verkehrsleitsysteme, die bei hohem Verkehrsaufkommen tiefere Tempolimiten anzeigen, werden in den nächsten Jahren auf über 300 Kilometern installiert. 85 Kilometer sind bereits ausgerüstet. Somit kann mit automatisierten Systemen bald einmal auf Autobahnabschnitten von insgesamt 400 Kilometern nach Bedarf die Geschwindigkeit gedrosselt werden. Ergänzend wird der Bundesrat das Überholverbot für Lastwagen ausweiten, da diese mit «Elefantenrennen» häufig die linke Fahrspur blockieren. Zusätzliche Spuren werden nur auf wenigen Abschnitten gebaut. Bereits beschlossen hat das Parlament dies auf der A 1 zwischen Härkingen und Wiggertal, Blegi und Rütihof sowie auf der Nordumfahrung Zürich und bei Crissier VD. Das kostet 1,36 Milliarden Franken. Dazu kommen nun in der Agglomeration Zürich die Glattalautobahn und in der Westschweiz die Umfahrung Morges. Für weitere Spurerweiterungen stehen noch 4 Milliarden Franken zur Verfügung. Bundesrat und Parlament werden entscheiden müssen, welche Autobahnabschnitte damit auf sechs Spuren ausgebaut werden. Für den Automobilverband TCS sind temporäre Temporeduktionen und die Benutzung der Pannenstreifen akzeptable Massnahmen. Kritischer reagiert der Verband ACS. Direktor Niklaus Zürcher befürchtet, dass bald einmal für die ganze A 1 zwischen Bern und Zürich Tempo 80 gilt. Die Kapazitätserweiterung durch Temporeduktionen komme einem Qualitätsabbau gleich. Letztlich führe bei den überlasteten Abschnitten nichts an einem Ausbau vorbei. Gleich reagiert SVP-Verkehrsexperte Ulrich Giezendanner. Der Bundesrat verweigere den parlamentarischen Auftrag, die Engpässe im Nationalstrassennetz zu beseitigen, kritisiert der Aargauer Nationalrat. Die Räte haben der entsprechenden Motion Giezendanners zugestimmt. Vignette bald 100 Franken Auf dem Papier wird das Nationalstrassennetz in den nächsten Jahren dennoch um 376 Kilometer erweitert. Es handelt sich um kantonale Strassen, die in die Verantwortung des Bundes übergehen. Dazu gehören die Autobahnen im Zürcher Oberland sowie zwischen Schönbühl und Biel. Die Kosten von 275 Millionen für Unterhalt und Ausbau dieser Strassen will der Bund über die Autobahnvignette finanzieren. Diese soll künftig 100 statt 40 Franken kosten. Zusätzlich wird eine Kurzzeitvignette für 40 Franken eingeführt. Die Erhöhung muss noch vom Parlament bewilligt werden. Sie wird von den Automobilverbänden sowie von FDP und SVP bekämpft. Weiterer Bericht Seite 17 Auf der A 1 bei Genf staut sich der Verkehr vor der französischen Grenze. Foto: Keystone
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