Nach zweijähriger Corona-KriseSVP und Grüne scheitern – Reinach erhöht Steuern erneut
Der Einwohnerrat beschliesst wegen finanzieller Nöte eine abermalige Steuererhöhung. Im Vergleich zum letzten Jahr gab es diesmal stärkeren Widerstand.

Auch im zweiten Pandemiejahr wird die Reinacher Bevölkerung zur Kasse gebeten. Der Einwohnerrat stimmte einer Erhöhung des Steuerfusses um zweieinhalb Prozent zu. Für Gemeindepräsident Melchior Buchs (FDP) war dieser Entscheid trotz seiner Unpopularität notwendig, auch wenn die Abgaben bereits im vergangenen Jahr um zwei Prozent angehoben wurden: «Für die Bevölkerung ist es besser, wenn wir jetzt nochmals handeln, sodass am Schluss kein grosser Schuldenberg entsteht», argumentierte er am Montagabend.
Ganz anderer Meinung waren Vertreter der Grünen und der SVP. Mit einem Änderungsantrag wollte Einwohnerrätin Katrin Joos-Reimer (Grüne) die abermalige Steuererhöhung verhindern. «Pausieren wir ein Jahr und beobachten die wirtschaftliche Lage noch genauer», sagte sie. Darüber hinaus kritisierte sie, dass der Gemeinderat der Bevölkerung das strukturelle Defizit ständig «mantramässig» vorhalte. «Solange man die eigenen Wunschprojekte nicht zurückstellen kann, darf man nicht weiter in den Sack der Bevölkerung greifen», lautete ihr klares Verdikt.
Vielmehr müsse man sich etwa fragen, wieso man keine weiteren Sparmassnahmen anpacke oder weshalb die Unternehmenssteuer sinke, erklärte die Grünen-Politikerin. «Die Reinacher Unternehmen sind nicht attraktiv.» Dem widersprach Buchs vehement: «Diese Argumentation zieht nicht», sagte er. Die Firmen würden ihr Potenzial ausschöpfen. «Falls die Grünen das nicht so sähen, sollten sie einen Vorstoss einreichen. Bis jetzt habe ich keinen gesehen», so der Gemeindepräsident.
Heftige Kritik am Kanton
Kritik an der geplanten Steuererhöhung gab es indes auch von SVP-Einwohnerrat Adrian Billerbeck. Er appellierte: «Schauen wir bitte, dass wir eine kleine Verschnaufpause kriegen.» Es sei wichtig, dass man einen gewissen Ausgleich schaffe. Ausserdem würden viele Steuerfranken «leider» nur in die kantonalen Taschen fliessen. Parteikollege Ronny Ankli ergänzte, dass man aufhören müsse, die Reinacher Bevölkerung zu berappen, man solle viel eher den Mut haben, auf gewisse Kantonsprojekte zu verzichten.
Für einen Kompromiss weibelte die FDP. Einwohnerrat Thierry Bloch wollte den Steuerfuss nicht auf 57 Prozent, sondern auf 56 Prozent (+1,5% statt +2,5%) erhöhen. Zum einen würde man damit den guten Steuerzahlern ein bisschen entgegenkommen. Zum anderen sei eine Steuererhöhung trotz aller Kritik unumgänglich – auch um ein Zeichen an die Adresse der Kantonsvertreter in Liestal zu setzen. Er beanstandete ebenfalls: «Der Kanton sowie der Landrat sollten sich besser überlegen, wie sich ihre Entscheidungen finanziell auf die Gemeinden auswirken.» Ein leichter Zuschlag reiche, um darauf aufmerksam zu machen.
Auch Buchs ist die Problematik bekannt, wie er vor einigen Wochen in einem Interview mit der BaZ publik machte: «Ärgerlich ist, dass wir nur rund 20 Prozent unserer Budgets selber bestimmen können. Wir werden regelmässig vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ist frustrierend», sagte er damals. Dennoch stand der Gemeindepräsident vor dem Einwohnerrat für eine Steuererhöhung von zweieinhalb Prozent ein. «Irgendwo müssen wir auch ein Gesamtkonzept verfolgen.»
Das Gremium hörte auf ihn sowie auf die restlichen Gemeinderäte und lehnte den FDP-Kompromiss wie auch den Vorschlag der Grünen ab. Unterstützung gab es vor allem von der SP und der CVP/BDP-Fraktion (bald Die Mitte). Dem Budget und dem geplanten Steuerzuschlag wurde knapper als letztes Jahr mit 18 zu 15 Stimmen bei zwei Enthaltungen zugestimmt. Für 2022 rechnet der Gemeinderat noch mit einem Verlust von 3,7 Millionen Franken.
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Benjamin Wirth ist seit 2019 als Lokalredaktor für den Grossraum Basel zuständig. Ausserdem ist er Mitglied des Teams Gemeinden.
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