SVP rechnet mit «Extremwerten»
Die Umsetzung des neuen CO2-Gesetzes werde einen vierköpfigen Haushalt pro Jahr 1400 Franken kosten, sagt die SVP. Das Bundesamt für Umwelt widerspricht.

Die SVP rechnet einmal mehr vor, was die Umsetzung einer umweltpolitisch bedeutsamen Vorlage die Bevölkerung kostet. Hat sie dies letztes Jahr bei der Energiestrategie 2050 getan, zückt sie ihren Taschenrechner nun beim CO2-Gesetz – dem Instrument zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. 1400 Franken mehr pro Jahr, warnt die Partei, müsse ein vierköpfiger Haushalt in Zukunft zahlen, sollte das CO2-Gesetz für die Periode 2021 bis 2030 so durchkommen, wie es die nationalrätliche Umweltkommission verabschiedet habe.
Das SVP-Generalsekretariat schlüsselt auf Anfrage auf, wie die Partei auf diesen «konservativ gerechneten» Betrag kommt. Bei Brennstoffen wie Öl und Gas veranschlagt die Partei den geplanten maximalen Aufschlag der CO2-Abgabe von heute 120 auf 210 Franken pro Tonne, umgerechnet also ein Plus von 27,5 Rappen pro Liter. Bei einem jährlichen Verbrauch von 3000 Litern, den die Partei annimmt, ergibt das 825 Franken.
Dazu kommt die geplante Verteuerung von Benzin und Diesel um 8 Rappen pro Liter, die der Nationalrat gestern gutgeheissen hat. Die SVP geht von einem Verbrauch von 1600 Litern Treibstoff pro Jahr aus, was Mehrausgaben von 128 Franken zur Folge hätte. Schliesslich rechnet die SVP mit teureren Konsumgütern, weil höhere Klimaabgaben den Preis für die Produktion nach oben treiben würden. Kostenpunkt: plus 456 Franken. Macht unter dem Strich die erwähnten rund 1400 Franken.
Die SVP-Rechnung provoziert Widerspruch in der Bundesverwaltung. «Die SVP hat überall Extremwerte genommen», sagt Andrea Burkhardt, Chefin der Abteilung Klima im Bundesamt für Umwelt (Bafu). Der Wert von 3000 Litern gilt gemäss Bafu nur für jene alten Häuser als repräsentativ, die vor 1990 gebaut und nie saniert wurden und mit Öl beheizt werden – also 45 Prozent des Gebäudeparks.
Geld wird teils rückerstattet
Unerwähnt lässt die SVP zudem: Bei der CO2-Abgabe auf Brennstoffe handelt es sich um eine Lenkungsabgabe, die grösstenteils wieder an die Bevölkerung und Firmen rückverteilt wird. Sparsame werden so belohnt, da sie mehr Geld zurückerhalten, als sie an Abgaben entrichten. Verschwender zahlen mehr. Dieser Anreiz soll helfen, den Verbrauch von Öl und Gas zu drosseln.
Aktuell beträgt die Rückerstattung durchschnittlich 77 Franken pro Person, was bei einem vierköpfigen Haushalt also rund 300 Franken ergibt. Dieser Betrag wird künftig steigen, weil mit der geplanten Erhöhung der CO2-Abgabe mehr Geld für die Rückverteilung bereitstehen wird. Dies umso mehr, als Bevölkerung und Firmen bislang nur zwei Drittel der Einnahmen aus der CO2-Lenkungsabgabe zurückerstattet erhalten. Ein Drittel geht ins Gebäudeprogramm, mit dem der Bund energetische Sanierungen unterstützt. Doch diese Teilzweckbindung soll nach den Plänen des Bundesrats 2025 wegfallen, womit die Lenkungsabgabe – abgesehen von den Verwaltungskosten – künftig vollumfänglich an die Bevölkerung und Firmen zurückfliessen wird.
Wie die SVP auf die erhöhten Konsumkosten kommt, kann Bafu-Expertin Burkhardt nicht nachvollziehen. Und bei den Treibstoffen relativiert sie: Ein Auto in der Schweiz verbraucht heute im Schnitt 5,8 Liter pro 100 Kilometer. Macht bei den durchschnittlich 13'400 Fahrkilometern pro Jahr 777 Liter. Steigt der Literpreis um 8 Rappen, wird es unter dem Strich 62 Franken teurer; das ist nur halb so viel wie in der SVP-Rechnung.
SVP hält an Darstellung fest
Kommt dazu: Anders als bei den Brennstoffen unterliegen die Treibstoffe nicht einer Lenkungsabgabe, die sparsames Verhalten belohnt. Bislang sind alle politischen Versuche, dies zu ändern, gescheitert – unter anderem am Widerstand der SVP.
Die SVP sieht keinen Grund, ihre Darstellung zu korrigieren, weil «solche Berechnungen stets auf Annahmen beruhen und es sich um Mischrechnungen handelt». Bereits bei ihrem Kampf gegen die Energiestrategie 2050, den sie an der Urne verlor, beharrte sie auf ihren Zahlen. Damals prognostizierte die Partei jährlich Mehrkosten von 3200 Franken für einen Haushalt; der Bund sprach von 40 Franken. Die Differenz erklärte sich so: Die SVP vermischte das erste Massnahmenpaket, welches zur Abstimmung kam, mit dem zweiten, das die Räte damals gar noch nicht behandelt hatten – und später versenkten.
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