«SVP hat sich Schlappe selbst eingebrockt»
Bundesratswahlen Das Debakel der SVP – und welche Lehren sie daraus ziehen sollte, TA vom 15. Dezember
Widersprüchliche SVP.
Immer wieder betont die SVP, dass 2011 die arithmetische Konkordanz von den andern Parteien gebrochen wurde. Und dass nur diese Gültigkeit habe. Es erstaunt mich, dass in den Kommentaren in den Medien kein einziges Mal ins Jahr 1999 zurückgeblendet wird. Damals wurde die SVP wählerstärkste Partei und erhob den Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz. So weit, so gut. Sie versuchte aber nicht, den Bundesratssitz auf Kosten der CVP, der viertschwächsten Partei, zu bekommen; nein, sie griff mit Christoph Blocher die SP-Sitze von Ruth Dreifuss und Moritz Leuenberger an. Die SP war damals etwa gleich stark wie die SVP. Hat die SVP ihren Angriff auf die arithmetische Konkordanz vor 12 Jahren vergessen, oder schweigt sie ihn tot? Der Unterschied zwischen einem versuchten und einem erfolgreichen Angriff auf die Konkordanz besteht einzig im Resultat. Die Gesinnung ist die gleiche. Wer wirft da den ersten Stein?
Andreas Gantenbein, Hinteregg
Kleinkariert gedacht.
Die Dummen sind FDP, CVP und BDP. Anstatt den bürgerlichen Block im Auge zu behalten, haben sie der SP in die Hände gespielt. Zusammen hätte man Eveline Widmer-Schlumpf wählen und FDP und SVP einen zweiten Sitz erhalten beziehungsweise zuschanzen können. Alles auf Kosten der SP. Diese wäre für ihre Arroganz bestraft worden. Weil aber bei den Bürgerlichen viele kleinkariert denken, wurde diese Chance gar nicht in Betracht gezogen. Nun haben sie vier Jahre Zeit, um über eine neue Ausrichtung nachzudenken.
Peter Gmür, Zürich
Zauberformel anpassen.
Als im Jahr 1959 die Zauberformel im Bundesrat aufgrund der Parteienstärke installiert wurde, hatten FDP, CVP, SP und BGB (heute SVP) einen Wähleranteil von 85 Prozent. Die restlichen 15 Prozent verteilten sich auf sechs Kleinparteien, wovon nur der LdU die 5-Prozent-Marke erreichte. Die Besetzung nach dem Schlüssel 2, 2, 2, 1 war nachvollziehbar. Der Wählerquote je Bundesratssitz betrug 12,1 Prozent. Bei den Wahlen 2011 erreichten die alten Bundesratsparteien einen Wähleranteil von 72,7 Prozent. Im Vergleich zu 1959 erodierte ihre Wählerschaft um 12,3 Prozentpunkte, und die Quote je Bundesratssitz sank auf 10,3 Prozent. Ohne den Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf wären 27,3 Prozent der Wählenden nicht im Bundesrat vertreten gewesen. Die 27,3 Prozent verteilen sich auf neun Kleinparteien, wovon 19,2 Prozent auf Grüne, GLP und BDP entfallen. Sie bringen es gesamthaft auf 33 Sitze – 3 mehr als die FDP und 5 mehr als die CVP. Damit stellt sich die Frage, ob der Alleinvertretungsanspruch der vier alten Bundesratsparteien noch haltbar ist. Die Vereinigte Bundesversammlung hat die Beantwortung dieser Frage vorweggenommen. Die Wiederwahl von Bundesrätin Widmer-Schlumpf anerkennt das Anrecht der genannten politischen Kräfte auf mindestens einen Bundesratssitz. Im Hinblick auf die Wahlen 2014 wird es kaum zu vermeiden sein, dass die traditionellen Bundesratsparteien darüber diskutieren, wie die Zauberformel den realen Machtverhältnissen anzupassen sei.
Peter Bachmann, Winterthur
Keine Mitte-links-Regierung.
Die SVP hat sich ihre Schlappe selbst eingebrockt. Kontinuität, Konstanz und konstruktive Zusammenarbeit sind wichtiger als die arithmetische Konkordanz. Von einer Mitte-links-Regierung zu reden, ist merkwürdig. Frau Widmer-Schlumpf wurde als SVP-Frau in den Bundesrat gewählt und ist immer noch eine stramme Rechtspolitikerin. Sie ist von den Mitte- und Linksparteien wiedergewählt worden, weil sie im Finanzdepartement sehr gute Arbeit leistet und weil sie konsensfähig ist. Im Grunde genommen hat die SVP ihre zwei Sitze im Bundesrat. Die SVP hat Frau Widmer-Schlumpf aus Rache für die Abwahl von Christoph Blocher selber aus der Partei ausgeschlossen.
Marin Saris, Tenero
«Kontinuität, Konstanz und konstruktive Zusammenarbeit sind wichtiger als die arithmetische Konkordanz.»
Diskussion in der SVP-Fraktion während der Bundesratswahlen am 14. Dezember. Foto: Monika Flückiger (Keystone)
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