«Sunday Times» soll Handy und Konto von Gordon Brown gehackt haben
Gordon Brown ist das nächste Opfer im Spitzelskandal. Und wieder steht eine Zeitung von Rupert Murdoch unter Verdacht. Dem Medienmogul droht nun der Verlust eines Milliardengeschäfts.

Der Abhörskandal um das britische Boulevardblatt «News of the World» weitet sich offenbar auf eine weitere Zeitung des Medienimperiums von Rupert Murdoch aus. «The Sunday Times» stehe im Verdacht, den früheren Regierungschef Gordon Brown über Jahre nachspioniert zu haben, teilte die britische Polizei gestern mit. Demnach habe der Privatdetektiv Glenn Mulcaire im Auftrag des Verlags News International Browns Handy und sein persönliches Konto gehackt, als dieser noch Finanzminister gewesen sei.
Brown zeigt sich über den Vorfall schockiert und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Zeitungen. Um vertrauliche Information zu gewinnen, hätten die Redaktionen Kriminelle beschäftigt. «Sie haben mit Kriminellen zusammengearbeitet. Bekannten Kriminelle. Kriminellen mit Vorstrafen», sagte Brown der BBC. «Ich bin schockiert. Ich bin wirklich schockiert, dass ich feststellen muss, dass das passiert ist, weil Privatdetektive der 'Sunday Times' bekannte Kriminelle angeworben haben», sagte Brown.
Der Rundfunksender BBC und die Zeitung «Guardian» berichteten, die «Sunday Times» habe sich private medizinische und finanzielle Daten sowie Informationen über ein Wohnungsgeschäft beschafft. Laut «Guardian» betreffen die Vorwürfe auch das Boulevardblatt «The Sun» aus dem Murdoch-Konzern und reichen bis in die Amtszeit von Brown als Regierungschef. Dem Bericht zufolge beschaffte sich die Zeitung unter anderem Details aus der Krankenakte von Browns schwer erkranktem kleinen Sohn. Brown war von 1997 bis 2007 zunächst Finanzminister, bevor er in den drei darauf folgenden Jahren Premier war.
Bereits das dritte Medium unter Verdacht
Sollte sich der Verdacht erhärten, wäre bereits das dritte Medium in Grossbritannien von dem Skandal betroffen. Neben Reportern der «News of the World» wird auch eine Königshaus-Reporterin der Nachrichtenagentur PA das illegale Abhören von Telefon-Mailboxen vorgeworfen.
Am Sonntag hatte Murdoch sein Boulevardblatt «News of the World» im Zuge der Abhöraffäre schliessen müssen - nach 168 Jahren erschien die letzte Ausgabe.
Polizisten müssen Red und Antwort stehen
Derweil müssen heute führende Beamte der Londoner Polizei vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wegen des Abhörskandals bei der eingestellten Boulevardzeitung «News of the World» aussagen. Bei der Anhörung soll geklärt werden, warum nach dem Bekanntwerden der Fälle 2009 keine Ermittlungen gegen das Blatt eingeleitet wurden.
Die oppositionelle Labour-Partei forderte bereits vor der Anhörung den Rücktritt des stellvertretenden Leiters der städtischen Polizei, John Yates. Zuvor hatte Yates erklärt, sich auf Empfehlung von Kollegen gegen eine Ermittlung gegen «News of the World» entschieden zu haben.
Poker um BSkyB
Währenddessen pokerte Murdoch gestern im Ringen um die Komplettübernahme des britischen Fernsehkonzerns BSkyB hoch. Er nahm sein Kompromissangebot zurück, den Nachrichtenkanal Sky News aus dem rund acht Milliarden Pfund schweren Übernahmepaket herauszulösen.
Die britische Regierung überwies daraufhin den Fall zur Prüfung an die Wettbewerbskommission. Die wegen der Medienmacht Murdochs in Grossbritannien ohnehin umstrittene Milliarden-Übernahme war nach den Enthüllungen im Abhörskandal auf noch mehr Kritik gestossen.
Die Labour-Opposition und die Liberaldemokraten als kleinerer Partner in der Regierungskoalition von Premierminister David Cameron sehen in Murdochs Konzern News Corp. und dessen britischem Ableger News International keinen geeigneten Übernahmekandidaten für den grössten Medienkonzern der Insel.
Clegg: Murdoch soll Übernahme überdenken
Der Chef der Liberaldemokraten, Vize-Premierminister Nick Clegg, sagte am Montag zu Murdoch: «Tun Sie, was sich gehört und was vernünftig ist, und denken sie noch einmal über ihr BSkyB-Angebot nach.» Camerons Konservative hatten den Deal dagegen bisher befürwortet.
Clegg hatte sich mit den Eltern der 2002 im Alter von 13 Jahren entführten und später tot aufgefunden Milly Dowler getroffen. In der vergangenen Woche war ans Licht gekommen, dass Journalisten der «News of the World» Millys Mailbox angezapft und sogar Nachrichten gelöscht haben sollen, um Platz für neue zu machen.
Neben Milly sollen die Telefone von bis zu 4000 Prominenten, Politikern, Soldatenwitwen und Opfern von Terroranschlägen und Straftaten abgehört worden sein. Ausserdem sollen Bestechungsgelder an die Polizei gezahlt und Beweismittel unterschlagen worden sein.
SDA/mrs
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