Stürmische Zeiten für Donald Trump
Die Affäre mit der Porno-Queen könnte für den US-Präsidenten rechtliche und politische Folgen haben.

Donald Trump schweigt. Kein Sterbenswörtchen hat der sonst so streitbare US-Präsident auf seinem Twitterstrom bis gestern Abend über das Fernsehinterview von Stormy Daniels verbreitet.
Washington rätselt: Hält sich Trump zurück, weil er sich vom Auftritt der Pornodarstellerin in der CBS-Sendung «60 Minutes» keinen Schaden verspricht? Oder fürchtet er schlimmste Folgen, falls er weiterhin abstreitet, 2006 mit Daniels einmal Sex gehabt zu haben? Könnte sich rechtlich und politisch rächen, dass sein Anwalt kurz vor dem Wahltag 2016 mit 130'000 Dollar Stormys Schweigen erkaufte?
Trumps behauptete Affäre mit der heute 39-jährigen Frau aus Louisiana, die mit echtem Namen Stephanie Clifford heisst, bescherte CBS am Sonntagabend höchste Einschaltquoten. Seit vor fast zehn Jahren 24,5 Millionen TV-Zuschauer ein Interview mit dem frisch gewählten Präsidenten Barack Obama und seiner Frau Michelle verfolgten, schalteten nie mehr so viele Amerikanerinnen und Amerikaner das Nachrichtenmagazin ein.
Der Fernsehsender und Trump-Kritiker auf anderen Kanälen hatten den Auftritt Stormy Daniels' seit Wochen angepriesen. Gemessen an dem Hype hielt das Interview jedoch nicht, was es versprach. Die offensichtlich intelligente Frau wirkte mit ihren kurzen, dezidierten Antworten zwar glaubwürdig. Dennoch vermochte sie den angeblichen Skandal um die seit Wochen kolportierte Sex-Story nicht entscheidend voranzubringen.
Wie Daniels im Interview sagte, wurde sie Trump im Juli 2006 an einem Celebrity-Golfturnier beim Lake Tahoe in Kalifornien vorgestellt. Der damalige TV-Star lud sie auf sein Hotelzimmer zum Nachtessen ein. Zu Beginn habe Trump ständig über sich selbst gesprochen und ein Magazin mit ihm auf dem Titelblatt vorgezeigt. «Funktioniert das normalerweise für dich?», habe sie ihn lachend gefragt. «Jemand sollte dieses Magazin nehmen und dich damit versohlen.»
«Ich bin kein Opfer»
Trump machte das Spiel mit. Auf die Aufforderung: «Dreh dich um und lasse sie runter!», habe er die Hosen ein bisschen heruntergezogen, und sie habe ihm – im Spass – ein paar Klapse erteilt. Danach sei er wie ein verwandelter Mensch gewesen, erzählt Stormy. «Du bist besonders, du erinnerst mich an meine Tochter», habe er ihr geschmeichelt. «Ich mag dich.»
In der gleichen Nacht noch hatten die beiden einmal ungeschützten Sex. Als damals 27-jährige Frau habe sie sich von dem 60-jährigen Mann nicht angezogen gefühlt, sagt Daniels. «Ich war selber schuld», habe sie sich gesagt, «denn ich ging allein mit jemandem in ein Hotelzimmer. Ich sagte nicht Nein, und ich bin kein Opfer.»
Die Affäre sei einvernehmlich gewesen, deshalb habe das Ganze nichts mit der #MeToo-Bewegung zu tun, betont Daniels. «Wer mich dazu verwendet, um eine politische Agenda voranzutreiben, tut den wirklichen Opfern schweres Unrecht an.»
In den Monaten und Jahren danach habe Trump immer wieder den Kontakt mit ihr gesucht, sagt die Pornodarstellerin. Sie sei aber nie mehr mit ihm ins Bett gegangen. Einmal, im Sommer 2007, habe sie mit ihm in Los Angeles während der «Shark Week» einen ganzen Dokumentarfilm über Haie ansehen müssen. Bekanntermassen lösen die Raubfische in ihm phobische Ängste aus. In all der Zeit erfüllte Trump jedoch nie seine Versprechungen, er werde Daniels zur Teilnahme in seiner Sendung «Celebrity Apprentice» verhelfen.
Manifeste Drohung
Die Enttäuschung der Geschäftsfrau Stormy Daniels verwandelte sich 2011 in die Angst der Mutter Stephanie Clifford. Kaum hatte sie dem Magazin In Touch für 15'000 Dollar ihre Trump-Geschichte erzählt, näherte sich auf einem Parkplatz in Las Vegas ein Mann ihrem Auto, erzählt sie. «Lass Trump allein, vergiss die Story», drohte der Mann. Mit Blick auf das Töchterchen habe er dann gesagt: «Wäre schade, wenn ihrem Mami etwas zustösst.»
Eine so manifeste Drohung, sollte sie von jemandem in Trumps Umfeld ausgestossen worden sein, hebt die Affäre von einem zivilrechtlichen Streit auf eine strafrechtliche Ebene. «Aus Angst» habe Stormy Daniels indes die Polizei nicht benachrichtigt. Und ihr Anwalt Michael Avenatti sagte gestern, er habe den Einschüchterer bislang nicht in Erfahrung gebracht.
Dennoch dürfte die Drohung die Gefahr für Trump verschärfen. Schaden könnte dem Präsidenten nämlich, dass sein Anwalt Michael Cohen das Schweigegeld zehn Tage vor der Wahl auszahlte. «Es ist eine Sachspende von 130'000 Dollar an seine Wahlkampagne, 126'500 Dollar mehr, als er geben durfte», sagte Trevor Potter, ein früherer Vorsitzender der Bundeswahlkommission zu «60 Minutes». Diese Übertretung könnte von Sonderermittler Robert Mueller geahndet werden, der Cohen bereits wegen Russenkontakten untersucht. Und als Nutzniesser des Maulkorbdeals geriete Trump auch ins Visier Muellers.
Die grösste Gefahr droht mit Stormy Daniels jedoch in den kommenden Kongresswahlen. Ihre Geschichte und die von zwei weiteren Frauen, die gerichtlich gegen den Präsidenten vorgehen, könnten im Herbst weibliche Wähler gegen Trumps Partei aufbringen. «Republikaner sollten sich Sorgen machen» wegen des Interviews von Stormy Daniels, glaubt der Princeton-Historiker Julian Zelizer. «Wenn gegen Trump eingestellte Wählerinnen in grosser Zahl an die Urnen gehen, könnten sie dafür sorgen, dass ein von Demokraten beherrschtes Repräsentantenhaus und ein ebensolcher Senat gewählt wird.»
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