Stillen am Arbeitsplatz wird künftig entlöhnt
Ab Juni müssen Arbeitgeber Frauen für die Zeit bezahlen, die sie für das Stillen benötigen. Ein echter Fortschritt, sagt die Gleichstellungsbeauftragte von Travailsuisse, Valérie Borioli Sandoz.

Nach dem 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub ist der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt für viele frischgebackenen Mütter schwierig. Je nach Pensum und Entgegenkommen des Arbeitgebers stellte sich dann die Frage: Arbeit oder Stillen? Bereits heute haben erwerbstätige Mütter während des ersten Lebensjahres des Kindes Anrecht auf eine bezahlte Stillzeit. Wie lange diese ist, wird nun im Arbeitsgesetzt verankert. Der Bundesrat hat heute eine revidierte Verordnung zum Arbeitsgesetz verabschiedet.
Ab dem 1. Juni gelten bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden mindestens 30 Minuten, bei mehr als 4 Stunden mindestens 60 Minuten und bei mehr als 7 Stunden mindestens 90 Minuten Stillzeit als bezahlt.
«Diese Lösung ist ein echter Fortschritt», sagt Valérie Borioli Sandoz, Leiterin Gleichstellungspolitik bei Travail.Suisse gegenüber Redaktion Tamedia. Die Unterscheidung nach Anzahl Arbeitsstunden werde der Situation in der Schweiz, wo viele Frauen mit kleinen Kindern Teilzeit arbeiten, gerecht, fügt sie an.
Stillort unwichtig
Neu spielt es zudem keine Rolle mehr, wo die Mütter ihr Kind Stillen. Bisher wurde für die Anrechenbarkeit der Stillzeit als Arbeitszeit zwischen Stillen im Betrieb und ausserhalb des Betriebs unterschieden. Diese Unterscheidung wird nun aufgehoben.
Mit den Neuregelungen schliesst die Schweiz eine Lücke im Arbeitsgesetz. Dies war nötig, um dem Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über den Mutterschutz beitreten zu können. Nach der Genehmigung durch das Parlament kann der Bundesrat das Übereinkommen nun ratifizieren. Abgesehen von der Entlöhnung der Stillzeiten entspricht die Schweizer Gesetzgebung den Anforderungen.
Kürzere Stillzeiten
Die Pausen gehen dem Schweizerischen Arbeitgeberverband zu weit. Bei einer Arbeitszeit von weniger als vier Stunden will der Verband die bezahlte Stillzeit streichen. «Bei einem Einsatz von unter vier Stunden ist es den meisten Frauen möglich, ihr Kind vorher und nachher zu stillen», schreibt der Arbeitgeberverband in seiner Stellungnahme.
Die Arbeitgeber stören sich zudem daran, dass im Gegensatz zum geltenden Gesetz keine Unterscheidung zwischen Stillzeiten im Betrieb und ausserhalb des Betriebs mehr gemacht wird. Eine arbeitende Mutter könne damit früher nach Hause gehen mit der Begründung, sie stille ihr Kind immer noch.
Borioli Sandoz bezeichnet dies als «Scheinargumente und Unterstellungen». Die meisten erwerbstätigen Mütter seien froh um ihren Teilzeitjob und würden diesen unter keinen Umständen gefährden.
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