
Bücher sind vorzügliche Partner. Sie sind treu, sie meckern und maulen nicht; man kann sie wegstellen, aber wenn man sie braucht, sind sie allzeit bereit. Es gibt Bücher, die uns lebenslang begleiten. Es sind die besten, man kann sich beim Wiederlesen testen. Wie war ich, was bin ich geworden?
Stellen Sie sich vor, Ihr Leben sei ein Roman.
Welchen Roman würden Sie am liebsten leben – einen Liebesroman, ein Familienepos, eine Robinsonade, eine Abenteuergeschichte? Wie soll Ihr Leben verlaufen – wie ein Thriller, wie ein Naturgedicht, ein Porno, ein Märchen, eine Komödie oder wie eine Legende? Von allem etwas, das will man haben. Abenteuer, Familie, Komödie; und wie eine Legende, so bedeutend und unvergesslich soll das eigene Leben sein.
Aber was würden Sie wählen, falls Sie sich für ein spezielles Genre entscheiden müssten? Für das Familienepos, für den Abenteuerroman, oder für was?
Das sind so Fragen. Dabei wurde noch gar nicht angesprochen, ob wir einen guten Stil pflegen, ob unser Leben Rhythmus hat, Leitmotive, genügend Tempo und Pausen. Ob wir die Perspektive wechseln können, uns in andere hineinversetzen. Und welcher Titel passt zu unserem Lebensbuch? «Odyssee» (wie bei Homer)? «Krieg und Frieden» (Tolstoi)? «Hasenherz» (Updike)? Für jedes Leben gibt es eine eigene Überschrift. Think about it.
Schmerzhafte Kapitel
Fragen, denen ich mich ungern stelle: Hat mein Lebensroman genügend Höhepunkte? Welches Kapitel tut noch weh? Wollte ich auf die schmerzhaften Teile überhaupt verzichten? Vor allem: In welchem Teil meines Lebensromans befinde ich mich gerade? Schon im vorletzten? Kann man am Ende nochmals neu anfangen? Oder gibt es wenigstens jemanden, der eine Fortsetzung schreibt, wenn mein Buch des Lebens zu Ende ist?
Eine Frage, die sich Freunde stellen können: Wen würde ich bitten, das Nachwort zu schreiben?
Eine Frage für Liebespaare: Welches Kapitel in unserem Beziehungsroman würden sie am liebsten vergessen?
Eine Frage für Scheidungspaare: Gibt es vielleicht ein Kapitel, das so toll ist, dass wir darauf noch aufbauen können?
Eine Frage für alle: Ist das letzte Kapitel wirklich das Ende? Was kommt danach? Nichts?
Es gibt ein Bonmot von John Osborne: «Auch das schlechteste Buch hat seine gute Seite: die letzte.» Lustig das. Leider ist es mit dem Buch unseres Lebens anders. Egal, ob es gut oder schlecht ist, die letzte Seite, sie sollte nie geschrieben werden.
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Was ist das Buch Ihres Lebens? – Stellen Sie sich vor, Ihr Dasein sei ein Roman
Von allem etwas, das will man haben. Aber was würden Sie wählen, falls Sie sich für ein spezielles Genre entscheiden müssten? Für das Familienepos, für den Abenteuerroman, oder für was?