SexismusvorwürfeSP-Landrätin nervt sich über Tramwerbung
Die Frau auf dem 11er nach Aesch zementiere alte Rollenbilder, sagt Miriam Locher. Der Sozialdemokratin aus dem Baselbiet stösst mit ihrer Anschuldigung auch auf Kritik.

Die Baselbieter Landrätin Miriam Locher (SP) kreutze unlängst ein Tram der Linie 11, dessen Äusseres ihr gegen den Strich ging. Eine Frau – knapp bekleidet, mit laszivem Blick und Schmollmund – wirbt darauf für ein deutsches Möbelunternehmen. Das Motiv verärgerte Miriam Locher so sehr, dass sie sich auf Twitter Luft verschaffen musste: «Echt jetzt BLT und Moving Media Basel? Ihr goutiert Werbung, die sich derart sexistischer Stereotypen bedient?», fragte sie die Baselland Transport AG (BLT). Die Kampagne sei «oberpeinlich» für ein Unternehmen mit kantonalem Leistungsauftrag.
«Die Frau, die dort abgebildet ist, hat keinen Zusammenhang mit dem Sessel, der beworben wird. Der Körper wird ins Zentrum gerückt. Das ist Sexismus, wie er im Buche steht», erklärt sie den Tweet gegenüber der BaZ.Bei der BLT ist man etwas belustigt. Zunächst sei diese Werbung gar nicht über seinen Schreibtisch gewandert, sagt Direktor Andreas Büttiker: «Die Anfragen werden von der Vermarktungsgesellschaft Moving Media geprüft.» Nur bei diffizilen Inseraten würde sich die Gesellschaft an die BLT wenden. «Vor einem Jahr hatten wir solch einen Fall: Da wollte Scientology auf unseren Trams Werbung schalten.» Dies habe man verhindert.
Die Kampagne, über die sich Miriam Locher aufregt, habe die Moving Media AG hingegen als unproblematisch betrachtet und gar nicht erst an die BLT weitergeleitet. «Diesen Entscheid halte ich für richtig», sagt Büttiker. «Frau Locher hätte sich direkt an mich wenden können. Da sie dies nicht getan hat, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um einen politischen Aufmerksamkeits-Tweet handelte.»
Ein Vorwurf, den die Landrätin nicht auf sich sitzen lässt: «Wenn Herr Büttiker sich mit meiner Politik im Landrat auseinandersetzen würde, wüsste er, dass mir das Thema sehr ernst ist.» Bersorgniserregend sei eher, dass es dem BLT-Chef offenbar mehr um persönliche Befindlichkeiten gehen würde, als dass er sich mit dem Thema Sexismus auseinandersetzen wolle.
Andreas Büttiker ist nicht der Einzige, der mit dem Twitter-Post von Miriam Locher seine Mühe hat. Auch SVP-Grossrat Alexander Gröflin sagt: «Es steht doch jedem Werbekunden frei, welche Werbung geschaltet werden soll.» Und auch GLP-Landrat Yves Krebs kritisiert Locher: «Soll man einen Sessel bewerben mit einem Mann im Unterhemd und Bier oder einer ungeschminkten Frau in Jogginghose oder Pyjama?»
Miriam Locher jedoch hält diese Sexismus-Debatte für wichtig. Sie sagt durchaus provokativ: «Und wieder sind es ältere, weisse Männer, die mir die Welt erklären wollen.» Es handle sich dabei um das sogenannte «Mansplaining», was das herablassende Belehren von Frauen durch Männer meint. Im Übrigen, so Locher, hätte sie den Tweet auch gemacht, wenn ein halb nackter Mann darauf abgebildet wäre.
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