Wochenduell: Trainingslager in SpanienSollte sich der FCB nicht auch Marbella sparen?
Eigentlich steht der Name FC Basel unter David Degen für radikale Sparmassnahmen. Doch ein Trainingslager im warmen Marbella scheint man sich nicht nehmen lassen zu wollen.

Ja, die Gelegenheit wäre günstig gewesen, sich in der Brüglinger Ebene auf die restlichen Partien dieser Saison vorzubereiten.
Die Botschaft von David Degen ist unmissverständlich: «Wir müssen den Gürtel enger schnallen.» Als der Präsident des FC Basel dies Anfang Dezember letzten Jahres über den Clubkanal sagt, hat er eben auf der Geschäftsstelle an der Birsstrasse die Kosten weiter gesenkt. Oder senken müssen. Es ist offensichtlich: Seit Degen und Co. das Ruder bei Rotblau übernommen haben, wird gespart, wo gespart werden kann.
Nun weilt der FC Basel seit Mittwoch in Marbella im Trainingslager und bereitet sich bei milden Temperaturen und in der Sonne Südspaniens auf die zweite Saisonhälfte vor. So, wie man das bereits vor Corona getan hat und so, wie das die Ligarivalen eben auch tun.
Für die Aussendarstellung des Clubs ist die Reise in die Ferne mit einem Tross, der weit über «nur» die Mannschaft hinausgeht, nicht nur gut: Da wird beim Catering optimiert, der Sicherheitsdienst wird ausgewechselt, der Fanshop in der Stadt muss zügeln und auf der Geschäftsstelle ändert das Organigramm beinahe so regelmässig wie die Form des Fanionteams in der ersten Saisonhälfte.
Aber bei der ersten Mannschaft, wo das Sparpotenzial am grössten ist, sind die Zeichen des geringeren Geldausgebens weniger ersichtlich. Im Gegenteil, jüngstes Beispiel: Das Engagement von Sportdirektor Heiko Vogel, der eine neue Stelle besetzt und nun zwischen Trainer Alex Frei, Kaderplaner Philipp Kaufmann, Degen und Sportchef-Azubi Valentin Stocker ein Plätzchen gefunden hat.
Dabei wäre es doch gerade jetzt eine gute Möglichkeit gewesen, sich in der Brüglinger Ebene auf die restlichen Partien dieser Saison vorzubereiten. So, wie das bereits vor Jahresfrist notfallmässig arrangiert werden musste, nachdem das Trainingslager in Dubai in letzter Sekunde geplatzt war. Das Resumée des damaligen Trainers Patrick Rahmen: «Wir haben auf dem Campus beste Bedingungen vorgefunden.»
Eine Reise zum Matterhorn hat damals den Trainings auf dem heimischen Rasen die notwendige und für den Teamgeist förderliche Abwechslung gebracht. Gerade für die nicht mit der Schweiz vertrauten Spieler dürfte dieser Ausflug für immer mit besonderen Erinnerungen verbunden sein. Und für den FCB? Der hat im Vorjahr im Winter für den Trainingsbetrieb weniger ausgegeben als geplant – und die Meisterschaft dennoch auf Platz zwei hinter Dominator Zürich abgeschlossen. Dominic Willimann
Nein, die Qualität des Produkts auf dem Rasen allein bestimmt über sportliches und wirtschaftliches Gedeihen eines Fussballclubs. Dem ist alles unterzuordnen.
Es scheint alles ganz simpel: Es ist völlig unnötig, in Zeiten des enger geschnallten Gürtels gen Süden zu fliegen. Warum sich an der Costa del Sol zehn Tage auf die Wiederaufnahme der Saison vorbereiten, wenn man zu Hause weder Schnee noch Minustemperaturen, dafür aber mit dem Nachwuchs-Campus eine moderne Trainingsanlage vorfindet? Da spart man lieber die rund 200’000 Franken, die ein Trip mit dem rotblauen Tross nach Marbella kostet, und arbeitet so dem strukturellen Defizit entgegen, das dem FC Basel auch 2023 Sorgen bereitet – und zeigt sich quasi solidarisch mit der Belegschaft auf der Geschäftsstelle, anstatt diese zusätzlich zu verstimmen.
Allein: Wer so denkt, der denkt zu kurz. Denn ein professioneller Fussballclub verdient sein Geld nicht dank genialem Marketing, reichhaltigem In-House-Medienangebot oder besonders modischen Trikots im Fanshop. Sondern allein mit der Qualität des Produkts auf dem Rasen.
Sie bestimmt zuerst darüber, ob und wie stark man an den Geldtöpfen des Europacups partizipiert und wie sich der Transferwert der Mannschaft entwickelt. Aber sie beeinflusst genauso, wie viele Saisonkarten verkauft werden, wie attraktiv der Club für Sponsoren ist, wie oft die Website angeklickt wird und wie viele rotblaue Leibchen über den Ladentisch gehen.
Daraus folgt, dass die Verantwortlichen eines Clubs alles dafür unternehmen müssen, dass die Qualität dieses Produkts die bestmögliche ist. Dazu gehören ganz viele Puzzleteilchen – und ein Wintertrainingslager in wärmeren Gefilden ist eines davon. Um das festzustellen, genügt bereits ein Blick auf die Konkurrenz in der Super League. Auf Clubs mit kleinerem Budget, die sich diesen scheinbaren Luxus ebenso leisten.
Warum? Weil man bei einem derartigen Zusammenzug intensiver feilen, aber auch Gespräche führen kann, wie wenn jeder Profi nach absolvierter Trainingseinheit von dannen zieht. Weil die Verletzungsgefahr bei 20 Grad Celsius bestimmt nicht grösser wird. Und weil man eine weit höhere Garantie dafür hat, dass man auch tatsächlich all das üben und testen kann, was auf dem Programm steht. Denn was ist, wenn in der kommenden Woche doch plötzlich der Winter zurückkehrt? Fussballspiele, die wegen Schneefall abgesagt werden, sind in der Schweiz keine Seltenheit – in Südspanien schon.
Ein Testspiel mehr oder weniger allein entscheidet so wenig über eine erfolgreiche Saison wie der Ort, an dem trainiert wird. Doch es wäre falsch, auf eine möglichst reibungslose, effiziente Vorbereitung zu verzichten. 200’000 Franken sind gut investiertes Geld für ein Puzzle, das schnell ein paar Millionen kostet, wenn es am Ende nicht passt. Oliver Gut
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