Wochenduell: Drohender Abschied?Soll der FC Basel den Vertrag mit Fabian Frei verlängern?
Der Vertrag des FCB-Mittelfeldspielers läuft im nächsten Sommer aus. Plant die neue Führung auch darüber hinaus mit Frei? Oder muss die rotblaue Identifikationsfigur den Club verlassen?

Ja: Der FCB ist mit Frei besser als ohne ihn. Auch als es nicht lief, hat er dem Club Halt gegeben.
Worüber diskutieren wir hier eigentlich? Den Vertrag mit Fabian Frei nicht verlängern, weil er mit 32 Jahren nicht mehr der Allerjüngste ist? Weil er einer der besserverdienenden Spieler ist in einem Club, der sich nicht mehr allzu viele Besserverdiener leisten kann? Oder einzig und allein aus dem Grund, weil es ja schliesslich noch andere Spieler für seine Position gibt?
Also, jetzt noch mal ganz langsam und zum Mitschreiben: Im Dezember 2017 ist Frei nach dreieinhalb Jahren in der Bundesliga nach Basel zurückgekehrt. Der FCB hat seitdem 182 Pflichtspiele bestritten, 167 davon mit Frei. 15 Spiele hat er verpasst – fünfzehn! – und das nur, weil er sechsmal gesperrt war, zweimal im Cup zuschauen durfte und viermal in der Liga oder im Europacup geschont wurde.
Und es ist ja nicht so, dass Frei sich damals heimlich eine Klausel in den Vertrag hat schreiben lassen, laut der er immer spielen muss. Oder dass er immer nur für ein paar Minuten eingewechselt worden wäre. Nein, egal bei welchem Trainer, egal mit welchen Konkurrenten und egal unter welcher Clubführung: Frei war gesetzt. Und das aus dem ziemlich einfachen Grund, dass der FC Basel mit ihm besser ist als ohne ihn.
Nie war das so offensichtlich wie in der Saison 2019/20, als er das statistisch beste Fussballjahr seiner Karriere hatte, während rechts und links der FCB in sich zusammenfiel. Aber auch in der Vorsaison oder in den letzten Wochen hat sich gezeigt, dass er dem Team Halt gibt. Murat Yakin ist ja nicht zufällig auf die Idee gekommen, Frei ausgerechnet für das Spiel gegen Europameister Italien wieder für das Nationalteam aufzubieten.
Ja, klar, der FCB ist seit der Übernahme durch David Degen nicht mehr der gleiche Club wie vorher. Er hat eine neue Richtung eingeschlagen, er verpflichtet jetzt gerne mal junge, schnelle und hippe Spieler aus Liverpool oder Mailand. Und er kann, darf und will keine überteuerten Verträge mehr verteilen, nur weil ein Spieler soundso viele Partien in Rotblau bestritten oder soundso viele Titel mit dem Club gewonnen hat.
Aber Fabian Frei ist nicht nur ein unbestrittener Leistungsträger, den man im Notfall vermutlich auch ins Tor stellen könnte. Er ist dank seiner rotblauen Geschichte auch einer, der all diesen jungen, schnellen und hippen Spielern vermitteln kann, wie der Verein funktioniert und was beispielsweise ein Klassiker gegen den FC Zürich bedeutet. Er hat eine Verbindung zu den Fans und kann den Club selbst dann nach aussen präsentieren, wenn man als Spieler ganz genau auf seine Worte achten muss.
Natürlich muss der FCB den Vertrag mit Fabian Frei verlängern, zumal er ja eben erst gesagt hat, dass es am Ende nicht an den Finanzen scheitern wird. Also: Worüber diskutieren wir hier eigentlich? Tilman Pauls
Nein: Nur mit mutigen Entscheidungen kann der FCB mit YB mithalten. Freis Vertrag zu verlängern, wäre kein mutiger Entscheid.
Viermal eine 4,5, dreimal eine 4 und zweimal eine 5. Diese Noten hat Fabian Frei in den ersten neun Spielen der neuen Saison in der BaZ erhalten. Die Kennzeichen eines soliden Fussballers, der kaum Fehler macht, aber auch selten gross in Erscheinung tritt. Dann kamen dieser überraschende Anruf von Murat Yakin, die überraschende Nominierung für die Startelf gegen Italien und der überraschend starke Auftritt gegen den Europameister. Plötzlich war Frei wieder in den Fokus gerückt, gehörte gemäss den Experten in den TV-Studios und den Redaktionen wieder zu den grössten Attraktionen der Super League. Und diesen sensationellen Fussballer soll der FCB nun im kommenden Sommer ablösefrei abgeben?
Ja! Schliesslich beweist doch genau diese Episode rund um Freis Nationalmannschafts-Comeback, wie schnelllebig der Fussball ist. Manchmal braucht es nur ein gutes Spiel, um in der öffentlichen Wahrnehmung von einem soliden Kicker zum Überspieler zu mutieren. Doch auf solche Stimmungsschwankungen darf die Kaderplanung eines Vereins keine Rücksicht nehmen. Sie muss in grösseren Dimensionen denken, die nächste, die übernächste Saison im Blick haben.
Logisch, dass man sich deshalb bei einem 32-jährigen Profi mit auslaufendem Vertrag Gedanken macht, ob er noch ins zukünftige Kader passt. Oder ob dieser Platz im defensiven Mittelfeld oder in der Innenverteidigung nicht besser für eines dieser spannenden Talente aus dem Ausland freigehalten werden sollte. Mit Valentin Stocker (32), Pajtim Kasami (29), Heinz Lindner (31), Michael Lang (30), Jordi Quintilla (bald 28) und Taulant Xhaka (30) weiss der FCB genügend Spieler in seinen Reihen, die in den kommenden Spielzeiten in der Lage sein werden, die Jungen anzuleiten.
Aber Frei ist doch ein verdienter FCB-Spieler mit identitätsstiftender Wirkung! Schon möglich. Doch dem FCB fehlen jedes Jahr Millionen. Diese müssen dringend eingespart werden. Das erklärte bereits Bernhard Burgener bei jeder Gelegenheit und setzte die neue Führung in den ersten Monaten ihres Engagements nun konsequent um. Alte Zöpfe werden abgeschnitten.
Fabian Frei ist kein alter Zopf. Sein Vertrag aber ist es schon. Der Kontrakt stammt aus einer Zeit, als der FCB noch hohe Gehälter zahlte. Ein Umstand, den David Degen so schnell wie möglich ändern will, wie er bei der Übernahme des Basler Fussballclubs klarstellte. Die Entscheidung über eine mögliche Vertragsverlängerung mit Fabian Frei wäre eine weitere Gelegenheit, dieses Vorhaben in die Realität umzusetzen. Denn nur mit mutigen Entscheidungen kann der FCB in Zukunft wieder mit YB mithalten. Freis Vertrag zu verlängern, wäre kein mutiger Entscheid. Fabian Löw
* Das Wochenduell: Die «Basler Zeitung» stellt sich ab sofort in regelmässigem Abstand Themen, die die Sportwelt bewegen – und beleuchtet dabei in einem Pro und Kontra beide Seiten. Zuletzt erschienen: Hat der Laver-Cup ohne den Spieler Roger Federer eine Zukunft?Braucht es eine Fussball-WM alle zwei Jahre?Hat SRF das Tennis zu früh abgeschrieben?War das der verrückteste Transfersommer in der Geschichte?Ist die Zeit der internationalen Schweizer Sportstars vorbei?
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