Soldaten schiessen von Dächern – viele Tote
Im Jemen ist die Polizei erneut mit grosser Brutalität gegen die regimekritischen Demonstranten vorgegangen – mit Tränengas, Steinen und scharfer Munition.
Nach wochenlangen Protesten gegen den jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Saleh ist heute die Gewalt auch in der südlichen Stadt Tais eskaliert: Soldaten eröffneten das Feuer und erschossen nach Angaben eines Arztes mindestens 15 Demonstranten.
Dutzende weitere Menschen seien durch Schüsse verletzt worden, als Polizei- und Armeeeinheiten gegen einen Protestmarsch vorgegangen seien, sagte der Mediziner Sadek al-Schudschaa, der ein Feldlazarett für die Demonstranten leitet. Viele seien am Kopf oder an der Brust getroffen worden. Hunderte Demonstranten mussten zudem wegen des Einsatzes von Tränengas behandelt werden.
Durch 500'000-Einwohnerstadt marschiert
Tausende waren zuvor durch die 500'000-Einwohnerstadt marschiert. Nach Angaben von Protestteilnehmern gelang es den Demonstranten, trotz des grossen Sicherheitsaufgebots in den Hof des Sitzes des Provinzgouverneurs einzudringen. Dort seien sie von den Salven Bewaffneter empfangen worden, die sich teils auf den umliegenden Dächern postiert hätten.
Die Streitkräfte gehen seit Tagen hart gegen die Demonstranten in der 200 Kilometer südlich von Sanaa gelegenen Stadt vor. Panzer und gepanzerte Fahrzeuge haben Zufahrtsstrassen nach Tais besetzt und den Freiheitsplatz umstellt. Niemand wird mehr auf den Platz gelassen. Jeder, der versucht, ihn zu verlassen, wird verhaftet.
Kundgebungen in weiteren Städten
Nach Bekanntwerden der tödlichen Schüsse in Tais gab es Solidaritätskundgebungen von Saleh-Gegnern in den Städten Mukalla und Hudeida. In Hudeida eskalierte die Gewalt ebenfalls, als die Demonstranten vor einen Palast des Präsidenten zogen. Augenzeugen zufolge wurden mehr als 40 Menschen verletzt, als Sicherheitskräfte in Zivil das Feuer eröffneten.
Es ist nicht das erste Mal, dass Soldaten in den seit mehr als einen Monat andauernden Protesten gegen Salehs Herrschaft mit scharfer Munition auf Demonstranten schossen. Bei der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste wurden bislang an die 100 Menschen getötet und mehr als 1000 verletzt.
Golfstaaten wollen vermitteln
Das bitterarme Land im Süden der arabischen Halbinsel steht am Rande von Chaos und Zerfall. Der Golfkooperationsrat, dem Saudiarabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Oman, Katar und Kuwait angehören, äusserte sich am Montag besorgt über die instabile Lage im Jemen.
Die Aussenminister der sechs Länder riefen die Konfliktparteien auf, «das nationale Interesse vorherrschen zu lassen und schnell den Dialog wieder aufzunehmen, um sich auf die erforderlichen Reformen zu einigen». Angesichts der anhaltenden Proteste wollen die Golfstaaten nun zwischen den zerstrittenen Gruppen vermitteln.
Schwindender Rückhalt
Saleh herrscht im Jemen seit 32 Jahren. Die USA betrachteten ihn jahrelang als wichtigen Verbündeten im Kampf gegen die Al-Kaida und unterstützten ihn dementsprechend. Nun scheint Saleh diese Unterstützung zu verlieren: Die USA würden von Saleh abrücken, berichtete die «New York Times».
Die US-Regierung habe zwar noch nicht offen den Rücktritt des Präsidenten verlangt. Doch werde den Verbündeten jetzt hinter den Kulissen vermittelt, dass Saleh gehen müsse.
SDA/raa
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