so werden auch sie ein wanderer
Vom Notproviant über die Orientierung am Berg bis zur Sache mit dem Sackmesser: sechs Ratschläge für Einsteiger. Zusätzlich stellen wir fünf Wanderrouten im Kanton Zürich vor.
von thomas widmer (text) und Daniel Tischler (Bilder) Rat 1 Fischen Sie aus dem Garagenschrank die Trekkingschuhe, die Sie einst in Panik gekauft haben, als das Gerücht umging, der Betriebsausflug führe ins Hochgebirge (man ging dann in 20 Minuten zu einem Pfadigehütt bei Schlieren). Irgendwo haben Sie sicher eine alte Windjacke, so brutal out, dass Sie sie in der Stadt nie tragen würden. In den Bergen gilt das Motto «anything goes», das gilt auch für den rosa Rucksack mit dem Miniteddybären am Reissverschluss, den Sie bei der Tochter ausleihen. So, nun sind Sie für den Beginn gerüstet. Warum im Outdoorshop 2000 Franken ausgeben für eine Tätigkeit, von der Sie nicht wissen, ob Sie nicht im Übungsabbruch nach drei desaströsen Exkursionen endet? Übrigens braucht es auch keine 40-fränkigen Wandersocken. Finden Sie Ihr Sockenbedürfnis heraus, indem Sie Ihr privates Sortiment in ein paar Testgängen evaluieren (es gibt tatsächlich Leute, die schwören auf ungewaschen-verschwitzte Socken, weil diese organisch am Fuss anlägen). Rat 2 Kreuzen Sie im Kalender Tage an, die Sie fürs Wandern reservieren. Besser keine Sonntage, dann sind drei Viertel der bewegungsfähigen Schweizer unterwegs. Die Fahrt am Sonntagmorgen nach Engelberg, Chur, Brig ist eine Tortur, sodass Sie schon beim Wanderstart mental und körperlich am Ende sind. Geht es wirklich nur an Sonntagen, so fassen Sie Nahrouten ins Auge. Zürich–Einsiedeln hält man immer aus. Ziehen Sie aber extrem früh oder recht spät los. Rat 3 Beginnen Sie mit kurzen Routen. Wo Sie die finden? In Widmers Wanderdossier auf dem Outdoorblog von Tagesanzeiger.ch zum Beispiel hat es einige wenige. In Büchern wie der Rother-Wanderführer-Serie. Auf www.wandersite.ch, einer inspirierenden Site mit viel Einsteigerfutter. Oder kaufen Sie sich irgendeine Wanderkarte 1:50 000, zum Beispiel die von Uri. Lesen Sie in ihr wie in einem Buch. Studieren Sie die roten Linien, stellen Sie sich anhand der Höhenkurven das Terrain vor, schätzen Sie die Gehdauer. Geradeaus schafft man pro Stunde 4 bis 5 Kilometer, steil aufwärts gut 400 Höhenmeter. Rat 4 Okay, jetzt haben Sie eine Route. Setzen Sie den Sonnenhut auf, ziehen Sie los. Ihr Rucksack sollte nicht schwer sein. Wasser gehört hinein, mindestens ein halber Liter (auf der Karte haben Sie gesehen, ob es Alphütten gibt, wo sie nachtanken können – oder gar Wirtschaften). Etwas zu essen muss mit, etwa Ovosport, Fruchtriegel, Bananen. Die Karte ist zwingend. Und ein Sackmesser, mit dem Sie sich, wie in «127 Hours» im Kino, den Unterarm amputieren können, wenn Sie unter einen Felsbrocken geraten. Das war natürlich ein Witz, auch wenn die Geschichte wahr ist und sich in Amerika so zugetragen hat. Jedenfalls ist das Sackmesser nützlich, ebenso wie Ersatzschnürsenkel. Und der Faserpelz. Hoch oben kann das Wetter subito von sonnig zu Schneefall wechseln. Rat 5 Somit wären wir bei der Sicherheit. Testen Sie vorerst die eigene Fitness. Sie werden nach ein paar Monaten feststellen, dass der Chli Aubrig im Kanton Schwyz, bei dessen Erstbesteigung Sie fast kollabierten, ihnen bei der Zweitvisite lächerlich easy vorkommt. Essen Sie bei Schwindelgefühlen sofort etwas. Setzen Sie sich auf den Boden. Kehren Sie um, wenn es nicht besser wird. Hilfreich sind für Leute mit unsicherem Tritt Stöcke. Kehren Sie auch um, wenn Sie nicht mehr weiterwissen. Verzichten Sie bei Nebel auf felsdurchsetztes Gelände (auf dem Glattuferweg werden Sie bei Sicht null nicht verunglücken, abgesehen von der Gefahr irrer Velofahrer). Und: Gehen Sie nicht allein. Wenn Sie es doch tun, so informieren Sie jemanden, was ihr Plan ist und wann Sie zurück sein wollen. Rat 6 Sie sind entlassen in die Realität. Forcieren Sie nichts, zeigen Sie Geduld. Und wenn klar wird, dass sich die Sache für Sie als Langfristvergnügen eignet – dann, erst dann gehen Sie in den Outdoorshop und kaufen sich schlaue Ware: eine Windstopperjacke etwa. Auf dem Weg dahin mögen Ihnen die folgenden Routen im Kanton Zürich von leicht (1½ Stunden) bis anstrengend (7 Stunden) helfen. Viel Spass da draussen! Thomas Widmer schreibt im «Tages-Anzeiger» die freitägliche Wanderkolumne «Zu Fuss». Immerhin: Der Sonnenhut ist dabei. Ob es aber klug ist in Turnschuhen auf Wanderschaft zu gehen? Den Altberg bei Dänikon erreicht man auch gut in Turnschuhen.
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