Abstimmung zum AntiterrorgesetzSo packen andere Länder Gefährder an
Verdeckte Fahndung im Web und Hausarrest: Am 13. Juni stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über ein Gesetz ab, das vorbeugende Massnahmen gegen Terror regelt. So scharf ist es im internationalen Vergleich.

Sagt das Stimmvolk am 13. Juni Ja zum Anti-Terrorismus-Gesetz (PMT), erhält die Schweiz im Präventionsbereich eine der schärfsten Gesetzgebungen Europas. Eine Studie zeigt, dass unter sieben verglichenen Ländern nur Frankreich, Grossbritannien und Holland überhaupt ein Gesetz zur Vorbeugung gegen Terrorismus haben. Die inhaltlichen Unterschiede sind erheblich. Deutschland etwa kennt den Hausarrest auf Staatsebene für Gefährder nicht. Und Österreich bereitet präventive Massnahmen erst vor.
Die Studie wurde vom Schweizerischen Instituts für Rechtvergleichung im Auftrag des Bundesamts für Polizei (Fedpol) durchgeführt. Es untersuchte die Rechtslage in mehreren Nachbarstaaten der Schweiz sowie von Ländern, die über eine ähnliche Rechtstradition wie die Schweiz verfügen. Dazu kommt Grossbritannien, das auf eine langjährige Erfahrung im Umgang mit terroristischen Gefährdern zurückgreifen kann.
Die folgenden Instrumente stünden den Schweizer Behörden bei einem Ja zum PMT zur Verfügung:
Rayon- und Kontaktverbote
Mit Kontaktverboten wollen Behörden verhindern, dass sich Jugendliche in einem problematischen Umfeld bewegen und sich mit Leuten treffen, die andere radikalisieren. Frankreich, Holland, Grossbritannien und teilweise Deutschland können diese anordnen. Beim Rayonverbot sollen sich potenzielle Gefährder nicht an bestimmten Orten aufhalten – beispielsweise im Trainingskeller eines radikalisierten Kampfsportclubs. Solche Verbote können Behörden in Deutschland, Grossbritannien, Frankreich und Holland aussprechen. Italien kennt diese ausgrenzende Massnahme im Rahmen des Strafgesetzes.
Hausarrest
Ein vorbeugender Hausarrest ist ein schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit. Deutschland kennt diese Massnahme nur in manchen Bundesländern, nicht aber auf Staatsebene. In Frankreich können die Behörden Hausarrest allein gegenüber Personen anordnen, die aus dem Ausland heimreisen und die wegen Terrorgefahr im Fokus von Polizei oder Nachrichtendiensten stehen. In Italien muss ein Strafverfahren eröffnet werden, damit jemand gezwungen werden kann, zu Hause zu bleiben. Geregelt ist in Italien auch die Verwendung von Fussfesseln um das Einhalten des Hausarrests zu kontrollieren. Holland, das für die Schweizer PMT-Vorlage in vielen Teilen Vorbild war, kennt den Hausarrest nicht, ebenso wenig Belgien.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter betont, dass ein Hausarrest nicht am Anfang präventiver Massnahmen stehen werde. Damit jemand Hausarrest aufgebrummt bekommt, muss ein Gefährder zuvor gegen andere, mildere Auflagen verstossen haben. Auch hat ein Gericht die Massnahme zu genehmigen.
Elektronische Überwachung
Mit dem neuen Gesetz soll das Fedpol die Erlaubnis erhalten, die Handys und Computer von Gefährdern zu überwachen. In Frankreich und Deutschland sind im Rahmen der Terrorismusprävention das Abhören und Überwachen von elektronischen Datenträgern wie Smartphones gesetzlich geregelt. Nach der Ermordung eines Polizeibeamten in Rambouillet prüft der französische Ministerrat einen neuen Gesetzesentwurf, der die Möglichkeiten zur elektronischen Überwachung ausweiten soll. Österreich verfügt über eine Regelung zur elektronischen Überwachung, jedoch nicht spezifisch im Bereich Terrorismus, wohl aber, um gegen Gefahren generell vorzugehen. Behörden in Grossbritannien dürfen den Besitz und die Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel beschränken.
Tarnidentität in Chats und Foren
Besteht das PMT-Gesetz vor dem Stimmvolk, kann das Fedpol zur Terrorismusprävention im Internet und in elektronischen Medien verdeckt fahnden. So wie in der Schweiz vorgesehen, ist dies sonst nur in Frankreich und Italien für die Terrorismusbekämpfung möglich. In Frankreich erlaubt das Gesetz, dass die Behörden ein Pseudonym zur elektronischen Kommunikation verwenden dürfen. In Österreich und Deutschland ist die verdeckte Fahndung im Internet nicht explizit geregelt, auf den Bereich Terrorismus lassen sich jedoch andere Vorschriften zur allgemeinen Gefahrenabwehr anwenden. In Grossbritannien wurde in diesem Zusammenhang angeregt diskutiert, ob Beweise, die durch verdeckte Fahndung ans Licht kamen, vor Gericht verwendet werden dürfen. Das Berufungsgericht für England und Wales hat nun kürzlich die Verwendung solcher Beweismittel zugelassen.
Meldepflicht
Bewegt sich jemand in einem radikalisierten Umfeld und geht von ihm oder ihr Gefahr aus, kann die Person verpflichtet werden, sich regelmässig bei einer Behörde zu melden. Vergleichbare Möglichkeiten gibt es in Holland, Frankreich und Grossbritannien. Die Schweizer Behörden könnten die Meldepflicht bei einem Ja zum Gesetz mit einer Gesprächsteilnahmepflicht kombinieren. Dies ist unter den verglichenen Ländern einzigartig, wie aus der Studie des Instituts für Rechtsvergleichung hervorgeht. Demnach gibt es in den anderen Staaten eine solche Verknüpfung nicht. Deutschland kann nur Personen dazu verpflichten, sich regelmässig zu melden, die wegen einer Gefährdung der inneren Sicherheit abgeschoben werden.
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