So hat die Champions League keinen Sinn mehr
Die Königsklasse ist zur Mono-Kultur verkommen. Erstmals seit dem neuen Modus spielen nur Teams aus den Top-5-Nationen im Achtelfinal.
Es geht gerade wieder ein Gerücht um. Florentino Pérez, der Präsident von Real Madrid soll sich gemäss «New York Times» mit Fifa-Präsident Gianni Infantino getroffen haben, um mal wieder über eine Super-Liga mit europäischen Gross-Clubs zu diskutieren. Spätestens seit Mittwochabend stellt sich die Frage: Wozu machen sich die zwei eigentlich die Mühe? Schliesslich ist die Champions League ja schon jetzt ein Ort, an dem nur noch die Riesen der Branche willkommen sind.
Am Ende hat es auch noch Dinamo Zagreb und Schachtar Donezk erwischt. Die beiden waren die letzten Vertreter der kleineren Ligen, die sich vor der letzten Runde der Gruppenphase wenigstens noch zaghafte Hoffnungen auf die Achtelfinals machen durften. Sie verloren die entscheidenden Spiele gegen Manchester City (Zagreb) und Atalanta Bergamo (Schachtar) mit dem Gesamtskore von 1:7.
Damit ist es so weit: Erstmals seit der aktuelle Modus auf die Saison 2004/05 eingeführt wurde, stehen 16 Teams aus den 5 grössten Ligen Europas in den Achtelfinals:
Die Königsklasse ist zur Mono-Kultur der Riesen geworden. Ganz nach dem Geschmack jener Vereine, die immer wieder damit drohen, die Champions League zu verlassen. Um mit einer eigenen Super-Liga noch mehr Geld verdienen zu können. Vom europäischen Fussballverband Uefa sind sie für diese Erpressungsversuche mit immer weiter gehenden Zugeständnissen belohnt worden.
Mit dem aktuellen Modus hat zum Beispiel Real Madrid vor dem ersten Anpfiff 34 Millionen Euro mehr verdient als der OSC Lille. Weil 585 Millionen Euro unter den 32 Teilnehmern der Gruppenphase so verteilt werden, dass jene mehr bekommen, die schon in der Vergangenheit erfolgreich waren. Warum das so ist? Nun, im europäischen Fussball muss offenbar zwingend dem mehr gegeben werden, der sowieso schon viel hat.
Ausreisser Ajax
Letzte Saison durften Fussball-Anhänger bis und mit Halbfinal noch mit Ajax Amsterdam einem Traum nachhängen: Dass es weiterhin möglich ist, auch als Club aus einer kleineren Liga mit den Grossen mitzuhalten. Aber der Graben zwischen den Superreichen und dem Rest wird mit jeder Saison grösser. Und wer wie Ajax mal einen Ausreisser nach oben hat, der wird im nächsten Sommer leergekauft.
Nein, es ist kein Zufall, dass die Kleinen in diesem Durchgang der Königsklasse einen Totalabsturz erlebt haben. Die Zahlen sprechen eine brutale Sprache. Im Schnitt haben die 13 Clubs aus den kleineren Ligen aus ihren jeweils sechs Gruppenspielen nur gerade 4,6 Punkte geholt. Nicht einmal einen Zähler pro Spiel!
So etwas Ähnliches wie Spannung kommt so höchstens noch dort auf, wo gleich drei Clubs aus den grossen Ligen in eine Gruppe gelost werden. Oder wo sich ein eher kleiner Verein aus einer grossen Liga den Platz in der Champions League ergattert. So, wie Bergamo oder Lille.
Grundsätzlich aber gilt: Die Gruppenphase der Champions League in ihrer jetzigen Form kann getrost abgeschafft werden. Sie ist für die Grossen ein reines Warmlaufen. Für neutrale Beobachter ist sie stinklangweilig. Und für die kleineren Ligen schafft sie nur Probleme. Weil ihre Vertreter zwar im Vergleich mit den Top-Clubs mit Brosamen abgespiesen werden. Weil die Prämien aber trotzdem immer noch so hoch sind, dass sich Vereine in den nationalen Ligen eine Vormachtstellung erkaufen können.
Gibt es bald Auf- und Absteiger?
Es gäbe eine Möglichkeit, die Monotonie zu durchbrechen: eine solidarische Verteilung der Milliarden, die mit der Champions League eingenommen werden. Aber das werden die Grossclubs nie zulassen. Und bereits beschlossen ist ein neuer Modus (ab 2021) mit drei europäischen Ligen, in denen es Auf- und Absteiger geben wird.
Die Kleinen werden sich dann bloss noch draussen an den Schaufenstern die Nasen plattdrücken können. Und sich über all das Geld und all den Pomp drinnen in der Elite-Klasse wundern.
----------
Dritte Halbzeit – der Tamedia Fussball-Podcast
Die Sendung ist zu hören auf Spotify, bei Apple Podcasts oder direkt hier:
Hier finden Sie alle Folgen an einem Ort.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch