Geheimer Flug des ukrainischen PräsidentenSo konnte Selenski nach Washington reisen
Um Wolodimir Selenski in die USA zu bringen, brauchte es Spezialmassnahmen. Berichte und Flugdaten zeigen nun, wie Ukrainer und Amerikaner vorgingen.

Es war das erste Mal seit dem russischen Angriff, dass der ukrainische Präsident sein Land zu einem Staatsbesuch verlassen hat: Wolodimir Selenski war am Mittwoch bei US-Präsident Joe Biden in Washington zu Gast. Im Anschluss hielt er eine Rede vor dem Kongress. Wie er dorthin gereist ist, ist nicht bekannt. Aber vieles spricht dafür, dass er mit einer amerikanischen Militärmaschine aus Polen eingeflogen worden ist. In der kommenden Stunde dürfte er wieder in Polen landen. In der Ukraine selbst können keine zivilen Flugzeuge mehr starten.
Auf dem frei zugänglichen Flugverfolgungsdienst Flightradar24 ist der Flug einer Boeing-Maschine der amerikanischen Luftwaffe zu sehen, die am Mittwochmorgen in die amerikanische Hauptstadt aufgebrochen ist. Startpunkt war die polnische Kleinstadt Rzeszów. Um 12.08 dortiger Zeit ist der Flug in der Luftwaffenbasis Andrews in Maryland gelandet, die nahe Washington liegt und von den USA als Regierungsflughafen genutzt wird. Etwa anderthalb Stunden später standen Biden und Selenski nach einem kurzen Gespräch gemeinsam vor der Presse.
Das Flugzeug, das auf den von Selenski veröffentlichten Bildern seiner Ankunft zu sehen ist, ist eine Boeing 737-700: dasselbe Modell, welches kurz vorher laut Flightradar aus Polen in Washington ankam.
Der Flughafen Rzeszów-Jasionka liegt nahe der ukrainischen Grenze. Er ist gut gesichert, unter anderem mit dem Patriot-Flugabwehrsystem. Die USA wickeln über ihn einen guten Teil ihrer Waffenlieferungen an die Ukraine ab. In Rzeszów befindet sich ein Nato-Stützpunkt.
Bloss ein Täuschungsmanöver?
Nach Polen könnte Selenski mit dem Zug gekommen sein. Dafür sprechen Videoaufnahmen des polnischen Senders TVN24, die ihn am Dienstag am Bahnhof der Grenzstadt Przemyśl zeigen sollen. Zu sehen ist, wie Selenskij vor einem Zug in einen weissen SUV steigt, der Teil eines Fahrzeugkonvois ist.
Berichten des polnischen Privatsenders zufolge soll auch die US-amerikanische Botschafterin in der Ukraine, Bridget A. Brink, vor Ort gewesen sein. Vom Bahnhof in Przemyśl aus ist der Flughafen Rzeszów in einer Stunde mit dem Auto zu erreichen. Dasselbe Flugzeug, das Selenski nach Washington gebracht haben könnte, ist laut Flugdaten etwa eine halbe Stunde nach dem Ende seiner Rede im Kongress wieder von dort Richtung Polen aufgebrochen. Dort soll die Maschine in den nächsten Stunden landen.
Mit Sicherheit lässt sich allerdings nicht sagen, ob der ukrainische Präsident tatsächlich auf diesem Weg in die USA gereist ist. Offizielle Angaben gibt es dazu nicht, ein solcher Flug mitten im Krieg dürfte unter höchsten Geheimhaltungs- und Sicherheitsvorkehrungen erfolgen. Bei den Flügen aus und nach Rzeszów könnte es sich auch um ein Täuschungsmanöver handeln.
Selenski könnte auch bereits am Dienstag, nach seiner Rückkehr aus Bachmut, nach Washington aufgebrochen sein. Dafür würde der Flug einer amerikanischen Militärmaschine sprechen, die am Vortag seiner Ankunft von der polnischen Armeebasis in Łask nach Maryland unterwegs war. Łask ist allerdings deutlich weiter von der ukrainischen Grenze entfernt und wird nicht so intensiv von der US-Armee genutzt wie der Flugplatz in Rzeszów.
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