So könnte man Putin in die Knie zwingen
Der russische Oppositionsführer Alexei Nawalny fordert «richtige Sanktionen», mit denen die «Kreml-Mafia» für die Annexion der Krim bestraft werden soll. US-Präsident Barack Obama hat ihn teilweise erhört.
In einem mutigen Beitrag für die «New York Times» beklagt der russische Blogger und Oppositionspolitiker Alexei Nawalny die zahnlosen Sanktionen des Westens gegen Russland. Die EU hatte zunächst allfällige Guthaben von 21 Staatsvertretern eingefroren und diese mit einer Einreisesperre belegt. Heute hat sie angekündigt, weitere Namen auf die Sanktionsliste zu setzen.
Die USA verhängten anfänglich dieselben Massnahmen gegen sieben Offizielle. «Die meisten dieser Regierungsvertreter sind nicht einflussreich», schreibt Nawalny. «Sie haben keine grösseren Guthaben ausserhalb Russlands und sind für Putin irrelevant.»
Nach all den harten Worten aus dem Westen mache man sich in Russland über diese Sanktionen lustig. Schlimmer noch: Man betrachte sie als stillschweigende Ermunterung für Putin und seine Entourage. Wenn man die russische Politik ändern wolle, müsste man laut dem Oppositionspolitiker, der mit Hausarrest belegt ist und dessen Blog gesperrt wurde, Putins innersten Machtzirkel treffen.
Die US-Regierung scheint den Oppositionellen nun zumindest teilweise erhört zu haben. Washington erklärte heute, man habe weitere ranghohe russische Regierungsangehörige, Vertreter der russischen Elite und eine russische Bank auf die Sanktionsliste gesetzt.
«Die Kreml-Mafia»
Erstens fordert Nawalny Sanktionen gegen Putins innersten Machtzirkel, «die Kreml-Mafia, die das nationale Vermögen plündert». Man müsste ihre Vermögenswerte einfrieren und beschlagnahmen. Nawalny listet einige der Männer namentlich auf. Er nennt den Chef der Finanzfirma Volga Group, Gennadi Timtschenko, die «einflussreichen Geschäftsleute und Putins frühere Judo-Sparringpartner», Arkadi und Boris Rotenberg, den Financier Yuri Kowaltschuk, «der als Putins Banker gilt», den Präsidenten der russischen Eisenbahnen Wladimir Yakunin sowie die Oligarchen Roman Abramovich und Alisher Usmanov und die Chefs der Erdöl und Gasgiganten Rosneft und Gazprom Igor Setchin und Aleksei Miller.
Ausserdem müssten die Sanktionen laut Nawalny auch diejenigen Oligarchen treffen, deren Medien die Regierungslinie unkritisch wiedergeben, Parlamentarier und Apparatschiks von Putins Partei Vereinigtes Russland sowie sein «gesamtes Kriegskabinett».
Ermittlungen wegen Geldwäscherei
Solche «richtigen Sanktionen», die den Betroffenen auch den Zugang zu ihren «luxuriösen Appartements in London» verwehrten, würden zeigen, dass «Putins Torheit» einen hohen Preis fordert.
Zweitens will der oppositionelle Anwalt, dass westliche Länder Ermittlungen einleiten. Seine Anti-Korruptions-Organisation habe Dutzende grössere Fälle von Korruption aufgedeckt. «In 90 Prozent dieser Fälle wurde russisches Geld im Westen gewaschen», schreibt Nawalny.
US-Sanktionen erfüllen einige Forderungen Nawalnys
US-Präsident Barack Obama kündigte heute eine Erweiterung der Sanktionsliste um 20 Personen an. Darunter sind einige, die auch Alexei Nawalny erwähnt hatte, so Arkadi und Boris Rotenberg, Gennadi Timtschenko, Wladimir Jakunin und Yuri Kowaltschuk. «Russland muss wissen, dass eine weitere Eskalation es nur weiter von der internationalen Gemeinschaft isolieren würde», sagte Obama.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete die US-Sanktionen als «inakzeptabel». Das russische Aussenministerium erklärte, die Sanktionen würden die USA «wie ein Boomerang» treffen. Von den Gegensanktionen sind demnach neun US-Politiker betroffen – darunter drei Berater Obamas und mehrere Parlamentarier. Der Republikaner John McCain und der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, twitterten, sie seien «stolz», auf der russischen Sanktionsliste zu stehen.
TV-Sender unterstellt Nawalny Kontakte zur CIA
Der regierungsnahe russische Fernsehsender NTW hat unterdessen schwere Vorwürfe gegen Alexei Nawalny erhoben. In einer am Mittwochabend ausgestrahlten Reportage wird der Oppositionspolitiker beschuldigt, Kontakte zum US-Geheimdienst CIA zu unterhalten. Ausserdem soll Nawalny einen EU-Parlamentarier um finanzielle Unterstützung gebeten haben. Der Sender NTW, der dem staatlichen Energiekonzern Gazprom gehört, berief sich auf abgehörte Gespräche und Bilder einer Überwachungskamera. In dem TV-Beitrag ist zu sehen, wie sich Nawalny in einem Moskauer Hotel mit dem Europaabgeordneten Guy Verhofstadt trifft.
Laut Tonaufnahmen, auf denen angeblich Nawalnys Stimme zu hören ist, bat er den früheren belgischen Regierungschef dabei um «praktische Hilfe» bei seinen Recherchen zur Korruption innerhalb der russischen Führung. Später soll von einer «konkreten Summe» die Rede gewesen sein, berichtete NTW weiter, ohne dies jedoch mit Mitschnitten zu belegen.
Der Sender berichtete ausserdem über ein abgehörtes Telefongespräch, in dem Nawalny über «eine Reise zur CIA» sprechen soll. In welchem Zusammenhang diese Äusserungen fielen, blieb jedoch unklar. Dem TV-Sender zufolge suchte der Kreml-Kritiker den Kontakt zu dem US-Geheimdienst, um zu verhindern, dass sein Name mit Finanzhilfen ausländischer «Sponsoren» in Verbindung gebracht werde.
Nawalnys Frau weist Vorwürfe zurück
Der Bericht zielt offenbar darauf, den prominenten Regierungskritiker in Verruf zu bringen. Der 37-jährige Nawalny ist einer der Anführer der Protestbewegung gegen Staatschef Wladimir Putin. Im vergangenen Jahr wurde er zu einer fünfjährigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil er den staatlichen Holzbetrieb Kirowles um umgerechnet 452'000 Franken geschädigt haben soll.
Nawalnys Frau Julia wies die Recherchen des TV-Senders via Twitter als lächerlich zurück und kündigte eine Stellungnahme zu den Vorwürfen an. Nawalny selbst steht wegen eines weiteren Gerichtsverfahrens derzeit unter Hausarrest und darf weder Telefon noch Internet benutzen.
AFP/rub
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