So geschäften Schweizer Konzerne in Xinjiang
Novartis, ABB & Co. sind direkt und indirekt in der chinesischen Provinz tätig, wo Millionen Uiguren in Arbeitslagern interniert werden.

China hält in der Provinz Xinjiang Uiguren ohne Anklage in Internierungslagern fest. Je nach Schätzung sind eine bis drei Millionen betroffen. Die Anfang Woche veröffentlichten «China Cables» belegen, was lange nur vermutet wurde. Die systematische Verfolgung von Millionen Muslimen und der Versuch, ihre Identität auszuradieren, hat weltweit für Empörung gesorgt.
Nach den Enthüllungen stellt sich die Frage, wie Unternehmen in westlichen Ländern reagieren sollen. Der China-Forscher Ross Anthony forderte etwa, dass Autobauer VW sein Werk in Xinjiang so schnell wie möglich schliessen sollte.
Drittwichtigster Handelspartner der Schweiz
Auch Schweizer Firmen sind gemäss dem Portal «ChinaFile» in der Region tätig. Darunter Schwergewichte wie Roche, Novartis oder Nestlé.
Das ist erst mal wenig überraschend. China ist nach der Europäischen Union und den USA der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz weltweit. Das dürfte sich auch nach den jüngsten Enthüllungen nicht ändern. Von den angefragten Schweizer Firmen gibt es keine, die sich vollständig aus dem Geschäft zurückziehen wird.
Wie ein Sprecher bestätigt, beschäftigt Novartis in Xinjiang «etwa 100 Fachkräfte, die sich hauptsächlich auf die Zusammenarbeit mit Ärzten und Krankenhäusern konzentrieren, um unsere Medikamente denjenigen Patienten zukommen zu lassen, die sie benötigen». Weitere Fragen zur Lage in Xinjiang mochte er nicht beantworten.
Auch Roche ist in der Region aktiv. Gemäss einem Sprecher beschäftigt das Unternehmen eine «kleine Zahl an Mitarbeitenden, die sich vor allem um den Zugang zu Medikamenten kümmern». Zu weiteren Details des Engagements wollte sich ein Sprecher nicht äussern.
Nestlé verkauft in Xinjiang Tomaten
ABB betreibt in der Provinz ein Servicecenter. Für dieses seien in der Region weniger als 30 Personen tätig. In ganz China seien es mehr als 20'000 Personen. «ABB ist sich der internationalen Medienberichterstattung zur Provinz Xinjiang bewusst. Das Unternehmen beobachtet die Situation vor Ort weiter aufmerksam», heisst es.
Auch Nestlé ist in Xinjiang aktiv. Eine Sprecherin des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé hält fest, dass man in Xinjiang nur Tomaten verkaufe. Man unterhalte keine Fabriken in der Region und würde selber keine Tomaten anpflanzen. Gemäss «Chinafile» unterhält Nestle überdies eine Partnerschaft mit dem staatlichen Konzern Cofco Tunhe. Nestlé wollte sich dazu nicht äussern.
Der Industrieversicherer Chubb hält gemäss «Chinafile» eine Minderheitsbeteiligung an der Huatai-Gruppe, die in Xinjiang operiert. Eine Sprecherin wollte sich dazu nicht äussern.
Das Engagement von Swiss Re dauerte nur ein Jahr.
Wie Reuters berichtet, hatte die UBS zumindest früher eine Minderheitsbeteiligung an der chinesischen Firma Hikvision. Diese stellt unter anderem Videoüberwachungssysteme her. Gemäss den Hikvision-Jahresberichten hat die UBS aber einen Grossteil der Aktien abgestossen. 2016 war sie noch sechstgrösste Aktionärin. Im letzten Quartalsbericht 2019 wird die Bank nicht mehr unter den Top-10-Aktionären genannt. Die UBS äussert sich grundsätzlich nicht zu einzelnen Kundenbeziehungen. Die Bank hält aber fest, dass sie operativ nicht in Xinjiang tätig ist.
Swiss Re hat 2015 in Zusammenarbeit mit einem lokalen Erstversicherer ein Farmland für Xinjiang Production and Construction Corps rückversichert – es bestand kein direkter Kontakt mit der Firma, wie eine Sprecherin sagt. «Es handelte sich dabei um ein einmaliges einjähriges Versicherungsprojekt.»
Im letzten Jahr habe Swiss Re zudem im Rahmen eines Programms zur CO2-Reduktion ein lokales Projekt unterstützt, in dem Baumwolle zu Biomasse verarbeitet wird. Der Rückversicherer hält fest, nicht direkt in Xinjiang tätig zu sein.
Uiguren appellieren an westliche Unternehmen
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich ein direkter Bezug der Schweizer Firmen zu Massenüberwachung oder Internierung nicht erstellen lässt. Trotzdem könnten die Geschäftstätigkeiten zukünftig unter Druck kommen.
Bereits jetzt fordern Vertreter der Uiguren, dass westliche Unternehmen ihre Tätigkeiten einstellen, solange China die Internierungslager unterhält. In der Schweiz hat SP-Nationalrat Fabian Molina gefordert, das Freihandelsabkommen mit China wegen Verletzung der Menschenrechte in Xinjiang auf Eis zu legen.
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