Die Saison-Prognose der BaZIn dieser Saison sind die Trainer die Stars
Am 24./25. Juli startet die Super League in die Saison 2021/22 – mit Startrainern, chaotischen Besitzverhältnissen und Jugend aus den grossen Ligen.

Meisterpokal und Topscorer Auszeichnung Trophy im St.Jakob-Park
(Andy Mueller/freshfocus)
Young Boys: Der Trainer ist die Blackbox

Auch wenn Gerardo Seoane den Verein in Richtung Leverkusen verlassen hat, bleiben die Young Boys der klare Favorit auf den Titel in der Super League. Der Meister musste sonst keine namhaften Abgänge hinnehmen, der verletzte Torschützenkönig Jean-Pierre Nsame ist ebenso noch da wie sein Sturmpartner Jordan Siebatcheu, den YB von Stade Rennes fix übernommen hat.
Die Blackbox bei YB bildet also nicht die Mannschaft, sondern der Trainer. Als Nachfolger von Seoane holte der Meister den Deutschen David Wagner (49). Mit Huddersfield Town ist er einst sensationell in die Premier League aufgestiegen, dann wurde er Cheftrainer bei Schalke 04, wo unter ihm der Anfang vom Ende für den mittlerweile abgestiegenen Traditionsverein einsetzte.
Nach saisonübergreifend 18 sieglosen Spielen wurde er im Herbst vergangenen Jahres von den Knappen freigestellt. Bei YB muss sich Wagner zum ersten Mal in seiner Laufbahn der Erwartungshaltung stellen, Meister zu werden. (bsc)
FC Basel: Die Wundertüte der Liga

Was soll man nur halten von diesem FC Basel? Neue Besitzverhältnisse, neue Führung, neue Gesichter und nicht zuletzt auch: neue Mannschaft. Sieben Spieler sind neu, es dürften bis Ende August noch mehr werden. Mehr als zehn Spieler sind im Vergleich zur letzten Saison nicht mehr da, es dürften noch mehr werden.
Wie soll man abschätzen, wo das Potenzial dieses Teams liegt, wenn man nicht mal weiss, wer überhaupt auf dem Platz stehen wird? Zumal man Millar, Lopez, Djiga, Pelmard oder Esposito noch nie über einen längeren Zeitraum hat spielen sehen. Der FCB ist eine Wundertüte, vielleicht die grösste der ganzen Liga. Talent ist vorhanden und nach dem Führungswechsel auch so was wie Aufbruchstimmung.
Das wird nicht reichen, um den Young Boys am Ende gefährlich zu werden. Aber für den Platz des ersten Verfolgers wird es in dieser Saison erneut reichen. Oder? (tip)
FC Luzern: Erfahrene Deutsche und ein ehemaliger Basler

Möglicherweise gewinnt der Cupsieger FC Luzern in der kommenden Saison den nächsten Titel: jener für die älteste Startformation. Die Zentralschweizer haben viele Spieler jenseits der 25-Jahre-Grenze geholt, während in der Ausbildungsliga Super League die meisten Clubs eine Jugendstrategie verfolgen.
Holger Badstuber ist einer dieser Erfahrenen. Der 32-jährige Deutsche hat mit den Bayern sechsmal die Bundesliga und einmal die Champions League gewonnen. Zuletzt spielte er in Stuttgarts zweiter Mannschaft. Zusammen mit dem ebenfalls neuen Christian Gentner (von Union Berlin) und dem Goalie Marius Müller bildet Badstuber die deutsche Achse in Fabio Celestinis Mannschaft.
Freuen darf man sich auf Samuele Campo, der nach glücklosem Leihgeschäft bei Darmstadt fix in Luzern ist. Dort dürfte er zusammen mit Gentner das Mittelfeldzentrum bilden. Celestini hat eine erfahrene Mannschaft zusammen, um den Cupsieg zu verteidigen. Und sonst gibt es vielleicht den Alterstitel. (saw)
Servette FC: Mit Konstanz in Richtung Spitze

Servette will «mittel- bis langfristig» den Meistertitel in der Super League gewinnen. Das sagt Sportchef Philippe Senderos. Warum auch nicht? In den zwei Saisons seit dem Wiederaufstieg haben die Genfer den vierten und dritten Rang herausgespielt. Und Alain Geiger ist seit ziemlich genau drei Jahren Trainer. Länger ist keiner in der Schweizer Liga an der Seitenlinie.
Diese Konstanz leben die Genfer nicht nur auf der Position des Trainers. Sie gehen auch mehr oder weniger mit dem gleichen Kader in die neue Saison. In Koro Kone und Arial Mendy verlassen zwar zwei Spieler den Verein, die regelmässig auf dem Rasen standen. Ansonsten verlieren die Genfer nur Ergänzungsspieler.
Neu dabei sind mehrere eigene Junioren. Und drei Spieler aus den unteren Ligen Frankreichs, die Servette ohne Ablösesumme übernehmen konnte. Sie ergänzen ein Kader, das die Super League mit seinem Fussball bereichert. Und dass Miroslav Stevanovic noch immer in dieser Liga spielt, macht einfach Freude. (saw)
FC St. Gallen: Wer löst das Sturmproblem?

Dem FC St. Gallen wurde ein Sommer des grossen Ausverkaufs prophezeit. Quintillà, Görtler, Stergiou. Bei allen drei Spielern stand so gut wie fest, dass sie die Espen verlassen würden. Stand jetzt ist jedoch nur Quintillà weg. Leonidas Stergiou ist noch da, und Lukas Görtler verkündete in einer emotionalen Videobotschaft seine Vertragsverlängerung bis 2026.
Ein Zerfall der Mannschaft konnte also verhindert werden, und doch ist für die Ostschweizer ab Platz drei so gut wie alles möglich in der neuen Saison. Denn: Wenngleich es an spielerischer Qualität unter Trainer Peter Zeidler selten mangelte, hat der FC St. Gallen ein Stürmerproblem. Die Abgänge von Cedric Itten und Ermedin Demirovic konnten in der letzten Spielzeit nicht kompensiert werden, St. Gallen mangelte es an Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor.
Zeidler hat aktuell neun Mittelstürmer im Kader. Wenn unter ihnen einer zu finden ist, der regelmässig ins Tor trifft, wird St. Gallen nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Wenn nicht, werden die Ostschweizer – wie letzte Saison – zittern müssen. (bsc)
Grasshoppers: Der Trainer ist der beste Transfer

Wenn Sky Sun in der Schweiz ist, dann bestellt er sein Essen bei einem chinesischen Restaurant, das er entdeckt hat. Fondue sei ihm zu speziell, sagt er. In die Schweiz eintauchen muss er trotzdem. Der chinesische Präsident der Grasshoppers will das Team in fünf Jahren an die nationale und in zehn an die europäische Spitze bringen. Er sagt: «Ich glaube daran, dass wir das erreichen.»
Vorerst gilt es, die Saison als Aufsteiger zu bestreiten. Sun hat Giorgio Contini als neuen Trainer verpflichtet. Der 47-Jährige könnte der beste GC-Transfer dieses Sommers sein. Er arbeitet seit zehn Jahren im Schweizer Profifussball; vier Saisons in der Challenge League, sechs in der Super League. Zudem weiss er, wie ein Club funktioniert, der von einer ausländischen Gruppe kontrolliert wird.
Contini leitet eine Mannschaft an, zu der fünf Spieler vom Partnerverein Wolverhampton Wanderers gestossen sind. Zudem ist Amir Abrashi zurückgekehrt. Mit dem Abstieg dürfte dieses Team nichts zu tun haben. Aber die nationale Spitze ist weit entfernt. (saw)
FC Zürich: Der Star steht an der Seitenlinie

Ab sofort steht der grösste Name beim FC Zürich an der Seitenlinie: André Breitenreiter übernimmt von Massimo Rizzo das Traineramt. Das Besitzer-Ehepaar Canepa hat damit einen Coup gelandet. Der 47-Jährige kommt mit der Erfahrung von 121 Bundesligaspielen, zudem ist er mit Hannover und Paderborn in die Bundesliga aufgestiegen.
Den Erfolg in Zürich muss er mit einem Team finden, das viele Stammkräfte verloren hat. Toni Domgjoni ist zum Beispiel weg oder Nathan, und einer der besten Offensivspieler, Benjamin Kololli, macht in Japan weiter. Zudem hat sich der FCZ vor ein paar Wochen von seinem Original Marco Schönbächler getrennt. Gekommen sind unter anderen Marc Hornschuh aus der vierten deutschen Liga oder Rodrigo Pollero, der Topskorer der Challenge League.
Seit dem Wiederaufstieg 2017 waren die Zürcher auf dem vierten Platz, zweimal auf dem siebten und letzte Saison auf dem achten. Breitenreiters Vorgabe: deutlich besser sein. (saw)
FC Sion: Der nachhaltigste Transfer seit Jahren

Christian Constantin ist in den letzten Jahren nicht unbedingt für seine nachhaltigen Entscheidungen berühmt geworden. Da waren Trainer, die gleich wieder weg waren, und Spieler, die gleich wieder wegwollten. Doch darum geht es dieses Mal ausnahmsweise nicht. Denn dieses Mal ist dem Präsidenten ein Transfer gelungen, der sich auf Jahre hinaus als die beste Entscheidung für den Club entpuppen könnte.
Gelson Fernandes heisst der neue Vizepräsident des Vereins. Und CC hat seinem ehemaligen Spieler gleich ein paar brachiale Aufgaben aufgetischt: Fernandes soll die Spieler, vom Nachwuchs bis zur 1. Mannschaft, jeden Tag ein bisschen besser machen. Er soll neue Sponsoren und Geldgeber ansprechen, um den Club langsam, aber sicher von der CC-Abhängigkeit zu befreien. Und ganz nebenbei soll Fernandes neben Christian und Barthélémy Constantin auch gleich noch ein sportliches Wissen in Transferfragen einbringen.
Jeder andere würde bei diesen Erwartungen und diesem Chef umgehend das Weite suchen. Aber wenn es einen Menschen gibt, der in dieser Situation bestehen und den FC Sion zum Besseren verändern kann, dann ist es wohl Gelson Fernandes. (tip)
FC Lausanne-Sport: Mit der Jugend aus grossen Ligen

Seit der britische Chemiekonzern Ineos 2017 den FC Lausanne-Sport übernommen hat, kommen regelmässig Spieler vom OGC Nizza zu den Waadtländern, vom Verein aus der französischen Ligue 1, der ebenfalls von Ineos alimentiert wird. In der letzten Saison wechselten sieben Spieler zur Schweizer Zweigstelle. In diesem Sommer ist es nur noch einer.
Lausanne erweitert seine Strategie. Dem jüngsten Trainer der Super League, dem 38-jährigen Serben Ilija Borenovic, stehen gleich reihenweise Jugendspieler aus grossen Ligen zur Verfügung. Unter anderem von Arsenal oder Paris Saint-Germain. Eine der Ideen dahinter: Wenn sie reüssieren, sind sie auch für Nizza interessant.
Ausser auf die Jungen dürfen sich die Waadtländer auch auf den neuen Stürmer Zeki Amdouni von Stade Lausanne-Ouchy freuen – und endlich auf ein würdiges Eröffnungsspiel im Stade de la Tuilière. Im November spielte der FC Lausanne-Sport zum ersten Mal im neuen Stadion. Zuschauer waren keine zugelassen. (saw)
FC Lugano: Chaotische Besitzverhältnisse und eine defensive Spielweise

Abel Braga hätte genug gute Gründe gehabt, um einfach wieder in den Flieger nach Brasilien zu steigen und nie mehr ein gutes Wort über den FC Lugano zu verlieren, diesen merkwürdigen Club in der Schweiz. Immerhin hatten die neuen Besitzer des Clubs, Thyago de Souza und Gianmarco Valbusa, den angesehenen Trainer aus Brasilien extra im Privatjet einfliegen lassen. Doch kaum war Braga in Europa angekommen, musste er erfahren, dass der FC Lugano nun doch wieder Angelo Renzetti gehört, weil von den Neuen kein Franken geflossen sei.
Aber Braga hat sich auch mit dem neuen alten Lugano-Besitzer gefunden und sich an die Arbeit gemacht. Und die könnte spannend werden, denn die Frage lautet: Wie sehr kann und will der Trainer in das eingespielte, aber defensive Spielsystem seines Vorgängers Maurizio Jacobacci eingreifen? Und wie geht er mit einem Spieler wie Demba Ba um, dem schillernden Namen im Sturm der Tessiner? Denn nach dem ganzen Chaos ist der Club einer der Kandidaten für den Abstieg. (tip)
Tilman Pauls arbeitet seit fast zehn Jahren für die Sportredaktion der Basler Zeitung und beschäftigt sich seit 2013 intensiv mit dem FC Basel.
Mehr Infos@tilman_pSamuel Waldis schreibt für Tamedia und andere.
Mehr Infos@samswaldFehler gefunden?Jetzt melden.