«Smartphones sind dem PC überlegen – das ist unsere Chance»
Der Europachef von Huawei verrät, warum seine Firma nun Laptops macht. Bei Virtual Reality ist er skeptisch.

Als Grund für Ihren Einstieg ins PC-Geschäft nennen Sie fehlende Innovation. Was können Sie denn, was etablierte Firmen nicht können?
Schauen wir uns den Handymarkt an. Früher haben die Leute das Telefon alle zwei Jahre oder sogar noch schneller gewechselt. Heute sind es eher drei Jahre. Aber einen PC behalten die Leute vier, fünf oder sogar mehr Jahre. Obwohl ihnen das hässliche Design und die unbequeme Bedienung nicht gefallen mag, behalten sie einen PC länger. Es gibt einfach kaum Gründe, sich einen neuen zu kaufen. In Sachen Komfort und Design sind Smartphones dem PC weit überlegen. Darum sehen wir für uns als Smartphone-Hersteller eine Chance im PC-Markt, obwohl er nicht mehr wächst.
Sie erwähnen die einfache Bedienung von Smartphones. Einen Touchscreen hat Ihr neuer Laptop allerdings nicht. Warum?
Wir haben das intern ausführlich diskutiert. Eine Umfrage hat gezeigt, dass ein Teil der Leute einen Touchscreen will. Aber das ist eine Minderheit. Und für die haben wir ja unser Matebook-E-Tablet.
Beim Matebook E haben sie sich für Windows 10 entschieden. Gab es da einmal eine Diskussion, ob es nicht Android sein könnte?
Das Matebook E ist auch ein Laptop und nicht nur ein Tablet, auf dem man hauptsächlich liest oder Filme schaut. Darum setzen wir hier auf Windows und bei reinen Tablets auf Android.
Wovon werden Sie denn mehr verkaufen, vom Notebook oder Tablet-Laptop?
Das eine bietet mehr Komfort, das andere mehr Möglichkeiten. Darum freuen wir uns, egal welches sich besser verkauft.
Letztes Jahr haben Sie mit dem Matebook schon einen Tablet-Laptop vorgestellt. Was haben Sie seither gelernt?
Den Kunden gefiel das Design, der Fingerabdrucksensor und das Dock. Aber gutes Design alleine reicht nicht. Darum haben wir es noch mal weiterentwickelt. Das Gerät hat weniger Rand um den Bildschirm, das Display ist besser und insgesamt harmoniert es besser mit dem Smartphone.
Was ist eigentlich schwieriger? Einen PC oder ein Smartphone zu bauen?
Smartphones sind schwieriger. Aber das kommt natürlich drauf an, wen sie fragen. (lacht) Persönlich finde ich Smartphones sind komplexer und schwieriger als PCs.
Weil sie kleiner sind?
Einerseits. Aber schauen sie mal, was Smartphones alles können. Die können mehr als jeder PC. Zudem ist die Entwicklung bei Smartphones viel schneller als bei PCs. Bei Smartphones standen Mobilität und einfache Bedienung von Anfang an im Zentrum. Der PC andererseits stammt von Grossrechnern ab und wurde erst später massentauglich.
Wenn Sie von Entwicklung sprechen. Wie geht es denn mit dem Smartphone weiter? Wie sieht es in 10 Jahren aus?
10 Jahre sind schwierig. Aber in den nächsten vier Jahren werden sicher nicht mehr so viele Hardware-Innovationen passieren wie in den vergangenen vier Jahren. Längerfristig wird das Smartphone noch mehr ein Bestandteil unseres Alltags werden. Man wird nicht mehr ohne auskommen. Die grossen Änderungen werden im Software-Bereich passieren. Dank künstlicher Intelligenz werden Handys immer mehr zu persönlichen Assistenten.
Als Schweizer und Uhren-Fan muss ich Sie nach ihrer Smartwatch-Strategie fragen. Ihr Chef hat kürzlich gesagt, er wisse nicht, wozu er eine Smartwatch brauchen sollte. Wissen Sie es?
(rollt seinen Hemdsärmel hoch und zeigt seine Huawei Watch 2) Der Markt wächst Jahr für Jahr. Aber wir sind immer noch sehr früh im Entwicklungsstadium und noch hat niemand einen wirklich grossen Erfolg eingefahren. Aber gerade im Fitnessbereich entwickeln sich spannende Möglichkeiten. Längerfristig gibt es viele Sachen, die smarte Uhren besser können als Smartphones. Aber wann der grosse Boom kommt, wissen wir nicht.
In zwei oder fünf Jahren?
Als Geschäftsmann wärs mir natürlich lieber, wenns schon heute losginge.
Und mit Android Wear, der Google-Software für Ihre Uhren, sind Sie zufrieden?
Ja. Es ist das offenste Betriebssystem.
Samsungs Tizen-Software wäre nichts für Sie?
Jede Firma hat ihre eigene Strategie. Wir setzen auf offene Systeme und unsere Partner. Partner sind uns wichtig. Wenn es um Kameras geht, arbeiten wir mit Leica. Wenns um Sound geht, mit Dolby. Bei Design mit Porsche. Bei Software mit Microsoft und Google. Dabei ist ein offenes Ökosystem elementar. Selbst haben wir letztes Jahr 10 Milliarden Dollar in die Forschung gesteckt. Aber es ist im Sinne des Kunden, dass wir nicht alles alleine machen und mit starken Partnern zusammenarbeiten. Und da unterscheiden wir uns grundsätzlich von anderen Firmen.
Wo Sie Leica erwähnen. Sie haben gemeinsam ein Forschungslabor eröffnet. Wann kann man da das erste Produkt, das über Handykameras hinausgeht, erwarten? Ich denke da an Augmented oder Virtual Reality.
Wir können da natürlich nichts Konkretes verraten. Aber für uns ist Virtual Reality im Moment noch zu wenig kundenfreundlich und das Interesse zu klein. Darum haben wir auch noch keine entsprechenden Produkte lanciert, obwohl es technisch keine Herausforderung für uns wäre.
Können Sie die Partnerschaft mit Leica noch etwas genauer erklären. Geht es da nur um Kameras oder gibt es keine Grenzen, was daraus entstehen könnte?
Uns geht es nicht nur um die Kamera. Die Kamera ist nur ein kleiner Teil von dem, was wir mit Bildern machen. Fotos und Videos lösen zusehends Text als wichtigstes Kommunikationsmedium ab. Kurzfristig sieht man unsere Zusammenarbeit in neuen Kameras, aber längerfristig ist viel mehr möglich.
Wie schwierig war es für Sie, mit Leica eine gemeinsame Basis zu finden. Sie wissen alles über Chips und Antennen und bei Leica wissen sie alles über Glas und Objektive. Wie findet man sich da?
Ja, so etwas ist immer schwierig. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir 2015 die Gespräche aufgenommen. Oder ist es noch länger her? Auf jeden Fall haben wir schnell eine gemeinsame Basis gefunden und 2016 gemeinsam das P9-Handy mit der Doppelkamera vorgestellt. Für unsere beiden Firmen war das ein toller erster Erfolg. Beide haben davon profitiert.
Aktuell nutzen Sie wie praktisch alle Ihre Konkurrenten Bildsensoren von Sony. Huawei hätte theoretisch die Möglichkeit, eigene Bildsensoren zu bauen. Aber käme das überhaupt infrage?
Nein. Wir entwickeln und produzieren zwar eigene Chipsets für unsere Smartphones, aber unsere Philosophie gilt auch hier: Wir arbeiten lieber mit Partnern zusammen und konzentrieren uns auf unsere Stärken.
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