Out am grünen TischSm’Aesch-Pfeffingen am Boden
Infolge mehrerer Corona-Fälle beim Fanionteam des Baselbieter Volleyball-Vereins entscheidet der Verband, dass Volley Düdingen am grünen Tisch in den Final einzieht – wegen zweier gewonnener Punkte mehr in zwei Spielen.

Die Hoffnung währte nur wenige Stunden, dann folgte das vernichtende Verdikt: Die Volleyballerinnen von Sm’Aesch-Pfeffingen scheiden am grünen Tisch aus den Playoff-Halbfinals der Nationalliga A aus, Volley Düdingen zieht in den Final ein. Und das, obwohl es in der Best-of-Five-Serie zwischen den beiden Teams nach zwei Aufeinandertreffen erst 1:1 stand. Der Grund: Fünf positive Coronafälle bei den Baselbieterinnen und die widersprüchlich ausgelegten Playoff-Weisungen des Verbands.
Jahrelang sind die Volleyballerinnen von Sm’Aesch-Pfeffingen mittlerweile auf der Jagd nach dem grossen Coup im Schweizer Frauenvolleyball. Auf der Jagd nach dem Gewinn der Schweizer Meisterschaft. Viermal in Folge scheiterten die Birstalerinnen seit 2016 im Final und wurden jeweils Zweite, davon drei Mal gegen das übermächtige Volero Zürich. Als Volero sich aus dem Schweizer Spielbetrieb zurückzog, schien die Bahn frei für Sm’Aesch. Dann scheiterte man 2019 im Final unerwartet gegen Viteos NUC. Letztes Jahr durchkreuzte die Pandemie mit der Folge eines Meisterschaftsabbruchs vor Ende der Playoffs die Titelaspirationen der Baselbieterinnen.
In der Saison 2020/21 sollte es nun endlich klappen mit dem grossen Wurf. «Titelgschicht» betitelte der Verein die Mission für die Spielzeit, in welcher alle möglichen Titel auf nationaler Ebene abgeräumt werden sollen. Es begann vielversprechend: Durch den Sieg im Supercup holte Sm’Aesch den ersten Titel der Vereinsgeschichte, dominierte im Anschluss die Qualifikation der Nationalliga A und ging als haushoher Favorit in die Playoffs. Dann folgte das ernüchternde Ausscheiden im Cup-Halbfinal gegen Kanti Schaffhausen. Und seit Donnerstag Morgen ist offiziell klar: Auch die Meisterschaft wird dieses Jahr aufs Neue nicht ins Birstal gehen. Sm’Aeschs «Titelgschicht» bleibt unerfüllt, das «Unfinished Business» geht in die nächste Runde.
Der Grund dafür ist ebenso bitter wie sportlich fragwürdig. In den vergangenen Tagen überschlugen sich die Ereignisse. Sm’Aesch sollte am Mittwoch sein drittes Halbfinal-Spiel gegen Volley Düdingen bestreiten. Das erste Aufeinandertreffen entschied Sm’Aesch zu Hause mit 3:0 für sich, das zweite ging an Düdingen, mit demselben Resultat. Dies kam überraschend. Sm’Aesch hatte in dieser Saison wettbewerbsübergreifend nur zwei Mal verloren – und nie so hoch wie gegen Düdingen. Und genau das ist dem Team von Cheftrainer Andreas Vollmer jetzt zum Verhängnis geworden.
Drei Punkte mehr hätten gereicht
Am Mittwoch verkündete Sm’Aesch via Social Media, dass drei Spielerinnen und zwei Trainer am Dienstag positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Das ganze Kader musste sich umgehend in Quarantäne begeben, die Partie gegen Düdingen wurde abgesagt. Schlimmeres wurde zunächst noch nicht befürchtet, Sm’Aesch-Geschäftsführer Fabio Back ging davon aus, dass die Best-of-Five-Serie auf eine Best-of-Three-Serie reduziert werden und es ein Entscheidungsspiel geben würde, sobald möglich. Eine sportliche Lösung, also. Doch diese sollte Sm’Aesch nicht bekommen.
Noch am späten Abend wurde Sm’Aesch-Pfeffingen von Swiss Volley informiert, dass Düdingen eine Runde weiterkommt. Dies aufgrund der vom Verband herausgearbeiteten Playoff-Weisungen, die auch Szenarien bei Corona-Fällen berücksichtigen. Im konkreten Fall von Sm’Aesch wurde dies nun zum Nachteil für die Birstalerinnen, da für den Verband gemäss ihres Regelwerks entscheidend war, dass die Serie zwar nach Siegen (1:1) und Sätzen (3:3) unentschieden war, Düdingen bei ihrer Niederlage jedoch mehr Punkte erzielt hatte. Besonders bitter: Hätten die Birstalerinnen einen Satz im Auswärtsspiel gewonnen oder nur drei Punkte mehr erzielt, wäre Sm’Aesch in den Final vorgedrungen. Und das dann, obwohl die Corona-Fälle samt Quarantäne das eigene Team betreffen.
Theoretisch hat Swiss Volley nichts falsch gemacht. Der Verband hat nichts anderes gemacht, als die von ihnen im Vorfeld der Playoffs verfassten Gesetze befolgt. “Dass die Lösung aus sportlicher Sicht gewisse Fragen aufwirft, ist uns bewusst”, sagt Leiter Spielbetrieb/Events von Swiss Volley, Alessandro Raffaelli. Und man hätte am Mittwoch durchaus diskutiert, sich über die selbst verfassten Regeln hinwegzusetzen und ein Entscheidungsspiel anzusetzen. “Die Clubs wurden vor Playoff-Beginn bei der Erstellung dieser Regeln miteinbezogen. Heben wir sie jetzt plötzlich für einen Einzelfall auf, verlieren sie ihre Glaubwürdigkeit”, begründet Raffaelli den Beschluss des Verbands.
Fabio Back fiel es schwer, Worte für das Schicksal seines Vereins zu finden. «Wir müssen das so hinnehmen. Wir hätten uns eine sportlich faire Lösung gewünscht. Jetzt sind wir am Boden, die Enttäuschung ist nicht in Worte zu fassen.» Bereits letztes Jahr waren die Baselbieterinnen auf Titelkurs und wurden kurz vor dem Ziel gestoppt. «Das war weniger bitter, da alle Mannschaften betroffen waren. Jetzt sind es nur wir, obwohl wir nicht einmal etwas dafür können», so Back. Anfechten möchte er das Urteil nicht: «Das passt nicht zu uns und wäre kontraproduktiv für den Sport. Wir wollen keine juristischen Schlagzeilen für den Volleyball.»
Back erzählte, dass man bestürzte Reaktionen aus der Schweizer Volleyball-Szene erhalten habe, die Solidarisierung mit Sm’Aesch sei hoch, das Verständnis für die Entscheidung gering.
Die ganze Spielzeit kein positiver Test
Tatsächlich ist Sm’Aesch die einzige Vereinsmannschaft der Schweiz auf höchster Stufe, die aufgrund von Corona-Fällen innerhalb der eigenen Reihen aus dem Meisterschaftsbetrieb ausgeschlossen wird. Während der Qualifikation waren mehrere Volleyball-Teams von Corona-Fällen betroffen, durch Spielverschiebungen konnte dies jedoch stets aufgefangen werden.
Nun ist eine derartige Lösung terminlich scheinbar keine Option. Sm’Aesch konnte solchen Problemen in der bisherigen Saison aus dem Weg gehen: «Wir hatten das ganze Jahr keinen einzigen Corona-Fall. Dass uns dies zum jetzigen Zeitpunkt zum Verhängnis wird, ist unfassbar», sagt Back.
Jetzt kostet die Pandemie Sm’Aesch erneut die Saison. So hässlich kann Corona den Sport beeinflussen. Nun bleibt Sm’Aesch nur übrig, nächstes Jahr erneut anzugreifen, mit neuer Mannschaft und (hoffentlich) auf rein sportliche Art und Weise.
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