Skandal um Sextäter bringt Islands Regierung zu Fall
Nach der Panama-Papers-Affäre kommt es in Island erneut zu einem politischen Eklat. Die Regierung ist nach nur acht Monaten am Ende.

Im isländischen Rechtssystem gibt es eine umstrittene Praxis: Verurteilte schwerer Straftaten können ihre «Ehre wiederherstellen» lassen, indem sie mit einem Antrag bei den Behörden eine Löschung im Strafregister veranlassen. Für den Antrag braucht es unter anderem ein Empfehlungsschreiben, zum Beispiel eines Freundes oder eines engen Kollegen. Im Fall, der nun in Island eine neue Regierungskrise ausgelöst hat, hatte sich der Vater des bisherigen Ministerpräsidenten, Bjarni Benediktsson, für einen Mann eingesetzt, der 2004 wegen sexuellen Missbrauchs seiner minderjährigen Stieftochter zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden war.
Vertuschungsversuch der Konservativen
Der Fall entwickelte sich zu einem explosiven Politikum, weil die konservative Unabhängigkeitspartei von Premier Benediktsson versucht hatte, die Angelegenheit um den verurteilten Sexualverbrecher zu vertuschen. Für die Koalitionspartnerin aus der Partei Bright Future (Leuchtende Zukunft) war das zu viel: Sie hat beschlossen, die Regierung zu verlassen, wie das isländische Nachrichtenportal «Grapevine» berichtet. «Es ist ein Vertrauensbruch, dass die Affäre so lange wie möglich geheim gehalten wurde», sagte ein Sprecher der Bright-Future-Partei. «Das widerspricht komplett unseren Prinzipien. Die Korruption und die Unehrlichkeit sind einfach unglaublich.»
Der Fall hat die isländische Öffentlichkeit schon einige Zeit beschäftigt. Das Justizministerium hatte sich zunächst geweigert, offenzulegen, von wem das Schreiben für den verurteilten Sexualtäter stammte. Ein Parlamentsausschuss entschied aber, dass dies nicht rechtens sei. Erst dann gab das Justizministerium zu, dass Benedikt Sveinsson, der Vater des Premiers, das Empfehlungsschreiben verfasst hatte. Zum Ende der Regierung führte letztlich ein TV-Interview von Justizministerin Sigridur Andersen. Dabei erklärte sie, dass sie Ministerpräsident Benediktsson bereits im Juli über die Beteiligung von dessen Vater informiert habe, aber niemanden sonst. Darum spricht die Partei Bright Future von einem Versuch, die Affäre zu vertuschen.
Auch Benediktsson tauchte in den Panama Papers auf
Der Skandal um den Sexualtäter hat nun eine Regierung zu Fall gebracht, die erst seit acht Monaten im Amt gewesen war. Die isländische Regierungskoalition bestand aus der Unabhängigkeitspartei, Bright Future und der europafreundlichen Vidreisn. Die Regierungsbildung war sehr schwierig gewesen und hatte Monate in Anspruch genommen. Zuvor hatte es vorgezogene Neuwahlen gegeben, weil der damalige Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson nach den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Steueroasen (Panama Papers) zurückgetreten war.
Jene Parlamentswahlen hatte ausgerechnet der frühere Finanzminister Bjarni Benediktsson gewonnen. Der Name von Benediktsson, der bis jetzt Regierungschef war, war ebenfalls in den Panama Papers aufgetaucht. Benediktsson entstammt einer reichen Investorenfamilie. Die vertuschte Affäre um seinen Vater und den Sexualverbrecher war offensichtlich der berühmte letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Jetzt sollen so rasch wie möglich Neuwahlen stattfinden.
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