Tuner aus dem BaselbietSie wollen nichts mit Autoposern zu tun haben
Die Lowered Crew, eine Gruppe von Autotunern, wendet sich in einer Kampagne an die Bevölkerung – und distanziert sich von Rowdys, die bloss laut und prahlerisch durch die Gegend rasen.

«Ich verstehe die Polizei.» Diesen Satz erwartet man nicht unbedingt von einem, dessen Auto so aussieht, wie es aussieht: tiefergelegt, verbreiterte Kotflügel, Spoilerlippe, Blenden, kurzum: getunt. Doch Jan Hisam meint, was er sagt. Auch wenn sein Golf erst gerade in eine gross angelegte Kontrolle geraten ist. Eine Stunde wartete der Böckter, während die Gesetzeshüter sein Fahrzeug auf der Hebebühne durchleuchteten. Doch sie fanden weder illegale Umbauten, noch fanden sie Teile, die nicht zugelassen waren.
«Das Tunen ist unsere Leidenschaft», erklärt der angehende Flugzeugmechaniker. Er spricht von Hingebung und Liebe zum Hobby. Und das pflegten er und seine Mitstreiter auf legale Weise, versichern sie. Nur werden sie dabei immer öfter in einen Topf geworfen mit all den Rasern und den – zumeist – jungen Männern, die in ihren aufgemotzten Boliden durch die belebtesten Strassen defilieren, oft laut, oft schnell – oft prahlerisch.
Ruf nach Rücksicht
Die Lowered Crew, eine Art loser Zusammenschluss von Autonarren und Tuningfreaks, dem auch Jan Hisam angehört, distanziert sich von diesen Aufschneidern und Wichtigtuern, jenen, die ihre Auspuffe aufbohren und ihre Katalysatoren demontieren, damit ihre Autos durchdringender röhren. Sie sähen es als höchst problematisch, wie sich die Situation aktuell zuspitze, erklären sie in einer Mitteilung, die sie in den sozialen Medien teilen, und verkünden: «Es ist genug!»
Diesen Appell richten sie weder an die Polizei oder die Bevölkerung, die sich ihre Meinung längst gebildet hat. Sie richten ihn an jene, «die unser Hobby und unsere Leidenschaft zerstören». Darum fordern sie aus der Szene Rücksicht, Respekt und Akzeptanz. Sie erklären sich aber auch. Dass Tuning nicht gleichzusetzen sei mit Provokation der Polizei, Belästigung der Öffentlichkeit und Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer.
Strenge Regeln
Die schweizweit 175 Mitglieder der 2018 gegründeten Lowered Crew wollen nämlich nicht auffallen, sondern ihrem Hobby frönen. Sie seien Tuner, keine Poser. Und Tuner tunten für sich selbst – und nicht, um andere zu beeindrucken oder zu nerven. Natürlich schraube man auch in ihren Kreisen am Auspuff, allerdings nicht um der Lautstärke, sondern des satteren Sounds willen. «Und das immer mit legalen Teilen, die wir eintragen lassen.»
Das sagt Gino Gradolf, als Admin so etwas wie der Chef der Crew. «Für mein Auto führe ich mittlerweile einen ganzen Ordner mit mir.» Der Automechatroniker in Ausbildung betont, dass es ihnen nicht darum gehe, wer das krasseste, das markerschütterndste, das unübersehbarste Auto fahre. «Mein Auto macht mir auf dem Lift fast mehr Spass als auf der Strasse.» Und wenn er auf die Strasse gehe, dann geniesse er doch lieber eine Ausfahrt über einen Alpenpass, anstatt im Kriechgang durch die Stadt zu dröhnen.
Das verbindet sie mit den Oldtimerfans. Mit ihnen habe man ohnehin viel mehr gemeinsam. «Wir stecken gleich viel Liebe, Schweiss und Geld in unsere Autos», erklärt Gradolf. Übrigens zähle sogar ein Paar zu den Mitgliedern, das mit seinem 1954er Ford F-150 von 1954 regelmässig an den organisierten Treffen und Ausfahrten teilnehme.
Wer eins von diesen Mitgliedern der Lowered Crew werden will, der durchläuft übrigens einen Bewerbungsprozess. Auch das ist ein Akt der Abgrenzung. «Und wer sich nicht an unsere Regeln hält», schliesst Gino Gradolf, «der fliegt!» Was schon mehr als einmal geschehen ist.
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