Eine Frau lebt für den American FootballSie will so stark sein wie die Männer
Delia Rada ist der erste weibliche U-19-Quarterback der Schweiz. Dass sie bei den Gladiators beider Basel in einem Team voller Männer spielt, stört sie nicht.

«Bella and the Bulldoggs» war einst eine von Delia Radas Lieblingsserien. Kein Wunder, denn: Sie fasst so in etwa die Situation zusammen, in der sich die Baslerin momentan befindet. Die Handlung erzählt von einer 13-jährigen Cheerleaderin namens Bella Dawson, die zum Quarterback ihrer Football-Mannschaft ernannt wird. Dabei ist sie das einzige Mädchen im Team. Delia Rada ist zwar nie Cheerleaderin gewesen, 13 Jahre jung ist sie auch nicht mehr. Doch auch sie ist Quarterback, als einzige Frau auf der U-19-Stufe in der gesamten Schweiz, als einzige Frau im Team der Gladiators beider Basel.
Die heute 16-Jährige betreibt den Sport bereits seit rund sechs Jahren. Schon früh hatte sie einen Bezug zum US-amerikanischen Sport. Besonders angetan hat es ihr dabei der American Football, auf den sie in Filmen wie «The Blind Side» aufmerksam geworden ist. «Ich wusste früh, welche Sportart ich praktizieren wollte», sagt Rada.
Keine Scheu vor Brutalität
Angefangen hat sie mit Flag-Football, einer Variante ohne körperlichen Kontakt, da man Tackle-Football in der Schweiz erst ab dem Alter von zwölf Jahren spielen darf. Doch für Delia Rada war immer klar, dass für sie nur die physischere Version infrage kommt. Innerhalb des Tackle-Footballs, der mitnichten gefeit ist vor Brutalität und physischer Härte, suchte sich Rada als Quarterback ausgerechnet die wichtigste und komplizierteste Position des Sports aus, die zudem das grösste Verletzungsrisiko mit sich bringt. Denn bei jedem Passspielzug ist es das Ziel der gegnerischen Defensive, den Ballverteiler zu Boden zu bringen. Gelingt dieses Manöver, geht es selten sanft zur Sache.
Rada ist sich dieses Risikos nicht nur bewusst, sondern es macht für sie gerade den Reiz aus: «Der Druck faszinziert mich. Wenn die gesamte Defensivlinie auf mich zugerannt kommt, schiesst das Adrenalin ein, und man muss innerhalb kürzester Zeit die richtige Entscheidung treffen. Das ist ein besonderes Gefühl.»
Angst vor Verletzungen verspürt sie dabei keine. Im Training ist es üblicherweise nicht erlaubt, dass die Verteidigung den Passspieler angreift. «Doch teilweise verlangen wir Quarterbacks genau das, um für den Ernstkampf vorbereitet zu sein. Ausserdem holen sich auch die anderen Spieler im Training blaue Flecken, es ist also nur fair, wenn es uns genauso ergeht.»

Rada ist als Frau ihren männlichen Mitspielern biologisch bedingt körperlich unterlegen, doch das spielt für sie keine Rolle. «Ich will so angegriffen werden wie alle anderen auch. Ich will nicht geschont werden, nur weil ich eine Frau bin.» Dass ihr bei der Arbeit am Tag nach dem Training oder einem Spiel die Beine schmerzen, «gehört dazu».
Auch dass Rada als einzige Frau in einem Team voller Männer spielt, stört die Baslerin nicht, im Gegenteil: Es ist ihr sogar lieber so. In der Schweiz existieren zwar wenige Frauen-Footballteams, von denen Rada auch schon angefragt wurde. «Doch ich spiele lieber mit den Jungs, das war schon immer so. Allgemein komme ich mit Männern besser klar als mit Frauen.» Den physischen Vorteil ihrer Mitspieler sieht sie nicht als Hindernis: «Ich will die Defizite aufholen, gleich gut werden wie die Männer.»
Der Trainer als Mentor
Dementsprechend gross sind umgekehrt der Respekt und die Akzeptanz, die sie in der Mannschaft erfährt und die ihr als Teamplayerin wichtig sind. Ihr grösster Förderer und Mentor ist jedoch ihr Trainer, Robin Haas. Bei ihm hat sich Rada einst gemeldet, wollte Teil der Quarterback-Akademie von Haas werden. Er nahm sie auf, hielt Einzeltrainings mit ihr ab, brachte ihr alles bei, was sie heute als Spielerin auszeichnet. Haas sagt über Rada: «Technisch fing sie bei null an, doch ich erkannte von Anfang an ihren starken Willen, sie ist sehr lernwillig und bereit, hart zu arbeiten.»

Dieser Wille ist es, der Delia Rada dazu antreibt, von Grossem zu träumen. Noch zählt sie zu den Jüngsten ihres Teams, möchte noch drei Jahre in der U-19 spielen und danach den Schritt in die erste Mannschaft wagen. Dies allerdings verbietet eine Regel, nach der Frauen und Männer auf Halbprofi-Stufe nicht zusammen in einem Team spielen dürfen. Rada hofft auf eine Sonderlizenz, die derzeit aber noch nicht existiert.
Sollte ihr dieser Wunsch verwehrt bleiben, möchte sie dem Sport weiter treu bleiben, ihre Teamkameraden unterstützen und sich ihrer beruflichen Karriere widmen. Auch hier wusste Delia Rada bereits früh, welchen Weg sie einschlagen will. Derzeit absolviert sie noch ihre Lehre im Detailhandel, doch schon in ihrer Kindheit wuchs der Wunsch in ihr heran, Polizistin zu werden. Um darauf vorbereitet zu sein, möchte sie der Militärpolizei der Schweizer Armee beitreten. Auch da wird sie primär von Männern umgeben sein. Für viele Frauen ist das eine spezielle Situation – doch für Delia Rada ist es genau das Richtige.
Fehler gefunden?Jetzt melden.