«Sie werden die privatesten Dinge von Athleten wie Federer sehen»
Ich bewarb mich als Dopingkontrolleur – der Job ist offen –, fiel aber durch. Warum? Lesen Sie das Bewerbungsgespräch.

Antidoping Schweiz hat seit kurzem eine Job-Annonce aufgeschaltet. Die Agentur sucht per 1. Juli 2017

Nun, Dopingkontrolleur tönt auf den ersten Blick gut. Ein Job, der nahe am Sportgeschehen ist. Man kommt herum und trifft interessante Menschen. Doch was braucht es dazu? Der Chef von Antidoping Schweiz, Matthias Kamber, hat sich dazu bereit erklärt, mit uns ein Bewerbungsgespräch durchzuführen. Das Gespräch ist hier in leicht gekürzter Form wiedergegeben. Kamber stellt nachfolgend die Fragen:
Herr Zürcher, ich freue mich über Ihr Interesse an der Stelle als Dopingkontrolleur. Legen wir los. Haben Sie eine abgeschlossene Ausbildung?
Ja. Matur und Studium.
Sehr gut. Weil wir mit Sportlern aus allen Landesteilen zu tun haben, brauchen Sie gute Sprachkenntnisse. Deutsch, Französisch und Englisch beherrschen Sie?
Ja.
Und Italienisch?
Da muss ich passen. Schlimm?
Italienischkenntnisse sind zwar nicht zwingend, doch begrüssenswert. Aber wir bieten auch Sprachkurse für unsere Mitarbeiter an. Wie gut kennen Sie sich in der Sportwelt aus?
Ganz okay, glaube ich, als Sportjournalist bin ich am Geschehen dran.
Sie müssen nicht nur die Sportler kennen, sondern auch die verschiedenen Verbände und ihre Schnittpunkte.
Das tue ich.
Weshalb so wortkarg, Herr Zürcher?
Sehr ungewohnte Situation, mal antworten statt fragen zu müssen. Ich bin lieber im Hintergrund.
Das ist gar nicht mal so schlecht. Diskretion ist uns wichtig. Sie werden die privatesten Dinge auch von Athleten wie Roger Federer sehen und erfahren. Gerade weil Sie Journalist sind, muss ich Sie fragen: Können Sie diese Informationen für sich behalten?
Falls ich den Job bekomme, werde ich mit dem Journalismus aufhören. Doch erzählen Sie mir, was muss ich mir unter den privatesten Dingen vorstellen?
Nun, Sie begleiten Athleten zur Urinprobe. Sie müssen sie stets im Blickfeld haben, Sie sehen ihre Geschlechtsteile. Damit verhindern Sie, dass der Sportler etwa mit Waschpulver die Probe panscht. Aus diesem Grund suchen wir auch explizit eine männliche Person. Vielleicht können die Athleten nicht sofort liefern oder haben andere Probleme. Es braucht absolute Diskretion.
Nun, ich traue mir das zu.
Sie müssen ein Vertrauensverhältnis aufbauen, aber dürfen beispielsweise nicht mit dem Sportler zu Mittag essen – auch wenn er Sie dazu einlädt. Wir suchen eine integere Persönlichkeit. Dopingkontrolleure werden auch mal unter Druck gesetzt, in Russland gar geschmiert. Können Sie dem widerstehen?
Da gibt es schon gewisse Parallelen zum Journalismus. Es existieren auch hier subtile Manipulationsversuche. Ich kann damit umgehen.
Wie halten Sie es mit unregelmässigen Arbeitszeiten? Sie kontrollieren vor allem frühmorgens und spätabends.
Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass Dopingkontrolleure und Journalisten Brüder im Geiste sind. Diese unsteten Arbeitszeiten sind bei uns ähnlich.
Nun, bislang erfüllen Sie die Anforderungen – haben Sie bereits Fragen?
Wie viel verdienen Dopingkontrolleure?
Sie verstehen sicher, dass ich nicht will, dass unsere Löhne in der Zeitung zu lesen sind. Die Saläre sind sicher tiefer als beim Bund. Sie erhalten aber ein Dienstfahrzeug, iPad und Handy. Sie können international arbeiten und Weiterbildungen besuchen.
Welche Karrieremöglichkeiten gibt es?
Leider fast keine. Wir haben eine sehr flache Hierarchie. Es gibt bei uns fünf Profikontrolleure und 40 Milizkontrolleure, die auf Stundenbasis arbeiten. Eine Beförderung wäre bei uns ein Bürojob.
Stört es Sie eigentlich, dass Athleten wie Nicola Spirig sich per Twitter über Kontrollen nach 22 Uhr abends beschweren?
Das gehört eben zum Job. Wir machen das genau darum, um zu verhindern, dass die Athleten noch etwas vor dem Schlafen zu sich nehmen; oder um ein aussagekräftiges Blutprofil zu erhalten. Mit Kritik müssen Sie umgehen können und gelassen reagieren. Es gibt auch Eishockeytrainer, die ihre Spieler nach verlorenen Playoffpartien nicht zum Test schicken wollen.
Hässige Trainer kenn ich.
Dann wissen Sie, wie mit ihnen umgehen. Nächste Frage: Können Sie Blut abnehmen?
Nein.
Dann können wir das Gespräch gleich abbrechen, es macht keinen Sinn. Sie müssen bei uns nicht nur Urin-, sondern auch Blutproben nehmen.
Kann ich nicht einen Schnellkurs machen?
Wir haben das in der Vergangenheit angeschaut. Das geht nicht. Wir wollen gut ausgebildete Personen, die Blut abnehmen dürfen wie Pfleger oder medizinische Praxisassistenten.
Das ist vielleicht auch besser so.
Wer die Voraussetzungen besser erfüllt, kann sich bei Antidoping Schweiz (hier klicken) melden.
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